Liebe macht blind - manche bleiben es
überhaupt nicht um Mehlsorten. Dieses Fachwerk ließe es sogar zu, dass ich aus doppelt griffigem Mehl Strudelteig ziehe.
Oft divergieren die Mengenangaben von Kochbuch zu Kochbuch dermaßen, dass man an Druckfehler denken könnte. Für Krapfen – immer auf der Basis 500 g Mehl, 6 Dotter – könnte ich, meinen diversen Kochbüchern nach, 1/8, 1/4 oder 3/8 l Milch verwenden. Auch ob man Backpulver oder keines in die Tortenmasse tut, scheint von der Weltanschauung der Kochbuchköche abzuhängen.
Und Mengenangaben wie: 8 große Kartoffeln und 1 Tomate sind absolut hinterfotzig! In Griechenland sah ich Erdäpfel so groß wie 10-dag-Wollknäuel. Meint der Kochbuchkoch solche, wenn er „groß“ schreibt? Oder war er noch nie auf dem Athener Markt?
Genauso geht’s bei den Paradeisern zu. Drei holländische Fleischtomaten wiegen so viel wie zwanzig Stück bulgarischer Glashausimport. Lieb sind auch die modischen Rezepte, die ganz selbstverständlich 7 frische Salbeiblätter, ein Ästlein frischer Minze und eine Handvoll Brunnenkresse – aber wirklich nur echte! – verlangen. Da hätte man vor einem halben Jahr am Fensterbrett vorsorgen müssen! Und wer – außer einem Kochbuchkoch – schafft es, 4 kg Schweinsripperln in einer Mixtur aus 2 Teelöffel Kräutern, 6 Eßlöffel Ketchup und einem Achtelliter Wein untergehen zu lassen. „Darauf achten, dass das Fleisch völlig bedeckt ist!“, fordert mein Grillbuch. Von allen Keksteigen, die ich genau nach Rezept knetete und die mir dann als gatschiger Matschklumpen auf dem Nudelwalker klebten, will ich lieber schweigen, sonst müsste ich auch von mittleren Tobsuchtsanfällen berichten.
Voranstehendes notierte ich vor allem für junge, unerfahrene Haushalter, auf dass sie sich nicht mehr schuldhaft an die Brust schlagen und sagen: „Zum Kochen habe ich kein Talent!“
Kochen ist, wie vieles, eine Sache von „Versuch und Irrtum“. Und der Irrtum liegt meistens bei den Kochbuchköchen und nicht bei den armen Leuten, die peinlich genau hinter ihnen herwerken.
Verschwunden auf Nimmerwiedersehen
Gar manch Ding, das sich schon lange in unserem Besitz befand, ist mit einem Mal weg! Es ist nicht verlegt und nicht verschlampt, es ist verschwunden! Man kann mit vereinten Familienkräften das ganze Haus auf den Kopf stellen, es taucht nicht wieder auf. Seit wann dieses Ding nicht mehr vorhanden ist, kann man dann meistens nicht angeben, man kann bloß behaupten.
„Damals, wie ich das getupfte Einlegepapier in die Lade getan habe, da war es noch in der Lade! Garantiert!“ Und die, die mit uns leben und uns beim Suchen geholfen haben, erklären, die verschwundene Sache auch erst „unlängst“ gesichtet zu haben.
Bis auf so unhandliche Stücke wie Einbaukästen, Doppelbetten, Tiefkühltruhen und Barocktische kann so ziemlich alles, was der Mensch besitzt, eines Tages unwiederbringlich verschwunden sein.
Dass dem so ist, liegt oft an den lieben Familienmitgliedern und nicht bei uns selbst. Manchmal weiß nämlich einer aus diesem Personenkreis ganz genau, wieso das gesuchte Stück nicht mehr da ist. Doch welche Tochter sagt – zum Beispiel – der Mutter schon gern, dass sie die rote Reisetasche vorigen Sommer – ohne zu fragen – der Freundin geborgt hat, und die Freundin hat die Tasche ihrem Freund geborgt, und mit dem ist sie jetzt spinnefeind und kann das rote Ding auf keinen Fall zurückholen.
Aber auch die von Schuld freien Familienmitglieder hetzen uns auf die falsche Fährte. „Vor zwei Wochen“, beteuert der Ehemann, „war die rote Tasche noch unten im Vorzimmerkasten! Ganz genau weiß ich das!“
In Wirklichkeit hat der kurzsichtige Mensch einen roten Anorak gesehen, der vom Bügel gefallen war.
Wenn Dinge aus unserem Besitz verschwinden, sollte man sich immer vorsagen, dass unsere Wahrnehmungen mangelhaft und unsere Kombinationen fehlerhaft sein können. Sonst kommt es noch so weit, dass wir – zum Beispiel – unsere arme Bedienerin des Taschendiebstahls verdächtigen, weil die doch vorgestern den Schrank aufgeräumt hat!
Von der „Auf-und-davon-Stimmung“
Wer über Jahrzehnte hin einen Haushalt betreibt, den überkommt schon manchmal der Drang, alles „liegen und stehen“ zu lassen und sich „auf und davon“ zu machen.
Ein zum liebevoll bereiteten Nachtmahl nicht heimkommender Gemahl kann Anlass zu diesem Drang sein. Auch eine muntere Kinderschar, die Kleisterpapier erzeugt und in diese Tätigkeit die Polstergarnitur integriert,
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