Liebe macht blind - manche bleiben es
zum Fenster hinaus und sagte zu mir: „In drei Jahren darf ich auch.“ Dann deutete er auf seine Schwester. „Aber sie darf erst in fünf!“
„Was denn?“, fragte ich. „Es sagen!“, antwortete der Sohn. Zuerst verstand ich nicht, aber dann sah ich die rote Buchstabenzeile unter dem Filmtitel: „Erlaubt ab 14 Jahren.“
Burli hat’s kapiert
Ort der Handlung: Straßenbahnhaltestelle in Wien. Personen der Handlung: Mama, Papa und Burli
.
Burli (
klagend
): Der Michi hat mich heute wieder boxt.
Mama (
zum Burli
): Sag’s der Frau Lehrer, Burli!
Papa (
zum Burli
): Vertratschen tut man nicht, Burli!
Mama (
zum Papa
): Soll er sich dauernd hau’n lassen?
Papa (
zur Mama
): Z’rückhau’n soll er!
Mama (
zum Burli
): Das tust mir net, hau’n ist pfui! (
zum Papa
): Willst eine Schlägertypen großziehn?
Papa (
zur Mama
): Er muss si’ endlich wehren lernen! (
zum Burli
): Der Michi ist gegen dich eine halberte Portion, den stampfst mit links in die Erd’!
Mama (
zum Papa, giftig
): Feine Erziehung, dem Kind beibringen, dass es auf Schwächere losgehen soll.
Papa (
zur Mama
): Red net saublöd daher, er soll auf niemand losgehen, er soll sich nur verteidigen!
Mama (
zum Burli
): Ich werd’ zur Frau Lehrer gehen und sie bitten, dass sie dich vom Michi wegsetzt.
Burli: Er boxt mich doch immer auf dem Klo draußen!
Papa (
hämisch zur Mama
): Bittest halt die Frau Lehrer, dass sie mit dem Burli aufs Klo geht, damit ihm nix passiert!
Mama (
zum Papa
): Red net so saublöd daher!
Papa (
zum Burli
): Reiß dem Wappler d’ Ohrwascheln ab!
Mama (
zum Burli
): Boxt der Michi die anderen Kinder auch?
Burli: Immer nur mi!
Papa (
zur Mama
): Eh klar, wer sich nie wehrt, ist das ideale Opfer!
Mama (
zum Burli
): Wie wär’s, wennst den Michi zu uns heim einladst, wenn’s euch besser kennen lernt’s …
Papa (
unterbricht die Mama
): … aber nur, wenn ich daheim bin! Damit ich dem Burli zeig, wie man mit so einem Bankert umgeht!
Die Straßenbahn fährt in die Haltestelle ein. Mama und Papa schieben den Burli zum Einstieg hin
.
Papa (
zum Burli
): Wehren muss man sich im Leben lernen, damit man net den Kürzeren zieht, kapiert?
Mama (
zum Burli
): Vertragen muss man sich im Leben lernen, damit’s friedlich zugeht, kapiert?
Burli nickt. Klar hat er kapiert. Und zwar dieses: Nie, nie mehr wird er sich bei der Mama und beim Papa über den Michi beklagen, ganz egal, wie oft ihn der auch noch in den Bauch boxen wird
.
Lass mich in Ruh!
Eigener Liebeskummer ist schwer zu ertragen, Liebeskummer der eigenen Kinder ist unerträglich, so man nicht von der Gemütsart eines Fleischerhundes ist. Was Müttern, hin und wieder natürlich auch Vätern, die Sache des „Mitleidens“ so kompliziert macht, kann viele Gründe haben.
Grob eingeteilt, gibt es da zuerst einmal zwei Sorten von erwachsenen Kindern: Sorte eins leidet an Liebeskummer, ohne darüber Bericht zu erstatten. Rote Augen, bebende Lippen, angeschwollene Nase und heftiges Geschluchze hinter geschlossener Tür sind die einzigen Botschaften ihres Liebesleids.
Doch die feinfühlige elterliche Meinung, dass jemand, der über seinen Kummer nicht von selbst Auskunft erteilt und auf einmalige Anfrage „Lass mich in Ruh!“ schluchzt, nicht weiter gefragt werden will, kann – muss aber nicht – richtig sein. Es hat schon Fälle gegeben, wo sich Eltern taktvoll und mit äußerster Anstrengung der bohrenden Fragen enthielten und Monate später vorgehalten bekamen, dass sie mitleidlose Menschen gewesen seien und gar nicht wahrgenommen hätten, wie „fix und fertig“ und am Rande der Verzweiflung ihr Nachwuchs gewesen sei.
Aber auch bei den gesprächigen Kindern hat man seine Not! Diese referieren zwar ausführlich, hin und wieder sogar ellenlange Streitdialoge, samt „dann hat er gesagt und dann habe ich gesagt und dann hat er gesagt, aber das heißt noch längst nicht, dass sie an mütterlicher oder väterlicher Meinung Interesse haben, auch wenn diese Meinung nicht in so unsensiblen Statements wie „Ich hab dich ja gleich gewarnt“ oder „Andere Mütter haben auch schöne Kinder“ ausgedrückt wird. Es kann sogar sein, dass das gute Kind während seiner Berichterstattung den ehemaligen Liebsten zehnmal „Schuft“ nennt, jedoch empört reagiert, wenn Mama oder Papa dieses Wort für besagten Jüngling ebenfalls benutzt.
Und geradezu grotesk wird die Sache, wenn der Liebeskummer nur ein vorübergehender war und aus dem „Schuft“
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