Liebe kann man nicht planen, Casanova
nicht.“ Seine Hand strich an ihrem Rücken entlang, und sein Mund suchte ihren erneut. Er war noch nicht fertig mit ihr, stellte Ruby zufrieden fest. Und sie schien von seinen Küssen und Berührungen nicht genug bekommen zu können.
„Was machen wir jetzt?“
„Ich würde sagen, jetzt ist Damenwahl. Du entscheidest.“
„Gut. Denn jetzt würde ich mich am liebsten zurücklehnen und die weitere Fahrt genießen.“ Sie kicherte.
Schließlich zogen sie sich wieder an. Damon hatte dem Fahrer zwischenzeitlich Anweisung gegeben, zu Rubys Apartment zurückzukehren, und nun hielten sie dort. Es war kurz nach ein Uhr nachts, Weihnachten! Die Realität holte die beiden wieder ein. Damon musste zurück zu seiner Familie, und Ruby musste reingehen und nachdenken. Darüber, was gerade zwischen ihr und Damon passiert war, und wie es nun weitergehen sollte, in der kurzen Zeit, in der er sich noch in Hongkong aufhielt.
Er war noch genauso durcheinander wie sie, doch er stieg vor ihr aus, um ihr die Autotür aufzuhalten.
„Frohe Weihnachten, Ruby.“ Er hielt ihre Hand.
„Dir auch“, murmelte sie und riss sich förmlich von ihm los. Sie lief die paar Meter zur Haustür, ohne sich umzusehen. Am Eingang angekommen, drehte sie sich zu ihm um und lächelte.
Damon lehnte am Wagen, die Hände in den Hosentaschen vergraben. Auch wenn sie nicht viel miteinander gesprochen hatten, so glaubte Ruby doch, ihn nun besser zu kennen.
Eine weise Frau wusste, was sie von einem Mann erwarten konnte.
Und was nicht.
Wahre Intimität gehörte nicht zu Damons Angeboten. Aber hemmungslose Leidenschaft. Und die war auch nicht zu verachten.
Kurzum, Ruby hatte soeben im Wagen das Weihnachtsgeschenk ihres Lebens erhalten.
Damon West verfügte über eine solide Selbsteinschätzung. Er wusste, dass er auf der einen Seite ein geborener Verführer war, auf der anderen Seite aber standen Offenheit und Intimität ziemlich weit unten auf der Liste seiner Talente.
Seine Karriere als Hacker hatte er mit zwölf Jahren begonnen, als er sich in die wissenschaftliche Datenbank seiner Schule hackte. Mit siebzehn – und nachdem er von vier weiteren Schulen geflogen war – legte er sein Examen mit links ab, knackte den Filter des Bildungsministeriums, den dieses für hochbegabte Hacker wie ihn angelegt hatte, und das renommierte Massachusetts Institute of Technology fragte bei ihm an. Er hatte sich auch in deren System gehackt, und sie hatten ihm daraufhin die sechsseitige mathematische Aufnahmeprüfung zukommen lassen und ihm angeboten, bei ihnen zu studieren.
Diese Ausbildung und die darauffolgende hatten all seine Träume wahr werden lassen: Er konnte reisen, bekam spannende Aufträge und lebte ein aufregendes Leben. Der Preis dafür schien ihm gering; man verlangte lediglich absolute Diskretion von ihm und die Bereitschaft, jederzeit an jedem Ort einsatzbereit zu sein.
Mit zwanzig glaubte Damon das Paradies gefunden zu haben.
Mit fünfundzwanzig wusste er, dass er es gefunden hatte.
Im Januar würde er dreiunddreißig werden. Und zum ersten Mal vermisste er die Normalität in seinem Leben, als er in dieser Nacht zurück zur Villa seines Vaters fuhr, mit Rubys Duft auf seiner Haut und den Bildern ihres nackten Körpers vor Augen.
5. KAPITEL
Der erste Weihnachtstag begann erst spät für Ruby. Es gab nichts für sie zu tun, und niemand wartete auf sie. Die beiden Päckchen unter ihrem Weihnachtsbaum hatte sie sich selbst gekauft – insofern hatte sie auch keine Eile mit dem Auspacken. Das eine Geschenk war ein Buch über humanitären Imperialismus, das andere ihr Lieblingsparfum. Dessen weicher, warmer und holziger Geruch hatte ihr schon so manches Mal den Tag gerettet.
Ruby war noch im Schlafanzug, als sie einen Weihnachtsanruf von ihrer Mutter erhielt. Dieser schien es sehr gut zu gehen, sie klang fröhlich und zufrieden und lud Ruby ein, sie im neuen Jahr endlich wieder besuchen zu kommen. Sie erkundigte sich, ob Ruby ihr Päckchen schon erhalten hatte, und seufzte enttäuscht, als diese verneinte.
Ruby versprach zurückzurufen, sobald es ankäme.
Sie gab dem Kätzchen sein Frühstück – rohen Fisch – und gönnte sich selbst ein Buttercroissant mit Feigenhonig und dazu einen frisch aufgebrühten Milchkaffee. Bester Laune nahm Ruby das Weihnachtspäckchen von ihrer Mutter in Empfang. Es enthielt einen Picknickkorb mit erlesenen Köstlichkeiten und einen Haarkamm mit einer echten Pfauenfeder. Ihre Mutter wusste immer, womit sie
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