Liebe kann man nicht planen, Casanova
falsch. Mein Vater hatte durchaus seine Fehler. Er war kein Held. Aber andererseits passt dieses wortlose Verschwinden auch überhaupt nicht zu ihm. Er hat sich nicht einmal von mir verabschiedet!“
„Vielleicht wollte er dich schützen, Ruby. Er wollte dich nicht mit hineinziehen. Du kennst den Begriff Komplize , nicht wahr?“
„Mein Vater war ein intelligenter Mann. Er hätte Mittel und Wege finden können, um mir trotzdem Lebewohl zu sagen.“
Wenn er gewollt hätte. Doch Damon hielt seinen Mund, und auch Ruby ging auf diesen Gedanken nicht weiter ein.
„Was glaubst du denn, was passiert ist?“, fragte Damon interessiert. „Meinst du, er wollte eigentlich den Diebstahl verhindern?“
„Wenn ich das glauben würde, müsste ich akzeptieren, dass er wahrscheinlich ermordet wurde.“
„Ich habe das Gefühl, dass du das schon hast.“
„Oh nein, Damon!“ Wütend riss sie sich von ihm los. „Das habe ich nicht. Noch nicht. Jedenfalls nicht, solange es noch Hoffnung gibt.“
Insgesamt war es kein schönes Weihnachtsfest für Ruby Maguire. Hinter ihrer bis jetzt so fröhlichen Miene versteckten sich Trauer und Ratlosigkeit.
„Weißt du, was du heute Nachmittag brauchst?“, fragte Damon nach einer Weile. „Ablenkung! Und wusstest du, dass du mit einem Meister der Ablenkung verabredet bist? Frag meine alten Lehrer …“
„Ach ja?“ Sie klang schon ein bisschen weniger betrübt. „War das gerade eine freiwillig herausgegebene Information?“
„Ich glaube schon. Aber bitte lenk mich nicht ab, wenn ich gerade dabei bin, dich abzulenken. Wo war ich stehen geblieben? Ach ja, ich habe von einer Rollschuhbahn hier in der Nähe gehört.“
„Nun ja, keine schlechte Idee für Zwölfjährige …“
„Golf!“, schlug er vor.
„Nee.“
„Shopping?“
„Ich bin begeistert von deiner Opferbereitschaft. Aber heute haben nicht mal in Hongkong die Geschäfte geöffnet.“
„Schwimmen gehen?“
„Vielleicht später.“
„Und Mah Jongg?“
„Dann brauchen wir aber noch einen dritten Spieler.“
„Poppy spielt sicher gerne mit! Und sie kennt bestimmt auch die Regeln.“
„Heißt das, du hast noch nie gespielt?“
„Nein, aber so schwer wird es wohl nicht sein.“
„Ich liebe deinen Optimismus.“ Rubys Lächeln war breiter geworden. „Na gut, ich werde dir die Grundregeln beibringen, bis Poppy zu uns gestoßen ist. Schade, dass wir nicht um Geld spielen, ich hätte Lust, dich richtig abzuzocken!“ Endlich lachte sie.
„Haben wir denn alles dafür, was wir brauchen?“
Die Pfauenfeder auf ihrem Hinterkopf wippte bei Rubys eifrigem Nicken auf und nieder. „Alles, außer deinem Blankoscheck.“ Sie lachte wieder.
Ruby bewohnte ein luxuriöses Apartment. Es war großzügig geschnitten und verfügte über eine atemberaubende Aussicht. Eines der Zimmer nutzte sie als Büro, eines als Schlafzimmer, dazu kamen noch ein großes Wohnzimmer und eine geräumige Küche. In jedem Fall Platz genug, um jemandem Mah Jongg beizubringen.
„Irgendwo stromert hier ein Kätzchen herum“, warnte Ruby ihren Gast, nachdem sie die Wohnungstür aufgeschlossen hatte. Sie stellte ihre Tasche auf ein niedriges Tischchen im Flur, griff nach der Fernbedienung und stellte die Musik an. Natürlich keine Weihnachtsmelodien, sondern weiche, ruhige Soulmusik.
„Meinst du dieses Kätzchen?“ Damon hatte sich gebückt und die kleine Katze auf den Arm genommen. Sie schmiegte sich schnurrend an seine Brust.
Ruby war überrascht. „Du scheinst ihr zu gefallen. Eigentlich ist sie immer eher auf der Flucht vor mir. Ich hatte gehofft, sie einmal so zahm im Arm halten zu können.“
„Vielleicht solltest du dir lieber einen Hund anschaffen“, riet Damon und setzte die kleine Katze wieder ab.
„Aber doch nicht in Hongkong!“ Zwischen all dem Beton wollte Ruby keinen Hund halten. „Vielleicht, wenn ich auf dem Land leben würde … oder in Australien.“ Ruby war in die Küche vorgegangen und durchforstete ihren Kühlschrank, der so vollgestopft mit Leckereien war, dass sie eine ganze Reisegesellschaft damit satt bekommen hätte.
„Warst du mal in Australien?“
„Nein, aber ich könnte mir vorstellen, dass sich ein Hund dort sehr wohl fühlt. Und sein Besitzer wahrscheinlich auch.“
„Sag Bescheid, wenn du es einmal ausprobieren möchtest. Ich habe ein Strandhaus an der Ostküste, das ich fast nie nutze. Du kannst dort gerne einmal Urlaub machen. Allerdings … müsstest du den Hund selbst
Weitere Kostenlose Bücher