Liebe mich! Liebe mich!
schuldig, ihn anzurufen.
Robin nahm den Hörer ab.
Sie wählte die Nummer, aber nach dem ersten Klingeln knallte sie den Hörer wieder auf die Gabel. Dann atmete sie tief durch, schloss kurz die Augen, um sich zu sammeln, und nahm den Hörer wieder ab.
Robin wählte, und als es klingelte, umklammerte sie den Hörer und zwang sich, nicht wieder aufzulegen.
“Hallo?” Seine Stimme klang verschlafen. Mist, sie hatte vollkommen vergessen, dass er ja in einer anderen Zeitzone lebte.
“Jake …” Ihre Stimme klang kläglich.
“Robin?”
“Ja, ich bin’s.”
“Was ist denn los?”
Die Matratze knarrte. Wahrscheinlich hatte er sich aufgesetzt und blickte ungläubig auf die Uhr auf seinem Nachttisch. Sein Haar würde wunderbar zerzaust sein …
“Robin”, fragte er lauter, “bist du noch da?”
“Ich bin noch da.”
“Wie spät ist es denn bei euch? Ist alles in Ordnung?”
“Ziemlich früh am Morgen. Also, ich wollte nur …” Sie wusste nicht, wie sie es ihm sagen sollte. Es war schließlich nicht irgendeine Neuigkeit, die man mal so eben jemandem durchs Telefon mitteilte, und das auch noch aus dreitausend Meilen Entfernung.
Die Sekunden verstrichen. Sollte sie ihn nach dem Wetter fragen? Nein, das wäre zu albern. Wahrscheinlich ahnte er ohnehin schon, weshalb sie ihn zu so früher Stunde aus dem Bett klingelte.
“Ich bin schwanger”, stieß sie hervor.
Er schwieg. Sie konnte ihn noch nicht einmal atmen hören.
“Jake?”
“Ja?”, kam es kurz, knapp und wütend.
“Ich …”
“Ist das alles?”, fragte er kalt.
Sie räusperte sich. “Ja, ich glaube schon.” Sie brauchte nur seine Stimme zu hören, und schon war sie hin und weg. Dabei war ihr ihr Lebensplan so vernünftig und sinnvoll erschienen, aber irgendwo war sie vom Weg abgekommen und hatte etwas getan, was ihr Plan nicht vorsah. Und nun konnte sie ohne Jake nicht mehr leben.
Wie hatte das passieren können? Warum konnte sie sich jetzt nichts Schöneres vorstellen, als mit ihm zu sprechen, auch wenn er noch so wütend war? Warum war es ausgerechnet seine Stimme, die sie aus ihrer Einsamkeit erlöste, sodass sie sich wieder lebendig und optimistisch fühlte?
Sie wollte ihn, ganz und gar. Sie wollte ihn vor sich sehen und ihn berühren. Sie sehnte sich nach seiner Wärme und seiner Liebe.
Jake.
Nur Jake.
“Das war’s dann wohl”, sagte er mit derselben eiskalten Stimme.
“Ja”, flüsterte sie, während ihr die Tränen in die Augen stiegen. Sie würde nie wieder glücklich sein können.
“Adieu, Robin.” Klick.
Jake starrte auf das Telefon. Helles Mondlicht fiel in sein Schlafzimmer, und er ärgerte sich über sich selbst. Er hatte sich wie ein Vollidiot benommen. Aber Robin machte ihn fix und fertig.
Wie konnte sie es wagen, schwanger zu sein?
Wie konnte sie es wagen, ihn deshalb anzurufen?
Wie konnte sie es wagen, ihn wieder vollkommen durcheinanderzubringen?
Er lehnte sich an die Kopfseite des Bettes und stützte die Arme auf die Knie. Als er ihr versprochen hatte, sie gehen zu lassen, war er sicher gewesen, dass es nicht dazu kommen würde. Er hatte geglaubt, es nicht aushalten zu können, wenn sie ihn verließe.
Als sie ihm dann sagte, dass sie ihn liebe, war er fest davon überzeugt gewesen, dass nun alles ausgestanden sei. Sein Fehler, das wusste er jetzt.
Die Eisprinzessin würde nie etwas so Banalem wie Liebe ihre kostbare Unabhängigkeit opfern.
Dennoch hatte er sich eben wie ein Vollidiot benommen.
Das musste er wieder einrenken. Immerhin war sie ja seine Frau und bekam ein Kind von ihm. Auch wenn sie weit voneinander entfernt wohnten, so waren sie doch seine Familie, und es stand ihm nicht zu, ihr wehzutun, nur weil er wütend war.
Er musste das wieder hinbiegen.
Jake nahm den Hörer ab und wählte Dereks Nummer.
Derek nahm nach dem ersten Klingeln ab. “Ja?”
“Ich bin’s, Jake.”
Stille. Dann: “Was ist los?”
“Ich muss dringend nach Toronto.”
“Was?” Dann senkte Derek die Stimme zu einem Flüstern. “Es ist Jake, Liebste. Schlaf wieder ein, es ist noch viel zu früh. Toronto?”, sagte er jetzt wieder lauter.
“Robin ist schwanger.”
“Was?” Wieder wurde seine Stimme leise und undeutlich. “Es geht um Robin. Sie ist schwanger.”
“Ich muss so bald wie möglich in Toronto sein.” Jake massierte sich die verkrampften Nackenmuskeln.
“Gut”, sagte Derek. “Nimm die erste Maschine. Ich veranlasse, dass der kleine Jet für dich auf dem Whitehorse Airport
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