Liebe lieber lebenslänglich: Roman (German Edition)
ausgehe. Genau genommen steckte ich bereits mitten in den Prüfungen, mein mündliches Französischexamen hatte ich schon hinter mir. Das bedeutet, dass ich eigentlich in der Lage sein müsste, auf Französisch zu fragen »Verzeihung, wo finde ich hier die nächste Bank?«, aber das bin ich nicht. Ich habe nicht den blassesten Schimmer. Jedenfalls stand der Großteil der Prüfungen, zwei pro Tag über einen Zeitraum von circa zwei Wochen, unmittelbar bevor.
Ich wusste nicht viel über Danny, als er mich im Schulflur anhielt und zunächst einmal auf seine Schuhe starrend ausgiebig hustete, bevor er schließlich sagte: »Wegen dieses … beknackten Abschlussballs … Hast du Bock, mit mir dahin zu gehen?«
Immerhin wusste ich seinen Namen: Danny Saunders. Ich fand den Namen ganz hübsch, er klingt freundlich, kumpelhaft, zugänglich und aussprechbar. Ich wusste, dass Danny klug war – er hatte überall Bestnoten –, mir war bewusst, dass er blass war und ein Computerfreak, und ich war definitiv mit seiner Körperlänge vertraut, eins neunzig. Verdammt groß nenne ich das. Aber das war damals ungefähr alles, was ich über ihn wusste.
In der Schule war ich eine Einzelgängerin. Zu jener Zeit hatten meine Eltern sieben Jahre in Folge die Weltmeisterschaft im Standardtanz gewonnen, natürlich lange vor Let’s dance und der daraus resultierenden Wiederauferstehung vom klassischen Tanz. Außerdem besuchte ich das Kensal Rise Community College, wo man nur als cool galt, wenn man einen Vater hatte, der DJ war oder im Knast. »Dein Alter ist ’ne Schwuchtel« bekam ich zu hören, falls sich überhaupt jemand die Mühe machte, mit mir zu reden. Deshalb blieb ich lieber für mich.
Folglich war ich überrascht, eine Einladung zu dem »beknackten Abschlussball« zu erhalten. Ich betrachtete Danny Saunders mit dem hübschen Namen genauer und registrierte, dass er mindestens einen Kopf größer war als ich, hager und breitschultrig. Ich nahm außerdem erfreut zur Kenntnis, dass er ein Ramones-T-Shirt trug. Mein Vater hatte auch eins, und zu jener Zeit war Dad mein Held. Ich sah in Dannys tiefliegende braune Augen und antwortete lässig: »Ja, klar, warum nicht?« Doch insgeheim dachte ich, boah, Danny Saunders ist echt heiß.
An diesem Morgen denke ich das allerdings nicht. Ich denke an etwas ganz anderes. Der Acht-Uhr-siebzehn-Personenzug ist noch nicht einmal vorbeigekommen, und Danny stöhnt bereits und rückt von mir weg. Aber das ist nicht das Schlimmste – ich spüre etwas Klebriges da unten.
»Danny Saunders, du Arsch!«, kreische ich und boxe ihn in seinen ärgerlich hohlen Bauch.
»Autsch! Grace, Baby, hab ich ganz vergessen«, keucht er.
»Trottel!« Ich haue ihm noch eine rein.
»Kannst du dir nicht die Pille danach besorgen?«
Seufzend setze ich mich auf und reibe mir die Augen wie ein verschlafenes Kind. Mir wird wohl nichts anderes übrig bleiben. Vielen Dank auch, Danny, für diesen verdammt überflüssigen Hinweis. Ein Baby ist definitiv nicht geplant in meiner absehbaren Zukunft. Allerdings erwartet mich das stressigste Wochenende der modernen Welt, und Gott weiß, wann ich die Zeit finden werde, um in einer Apotheke vorbeizuschauen.
Im Moment brauche ich mir darüber jedoch keine Gedanken zu machen, denke ich und lächle vor mich hin, während ich aus dem Bett klettere. Vor mir liegt ein großer, nein, ein sehr großer Tag.
2
Ich habe den Eindruck, dass meine Morgenroutine im Bad anders ist als die der meisten Leute. Ich weiß das nicht sicher, aber ich habe noch nie jemanden kennengelernt, der so schnell duscht wie ich. Danny erzählt jedem, ich würde duschen, als ob eine bewaffnete Miliz gerade die Wohnungstür einträte. Ich bringe es nicht übers Herz, ihn darauf hinzuweisen, dass die Metapher albern ist, falls es überhaupt eine ist. Ich habe meine Englischprüfung nie bestanden. Würde eine bewaffnete Miliz meine Tür eintreten, würde ich sicher nicht unter der verdammten Dusche stehen. Entweder würde ich versuchen, meinen Hintern durch das kleine Badfenster zu zwängen, um zu entkommen, oder ich würde mich mitten im Bad in einer beeindruckenden Lara-Croft-Haltung, bewaffnet mit einem Pümpel und einem Raumspray, postieren, bereit, es den Schweinen heimzuzahlen, die sich an einer meiner kostbaren Türen vergangen haben.
Ich bin Wohnungseigentümerin. Nicht, dass ich eine normale Wohnung besäße. Es ist nämlich keine. Es ist eine Maisonettewohnung. Ich habe eigenhändig sämtliche
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