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Liebe macht blind - manche bleiben es

Liebe macht blind - manche bleiben es

Titel: Liebe macht blind - manche bleiben es Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christine Nöstlinger
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erfolgreich weigert, den Besuch bei Tante Emma mitzumachen.
    Lauter recht subjektive Meinungen über Macht in der Familie habe ich zu hören bekommen. Keine stimmte mit meiner eigenen, auch recht subjektiven Meinung in dieser Sache überein.
    Als mächtigste Person in der Familie verstehe ich die, der es gelingt, ihre Wünsche am häufigsten und heftigsten durchzusetzen. Der erfahrene Familienbeobachter erkennt so eine Person an vielen Details quer durch den Familienalltag.
    Am Abend jedoch wird diese Person sogar dem deutlich erkennbar, der von Familien-Machtstrukturen keine Ahnung hat. Am Abend nämlich ergreift diese Person die Fernsehapparat-Fernbedienung und lässt sich in einem bequemen Stuhl nieder.
    Und dann schaut die Person fern. Ganz nach Lust und Laune und quer durch alle verkabelten Kanäle. Wenn das Geflüster der anderen im Raume hockenden Familienmitglieder lauter wird, drückt sie ein Fernbedienungsknöpfchen, und der Fernsehapparat wird auch lauter.
    Dann kann es geschehen, dass ein Familienmitglied nach dem anderen aus dem Zimmer geht, je nach Temperament wütend oder bloß vergrämt.
    Und dann kann es noch geschehen, dass sich die Person mit der Fernbedienung in den Händen umschaut, den leeren Raum sieht und seufzt: „Immer ist man allein! Keinen Familiensinn haben sie!“ Sehr arm kommt sich die Person dann vor.
    Aber die mächtigste Person in der Familie ist sie – meiner Ansicht nach – trotzdem!

Ohne grüne Katze keine Farbharmonie
    Ich blättere gern in Journalen, die sich mit erlesener Innenarchitektur befassen. Klappe ich sie dann zu, schaue ich mich in meiner Behausung um und bin unheimlich unzufrieden mit dem, was ich da sehe.
    Meine Einrichtung hat keinen „Pfiff“, mein Mobiliar hat keinen „Stil“, nicht einmal meine „ganz persönliche Note“ kommt durch mein Inventar zum Ausdruck.
    Am Geld allein kann das nicht liegen. Die Mitarbeiter der Wohnzeitschriften beweisen mir mit Preisangaben, dass man sich auch „mit schmaler Börse“ sehr originell, praktisch und preiswert einrichten kann. Etliche Möbelstücke, die bei mir ungeliebt herumstehen, haben mehr gekostet, als die Wohnredakteure in zwei urgemütlich ausstaffierte Zimmer investieren.
    Hin und wieder entdecke ich in so einer Zeitschrift sogar ein Möbelstück, das ich selbst besitze, und merke vergrämt, dass es bei mir zu Hause bei Weitem nicht so prächtig wirkt wie auf dem Journalfoto.
    Schön langsam komme ich auch dahinter, warum das so ist. Mir geht der richtige Farbensinn ab. Ich wohne nicht farbharmonisch durchgestylt! Ich kapiere das „Ton-in-Ton-Wohnen“ nicht.
    Dabei exerzieren es mir die einschlägigen Magazine doch immer wieder vor: Entschließt man sich, einen Raum in Grün zu halten, muss man dabei bleiben! Ist die Couch grün, haben die Kissen auf ihr in Grüntönen zu schillern, und die Vorhänge müssen grüngemustert sein. Und ein grünes Bild muss an die Wand. Und eine grüne Decke über den Tisch! Bis zu diesem Punkt bin ich ja fähig, den guten Vorschlägen nachzueifern. Doch dann versaue ich mir die grüne Pracht, weil ich, total geschmacklos, rote Äpfel und gelbe Bananen in einer blauen Schüssel auf den grünen Tisch stelle und meine graue Strickerei auf der grünen Couch deponiere und rosa Tulpen in einer lila Vase arrangiere.
    Nicht einmal meine Katzen färbe ich grün ein! So kann natürlich keine Farbharmonie zwischen meinen vier Wänden entstehen! Aber selbst mit resedagrünen Katzen, Granny-Smith-Äpfeln, Anjou-Birnen, lodengrüner Strickerei und Artischocken in der Vase wäre das Problem nicht gelöst, denn ich habe vierzig Laufmeter Bücher an einer Wand des „grünen Zimmers“. Und diese Bücher haben Rücken in allen Regenbogenfarben.
    Ich möchte wirklich wissen, wie es die Wohnredakteure schaffen, eine Wand voll Literatur – wenn auch nur fürs Foto – in total Grün aufzutreiben. Lesen, allerdings, möchte ich diese Bibliothek nicht.

Kochbücher
    Ich mag Kochbücher und Zeitschriften, deren Anliegen das Essen ist, weil sie hübsch bunt und appetitanregend sind oder edel nostalgisch und voll kulinarischer Poesie. Was die Praxis des Kochens betrifft, misstraue ich ihnen jedoch, da ich leidvolle Erfahrungen habe.
    Kochbuch 1 teilt mir mit, ich möge der Roulade, damit sie besonders duftig werde, 50% Mehl und 50% Stärkemehl zusetzen.
    Kochbuch 2 jedoch warnt vor Stärkemehl in Rouladen; es mache das Biskuit spröde und schwer rollbar. Kochbuch 3 hingegen schert sich

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