Liebe kann man nicht planen, Casanova
mitbringen.“
„Damon West! Ich muss schon sagen! So heimatlos, wie ich dachte, scheinst du gar nicht zu sein.“
Er lächelte sie an. „Denkst du jetzt besser von mir?“
„Nein.“ Sie lächelte auch. „Aber dein Angebot ist sehr großzügig. Und kommt auch etwas überraschend. Hättest du denn keine Angst, dass ich dort deinen dunklen Geheimnissen auf die Spur käme?“
„Das glaube ich kaum.“ Er lachte.
Ruby stellte einen Krug frisches Wasser und ein Schälchen Eiswürfel auf den Küchentisch. „Darf ich dir etwas zu trinken anbieten?“
Er nickte und griff auch zu, als sie ihm kandierte Ingwerstückchen auf einem kleinen Porzellanteller anbot.
Damon setzte seinen Panama-Hut ab und legte ihn auf dem Küchenhocker neben sich ab. Er wollte sich bei ihr ganz zu Hause fühlen, um zur Höchstleistung als „Meister der Ablenkung“ auflaufen zu können. Für heute hatten sie genug ernste Gespräche geführt, über Rubys Vater und über die Frage, in welcher Beziehung sie beide, also Damon und Ruby, zueinander standen. Gut, dass das geklärt war: Beide erwarteten nichts vom anderen, und es würde niemals so etwas wie eine Liebesbeziehung zwischen ihnen geben.
Das bedeutete aber nicht, dass Ruby nicht seine Nähe genoss. Einfach nur die Tatsache, dass sie Weihnachten nicht alleine verbringen musste, dass jemand bei ihr war, dessen Nähe ihr guttat. Er wollte sie von ihren trüben Gedanken ablenken, und seine Umarmung vorhin war sehr tröstlich gewesen. Er hatte sie verstanden. Schließlich war auch jemand aus seiner Familie verschwunden.
„Hast du etwas von deinem Bruder gehört?“ Eine letzte ernste Frage musste erlaubt sein.
„Nein.“
„Machst du dir Sorgen um ihn?“
„Lena macht sich Sorgen. Ich gestehe ihm ein bisschen mehr Freiraum zu. Wobei ich zugeben muss, dass ich die Sache langsam schon merkwürdig finde. Ich vermute, dass er die Drahtzieher des Anschlags verfolgt, bei dem Lena so schwer verletzt wurde. Wahrscheinlich wird er nicht eher ruhen, bevor er ihr nicht einen Kopf auf einem Silbertablett präsentieren kann.“
„Oh.“ Was sollte sie dazu anderes sagen? Jared arbeitete beim Geheimdienst, und dort ging es nun einmal um Leben und Tod. Allerdings schloss das eigentlich nicht aus, dass man sich an Weihnachten kurz bei seiner Familie meldete.
„Ich weiß, wie das klingt, Ruby. Aber wir sind es gewöhnt, oft monatelang nichts von ihm zu hören.“
„Gut.“ Ruby erhob ihr Wasserglas. „Auf Jared. Und darauf, dass er den oder die Verantwortlichen stellen kann und danach wieder zu seiner Familie zurückkehrt.“
„Du sagst gar nicht, dass man solche Dinge lieber der Justiz überlassen sollte?“
„Nein.“
„Lernt man das etwa im Jurastudium?“
„Nein. Aber mit zunehmendem Alter und zunehmender Weisheit.“
Damon schüttelte lachend den Kopf. „Stell dir mal vor, wie zynisch du erst mit sechzig sein musst!“
„Ich weiß“, entgegnete Ruby und grinste. „Es ist erschreckend.“ Dann wandte sie sich dem antiken Holzkästchen zu, das sie aus einem Schrank gezogen hatte. „Ich glaube, Mah Jongg wird dir gefallen. Es ist ein Spiel voller Raffinesse. Der Wind weht und bringt immer neue Möglichkeiten. Drachen fauchen, und der Weg ändert plötzlich seine Richtung. Es geht um Flexibilität. Du wirst es schnell verstehen. Und ich werde mich mit detaillierten Erklärungen zurückhalten. Schließlich wollen wir ja nicht, dass dein Mathematikstudium umsonst war.“
„Zu freundlich von dir.“
„Ich weiß.“ Ruby öffnete das Kästchen und betrachtete Damon, als dessen Blick über die antiken Spielsteine glitt. Die Vorderseite bestand aus echter Jade, die Rückseite aus Zinn. Jeder Stein war liebevoll geschnitzt, verziert und anschließend bemalt worden. Das ganze Spiel umfasste 144 Steine, jeder davon ein Unikat.
„Mir wurde gesagt, dass dieses Set einst der Lieblingskonkubine des Kaisers gehört habe. Und dass diese ihm beim Spielen so einige Zugeständnisse entlocken konnte. Ich hoffe, es stört dich nicht, wenn ich eine Samtunterlage hole, auf der wir spielen. Die Steine sind sehr alt und wertvoll.“
Damon antwortete nicht. Stattdessen knöpfte er sein Hemd auf, zog es aus und reichte es Ruby. „Nimm mein Hemd als Unterlage, mir ist sowieso gerade sehr warm. Und es spart uns Zeit.“
Ruby sah ihn verwirrt an. „Es wurde mir auch gesagt, dass viele Spielpartien zwischen dem Kaiser und seiner Geliebten gar nicht zu Ende gespielt wurden.“ Sie versuchte,
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