Liebe kennt keine Gefahren
— ich weiß, wie er aussieht. « »Jessica Taggert behauptet, er habe einen grausam aussehenden Mund. «
Abigail stand auf. Ihr plumper Busen wogte vor Zorn. »Was weiß eine Taggert schon vom Aussehen eines Mannes! Sie haben doch gesehen, was der Schwarze Rebell von ihr hält, nicht wahr? Ich habe mir schon immer gedacht, daß sie dringend ein Bad bräuchte. «
Alex öffnete den Mund, um ihr zu sagen, daß der Schwarze Rebell sich vielleicht nur über Jessica geärgert habe, weil er sie so gerne küssen wollte und sie ihm das verwehrte. Aber er war nicht wirklich an Abigails Antwort interessiert und verzichtete auf diesen Einwand. Er sehnte sich nur danach, auf die Geisterinsel zu gelangen, dort seine viel zu warmen Kleider auszuziehen und im kalten Salzwasser ein Bad zu nehmen. Und dann mußte er sich einen Plan ausdenken, wie er Pitman das übelverdiente Geld wieder abnehmen konnte.
Höflich bat er Mistress Abigail, ihn nun zu entschuldigen, und ging hinaus auf die belebte Hauptstraße von Warbrooke. Er fühlte sich von der kühlen Briese, die vom Ozean her wehte, angezogen. Ein paar Leute, die fremd in der Stadt waren, blieben stehen und gafften ihn mit offenem Mund an. Heute trug er sein königsblaues Seidengewand, dessen Weste mit grünen und gelben Seidenblumen bestickt war. Nick hatte seine Dienerschaft nach New Sussex geschickt, damit sie ihm noch mehr von den Kleidern seines dicken Vetters beschaffen sollten. Deshalb verfugte Alex nun über mehrere komplette farbenprächtige Anzüge und hatte zudem vier gewaltige — und vielgehaßte — Perücken zur Auswahl.
Das erste, was er erblickte, war Jessicas alter Kahn, die Mary Catherine , die am Kai vertäut war. Warbrooke besaß den Hafen mit der größten Wassertiefe an der amerikanischen Küste, und selbst große Schiffe konnten hier an der Mole anlegen.
»Ahoi, Alex! « rief Jessica zu ihm hinunter. Sie stand in den Wanten des höchsten Mastes und versuchte, so gut es ging, verrottetes Tauwerk auszubessern. »Warst du auf Brautschau? «
Ein paar Matrosen, die hinter Alex standen und ihn nun von Kopf bis Fuß musterten, brachen in Gelächter aus.
»Und wem hast du den Hof gemacht? « rief Alex zurück, auf ihre Männerkleider anspielend. Und er freute sich über das Gelächter der Matrosen, das nach seiner Antwort noch viel lauter erscholl, bis die Männer wieder weiterzogen.
Jessica grinste und turnte an den Wanten hinunter. »Komm an Bord«, rief sie, »aber gib auf deine hübschen Kleider acht, denn hier gibt es überall hervorstehende Nägel und Teer. «
Jessicas Boot sah aus der Nähe betrachtet noch schlimmer aus, als es aus der Entfernung wirkte. Es war eine Nußschale, die nur zwei Segel hatte; doch selbst dann mußte man sich wundern, wie sie mit diesem Kahn ohne fremde Hilfe zurechtkam. Der Anker allein mußte mindestens einhundert Kilo wiegen.
Als er die enge Treppe hinunterstieg und durch den Korridor zu der einzigen Kajüte, die das Schiff besaß, watschelte, roch er jeden Fisch, den der Kahn jemals geladen hatte. Zum erstenmal mußte er sein parfümiertes Taschentuch nicht nur zum Schein benutzen.
»Zu viel für dich? « fragte Jessica grinsend.
Er prüfte die Festigkeit der beiden vorhandenen Stühle, ehe er sich auf einen niederließ. »Wie kannst du es auf diesem Seelenverkäufer aushalten? «
Etwas von dem Licht in ihren Augen erlosch. »Du vergißt wohl, daß ich eine Taggert bin. «
»Nein, und das bedeutet vermutlich, daß du überhaupt nichts mehr riechst. «
Jessica lachte. »Vielleicht ist der Geruch hier nur schwer zu ertragen. Ich habe etwas Rum auf Lager. Möchtest du ein Glas haben? «
»Nach einem Nachmittag mit Mistress Abigail könnte ich ein ganzes Faß Rum austrinken. «
»Du warst bei dem schönsten Mädchen der Stadt? Beim Schwarm des Schwarzen Rebellen? «
Alex stöhnte. »Nachdem mir Abby so viel über ihn erzählt hat, kann ich diesen Namen nicht mehr hören. «
Jessica füllte zwei hölzerne Becher bis zur Hälfte mit Rum. »Das darfst du aber nicht zu Eleanor sagen«, meinte sie lächelnd.
Alex nahm einen Schluck und schüttelte sich.
»Jetzt verstehe ich, warum dich der Geruch hier nicht mehr stört. Nach einem Glas von diesem Zeug fällt dir die Nase aus dem Gesicht. «
Jess setzte sich, einen Fuß unter dem Stuhl, den anderen auf den Knauf einer Schranktür gelegt. Es war eine typisch männliche Sitzweise, doch Jessica scherte sich keinen Deut darum. Ihre Brüste zeichneten sich deutlich unter
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