Liebe kommt auf sanften Pfoten
immer wieder hoch, wenn sie Toby oder Peter, Louises Ehemann, sah, wie er sorgenvoll die Augenbrauen hochzog. Dann wurde Juliet jedes Mal klar, dass sie Bens freches Grinsen niemals in dem pausbäckigen Gesicht eines Babys sehen würde. Seine Gene waren für immer fort, und dafür konnte sie nur sich selbst die Schuld geben.
Diane redete immer noch. »Es ist nur gerecht, dass ich Louise genauso unterstütze, wie ich immer für dich da gewesen bin«, fuhr sie fort. »Nicht, dass ich auch nur eine einzige Sekunde davon bereuen würde! Ich danke wirklich Gott dafür, dass wir praktisch Tür an Tür wohnen. Aber Louise braucht jetzt ein wenig Unterstützung – und ich finde wirklich, dass es an der Zeit ist, dass du dich mal aufraffst.«
Juliet wollte gerade erwidern, dass ihre Schwester keinerlei Hilfe benötigte, doch irgendetwas hielt sie zurück. Der sanfte Druck von Bens Hand auf ihrem Rücken. Er hatte auf diese Art so viele heikle Momente innerhalb der Familie entschärft, bevor sich diese zu einem echten Streit entwickelt hatten.
Juliet besaß eine Schwester, Louise, die schon von jungen Jahren an nahezu perfekt gewesen war, sowie einen Bruder, der zwar weniger perfekt, dafür aber mindestens ebenso ehrgeizig war. Ian war nach Australien ausgewandert und hatte dort eine Fitnesstrainerin namens Vanda geheiratet, mit der er nun zwei kleine Töchter hatte. Wie Mum und Dad war auch Louise glücklich mit ihrer Sandkastenliebe verheiratet; Ian dagegen besaß die Freiheit, ohne Angst, dass sich jemand einmischen könnte, alles zu tun, worauf er Lust hatte, und war obendrein schön gebräunt.
Nach Bens Tod war Juliet wieder zum Familienküken geworden, dem alle helfen und zureden mussten, als sei sie gerade einmal neun Jahre alt. Insbesondere Kontrollfreak Louise, die anscheinend gar nicht zu schätzen wusste, was sie an Peter hatte, einem Mann, der …
Tief durchatmen , ermahnte sich Juliet. Das hatte Ben immer gesagt, wenn sie während eines Telefonats im Flur hätte losschreien können. Atme tief und langsam ein und stell dir dabei vor, du seiest ein Baum, dessen Wurzeln tief im kühlen Boden verankert sind.
»Was hat Louise denn vor, dass du babysitten musst?«, fragte sie stattdessen.
»Sie will wieder arbeiten gehen«, antwortete Diane. Ihre Miene wechselte zwischen Stolz und Sorge, bevor sich schließlich der Stolz durchsetzte. »Sie hat es endlich geschafft, flexible Arbeitszeiten auszuhandeln. Jetzt schau mich nicht so überrascht an! Sie hat das schon seit einiger Zeit versucht. Gute Staatsanwälte von ihrem Kaliber gibt es hier eben nicht so viele.« Sie deutete auf die Lokalzeitung, die sie zwar mitgebracht hatte, die aber noch ungelesen auf der Arbeitsplatte lag. »Und die haben wir weiß Gott dringend nötig. Hast du diese Woche den Artikel in der Longhampton Gazette gelesen? Über den zunehmenden Vandalismus?«
»Ich glaube ja nicht, dass Louise Straftaten verhindern kann«, warf Juliet ein.
»Ich schon«, entgegnete Diane. »Wenn sie als Staatsanwältin auftritt, kommen die Burschen nicht so leicht davon. Und das wissen sie.«
»Aber hat sie nicht noch bei Tobys Geburt gesagt, dass sie eine Vollzeitmutter sein will?« Juliet zwang sich dazu, keine sarkastische Imitation der blasierten Vorträge abzuliefern, die sie alle darüber hatten ertragen müssen, wie wichtig und prägend eine Knetgummi-schwingende Mutter in den ersten Entwicklungsjahren eines Kindes sei. »Ich dachte, es sei für Peter in Ordnung, wenn sie zu Hause bleibt, während er damit Geld verdient, außer Haus Computerspiele zu spielen?«
»Er spielt keine Computerspiele. Er entwirft sie. Wie du genau weißt. Aber das ist nicht das Problem«, erklärt Diane. »Sie hat viel dafür getan, sich die Karriereleiter hinaufzuarbeiten. Das sollte sie nicht einfach so wegwerfen.«
Dies war eine derartige 180-Grad-Wende zu ihrer vorherigen Auffassung, dass Diane errötete, während Juliet die Kinnlade herunterklappte. Glücklicherweise – für beide – ging in diesem Augenblick im Garten in einer unglaublichen Lautstärke wieder das Geschrei los.
Während Diane vom Lärm genervt das Gesicht verzog, dämmerte es Juliet allmählich, dass die Alternative zum Coco-Sitten wahrscheinlich wäre, auf Toby aufzupassen, während sich ihre Mutter um Minton kümmerte. Und ganz gleich, welche guten Gründe es dafür gab – dazu war sie einfach nicht bereit.
»Egal«, erwiderte sie laut, um das Geschrei draußen zu übertönen. »Bring Coco
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