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Liebe lieber lebenslänglich: Roman (German Edition)

Liebe lieber lebenslänglich: Roman (German Edition)

Titel: Liebe lieber lebenslänglich: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lucy-Anne Holmes
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klopfe vorsichtshalber an das Tor, nichts rührt sich. Ich habe sieben Minuten verschenkt! Herz, bitte, bitte, hör auf. Ich knalle die Wagentür zu und starte wieder den Anlasser. Blöde Idee, Gracie. Saublöde Idee. DENK NACH !
    »Irgendjemand, irgendwo, hilf mir, bitte«, flüstere ich.
    Und dann kommt mir ein Geistesblitz. Ich weiß, wo ich Hilfe bekomme. Ich hätte mich als Erstes dorthin wenden sollen. Das Carbuncle. Ich schaffe die Strecke in wenigen Minuten. Ich parke in der zweiten Reihe und schließe den Wagen nicht einmal ab, bevor ich in den Pub stürze.
    »Anton. Wo ist Anton?«, frage ich keuchend den jungen Mann, der heute bedient.
    »Hab ihn nicht gesehen.« Er zuckt mit den Achseln.
    »Was?«, japse ich.
    »Er ist nicht da.«
    »Was?«
    »Er ist aus.«
    »Und Freddie? Was ist mit Freddie?«
    »Ich glaube nicht, dass er schon zurück ist.«
    Meine Uhr sagt, dass es zwanzig vor neun ist. Niemand hat sich bei mir gemeldet. Mein Gehirn sagt nichts. Ich dachte immer, ich wäre um Ideen nicht verlegen, aber nun fällt mir wirklich nichts mehr ein, wie ich die Summe auftreiben kann. Ich habe lediglich noch hundertzwanzig Pfund Notreserve in meiner Küchenschublade. Schnell laufe ich hinüber in meine Wohnung, um sie zu holen, und sitze um Viertel vor neun wieder im Wagen.
    Ich werde um ein paar weitere Stunden Aufschub bitten müssen bis morgen früh, wenn die Bank wieder aufmacht. Es wird mir nichts anderes übrig bleiben, als zu betteln.
    Ich schließe Mums Haustür auf, ohne Mildred zu begrüßen. Aus der Küche dringen Stimmen, also gehe ich darauf zu. Sie gehören Wendy und Freddie. Sie sitzen mit Mum am Küchentisch. Ich kann ihr nicht in die Augen sehen. Ich habe sie enttäuscht.
    »Ich … ich … ich konnte das Geld nicht auftreiben«, sage ich.
    »Grace, hier sind viertausend«, erwidert Freddie und steht auf. »Von Dad.«
    Er gibt mir einen dicken, weichen Umschlag voller Geldscheine, und wie aufs Stichwort wird der schwere viktorianische Türklopfer aus Messing dreimal gegen die Haustür geschlagen.
    »Ich komme mit«, sagt Freddie.
    »Danke«, murmle ich.
    Wir machen uns auf zur Eingangstür, wobei wir den Glasscherben und dem Ziegelstein ausweichen müssen.
    »Hast du was für uns?«, fragt der Steinewerfer.
    »Hier sind viertausend«, antworte ich und strecke ihm den Umschlag entgegen.
    »Warum nicht gleich so?« Er lächelt.
    »Sagen Sie«, sagt Freddie. »Für wen arbeiten Sie?«
    »Für wen arbeiten wir nicht?«, kommt knurrend zurück.
    »Nun, Sie verstoßen gegen das Gesetz mit Ihren Methoden, Schulden einzutreiben.«
    »Gegen das Gesetz.« Der Steinewerfer lacht. »Die Lady da drin hat einen Kredit aufgenommen. Sie kennt die Bedingungen. Bis nächste Woche«, sagt er lächelnd, bevor er sich umdreht.
    Ich sehe ihm nach. Ich fühle mich der Ohnmacht nahe, mein Kopf hämmert, und mein Bauch tut weh.

65
    »Ist Anton jetzt da?«, frage ich den jungen Kellner.
    »Ja, du hast ihn vorhin knapp verpasst. Er ist oben.« Er nickt und mustert mich dann blinzelnd. »Alles okay?«
    »Ja. Alles okay, danke.«
    »Sicher? Möchtest du vielleicht ein Wasser oder etwas anderes?«
    »Nein, danke.«
    »Geh einfach rauf.«
    »Ist das auch okay?«
    »Ja. Aber klopf an, bevor du oben reingehst, ja?«
    »Mach ich.«
    Ich gehe hinter die Theke. Ich fühle mich überhaupt nicht gut, um ehrlich zu sein. Vielmehr fühle ich mich ganz wacklig auf den Beinen. Ich muss etwas essen. Ich weiß nicht mehr, wann ich das letzte Mal gegessen habe. Diese eine Horrorstunde hat mir den Rest gegeben. Ich stehe tief in Freddies und Wendys Schuld. Sie sind immer noch bei Mum. Und ich stehe auch in Antons Schuld. Er hat mich gerettet. Wieder.
    Ich gehe auf Zehenspitzen die knarrende Treppe hoch. Die Tür oben steht offen, scheinbar hört Anton Musik. Ich schleiche näher, und als ich die Tür erreiche, bleibe ich stehen. Ich verharre auf dem Treppenabsatz und beobachte Anton. Er sitzt auf der Ledercouch, über eine Gitarre gebeugt. Er hört keine Musik, er spielt selbst. Es klingt, als würde er gerade einen Song einüben. Er schlägt immer ein, zwei Akkorde, unterbricht sich dann kopfschüttelnd und beginnt von vorn oder spielt weiter. Er ist ganz auf sein Instrument konzentriert. Ich lehne den Kopf gegen den Türrahmen und schließe die Augen. Ich kenne diesen Song. Wie auch immer er heißen mag, es ist ein Song, den ich sehr mag. Ein Song, der mir einmal viel bedeutet hat. Wenn Anton doch nur ein bisschen flüssiger spielen

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