Liebe kommt auf sanften Pfoten
verhindern.
»Mum, wir reden später weiter«, erklärte sie. »Ich will nicht Cocos Zeitplan durcheinanderbringen.«
Es war schon eine ganze Weile her, seit Juliet mit Minton das letzte Mal ganz offiziell eine Runde durch den Gemeindepark von Longhampton gedreht hatte. Nachdem er früher täglich durch die Gärten von Bens Kunden getollt war, war er abends immer so müde gewesen, dass er froh war, zwischen ihnen auf dem Sofa schlummern zu können.
Diane hatte dem Stundenplan eine hilfreiche Skizze der Route beigelegt, die sie normalerweise mit Coco absolvierte und der Juliet nun folgte. Zuerst musste sie jedoch eine gute Viertelstunde lang in die Stadt hineinfahren, dann ging es zu Fuß den Weg am Kanal entlang weiter bis zum Stadtkern. Danach führte die Runde durch den Barockgarten des Gemeindeparks, in dem gerade rund um den alten Konzertpavillon herum leuchtend purpurrote Geranien und lilafarbene Mauerblümchen in voller Blüte standen. Von hier aus führte der Weg hinauf in die Wälder der Coneygreen Woods, die von der Forestry Commission, der Forstwirtschaftsbehörde, verwaltet wurden. Dort hatte Ben immer Juliets Wissen über Bäume auf die Probe gestellt, während Minton Eichhörnchen hinterherjagte.
Im Gegensatz zu Coco, die brav neben Juliet hertrottete, rannte Minton an seiner langen Leine nach vorn und wieder zurück, schnüffelte am Boden umher und hob gelegentlich das Bein wie ein Teenager, der mit einem Graffiti eine Mauer markierte. Insgesamt waren deutlich mehr Menschen unterwegs, als Juliet hier an einem Dienstagvormittag erwartet hätte. Manche Besucher waren älteren Semesters, andere wiederum waren Mütter, die in Zweier- und Dreiergruppen ihre Buggys schoben. Die meisten davon jedoch hatten wie Juliet einen Hund dabei. Während die Mütter und die Spaziergänger, die gerade vom Einkaufen kamen, sie weitgehend in Ruhe ließen, schienen die Hundebesitzer ein großes Gesprächsbedürfnis zu haben – wobei sie sich allerdings nicht über normale zwischenmenschliche Dinge unterhalten wollten, sondern ausschließlich über ihre Hunde.
»Oh, das ist aber eine hübsche alte Dame. Wie alt ist sie denn?«
»Sagen Sie nichts – sein Name ist Pirat, richtig?«
»Ah, jede Wette, mit den beiden brauchen Sie ganz schön viel Futter, was?«
Jeder noch so freundlich gemeinte Versuch, ein Gespräch anzufangen, führte nur dazu, dass Juliets Anspannung wuchs. Die Junisonne schien warm auf sie herab, und ein wunderschöner Sommertag stand bevor, doch Juliet klopfte das Herz bis zum Hals. Denn es gab genau einen einzigen Grund, warum sie nachts mit Minton Gassi ging: Sie wollte mit niemandem sprechen. Sobald sich ihr jemand näherte, merkte sie, wie sie sich immer weiter in ihr Schneckenhaus zurückzog und die Fäuste ballte, um nicht sofort wegzulaufen.
Das Schlimmste dabei war, dass alle Minton und Coco kannten.
»Minton!«, protestierte sie scharf, als dieser auf eine ältere Dame mit einem wuscheligen weißen Westie zulief, der trotz des warmen Wetters ein kariertes Mäntelchen trug. »Tut mir leid, er ist …«
»Oh, Minton ist ein alter Freund von uns, nicht wahr?« Die alte Dame bückte sich und kraulte Minton die Ohren. »Du bist ein schlaues Kerlchen, du vergisst niemals ein Gesicht!« Dann richtete sie sich wieder auf und strahlte Juliet an. »Ich bin Mrs Hinchley. Ich wollte mich schon seit Längerem bei Ben melden – er hat sich so wunderbar um meine Veranda gekümmert. Vielleicht hat er ja Zeit, sich auch um den Garten meiner Tochter zu kümmern?«
In Juliets Schläfen pochte es, und sofort setzte der Selbstverteidigungsmechanismus ein.
»Tut mir leid, aber er ist tot«, erwiderte sie. Die Geschichte ratterte sie in einem Anlauf herunter, ohne ein Mal Luft zu holen, damit niemand auf die Idee kam, Fragen zu stellen. »Er hatte im letzten Oktober einen Herzinfarkt. Niemand konnte sagen, wie das passiert ist, weil er vollkommen gesund und fit war. Was aber gar nicht so selten vorkommt, wie man denkt. Ja, das war ein schrecklicher Schock. Ich vermisse ihn furchtbar. Minton war bei ihm, als es passierte, so war er wenigstens nicht allein, als es mit ihm zu Ende ging. Das ist ein kleiner Trost, aber manchmal mache ich mir wirklich Sorgen um Minton.«
Das Lächeln der alten Dame erstarrte, als sie nach und nach begriff, was passiert war. »Oh, meine Liebe, das tut mir schrecklich leid …«
»Nein, schon gut«, entgegnete Juliet automatisch. Eine Sekunde lang befürchtete sie, Mrs Hinchley
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