Liebe mit beschrankter Haftung
auf das Sofa schmeißt. »Jetzt hör dir bloß mal an, was ich da von mir gebe. Ist das zu fassen?« Sie schüttelt ungläubig den Kopf. »Ich frage dich allen Ernstes, ob du es schön findest.« Sie kichert in sich hinein, dann wird sie plötzlich ganz ernst und greift nach meiner Hand. »Mia, um Gottes willen, was passiert mit mir? Ich bin inzwischen eine von diesen Frauen, über die ich mich immer kaputtgelacht habe. Und dabei bin ich gerade mal Anfang des vierten Monats.« In ihre Stimme mischt sich jetzt ein Anflug von Panik und ich streichele beruhigend ihren Unterarm.
»Das sind die Hormone. Vollkommen normal.«
»Werde ich für die nächsten drei Jahre kein anderes Gesprächsthema als vollgeschissene Babywindeln und Kindergartenplätze haben?«
»Vermutlich.«
»Aber das ist ja furchtbar.« Sie lässt sich in die abgewetzten Kissen fallen und macht ein unglückliches Gesicht.
»Keine Sorge«, tröste ich sie, »ich bleibe trotzdem deine Freundin.«
»Versprochen?«
»Aber ja.« Sie nimmt mir das Ultraschallbild aus der Hand, hält es auf Armeslänge von sich weg und verengt ihre Augen zu Schlitzen. »Eigentlich ist es nichts als ein grauer Blobb in grauem Schnodder.« Ich schüttele den Kopf und nehme es ihr ab.
»Nein. Schau mal, man erkennt doch alles schon ganz deutlich. Hier der Kopf, die Arme und Beine, sogar das Profil sieht man schon. Ich glaube, es hat deine Nase.«
»Meinst du?« Sie strahlt über das ganze Gesicht und ich nicke.
»Absolut. Und weißt du was?«
»Was?«, fragt sie atemlos.
»Es ist wirklich wunderschön.«
Kapitel 6
Ich erwache mitten in der Nacht und setze mich verwirrt auf. Die rot leuchtenden Zahlen des Radioweckers auf meinem Nachttischchen zeigen 3:41 Uhr. Wovon bin ich wach geworden? Ich lausche in die Stille und plötzlich höre ich es. Leise, aber deutlich. Tick. Tack. Tick. Tack. Das gibt es doch gar nicht. Erst meine Periode, dann das graue Haar, das Schicksal von Simone W., das Ultraschallbild und jetzt auch noch das. Es reicht mir langsam mit den Zeichen. Das hier ist doch geradezu lächerlich. Tick. Tack. Tick. Tack. Unverkennbar. Ich bilde mir das nicht ein. Etwas tickt. Ja doch, Leben, ich habe es verstanden. Es ist meine biologische Uhr. Darf ich jetzt bitte weiterschlafen? Tick. Tack. Tick. Tack. Ich lasse mich in die Kissen zurücksinken. Wahrscheinlich träume ich. Natürlich. Das wird es sein. Schließlich hat man noch nie davon gehört, dass das Einsetzen der Torschlusspanik von einem tatsächlichen Ticken begleitet wird. Das mit der biologischen Uhr ist doch nur eine Redewendung. Und wenn es sich tatsächlich um einen Traum handelt, dann bin ich Herrin der Lage. Und kann dem Ticken Einhalt gebieten. Nur wie? Tick. Tack. Tick. Tack. »Aufhören«, sage ich in die Stille meines Schlafzimmers und es hört sich erschreckend real an. Genauso wie das Ticken, das sich durch meinen Befehl nicht aus der Ruhe bringen lässt. Tick. Tack. Tick. Tack. Leise, aber regelmäßig. »Ich möchte, dass es zu ticken aufhört«, formuliere ich mein Anliegen präziser. Tick. Tack. Tick. Tack. »Ich möchte aufwachen.« Tick. Tack. Tick. Tack. »Verdammt noch mal, ich habe es ja kapiert, Leben«, fluche ich unterdrückt. »Ich werde nicht jünger, die Zeit läuft ab, ich muss mir dringend einen Mann suchen.« Tick. Tack. Tick. Tack. »Ich will ein Baby«, sage ich in die Nacht hinein. Vor meinem inneren Auge erscheint das Ultraschallbild von Krümelchen. Ich fand es wirklich wunderschön. Und gar nicht albern. »Ich will ein Baby«, sage ich noch einmal, diesmal nicht zur Nacht oder zum Leben, sondern zu mir selbst. »Und jetzt muss ich aufs Klo.« Auf dem Weg ins Badezimmer merke ich, dass ich mich in keinem Traum befinde. Sonst wäre ich wohl spätestens in dem Moment aufgewacht, in dem ich mit meinem kleinen Zeh am Türrahmen hängen geblieben bin. Jaulend hüpfe ich durch meinen kleinen Flur, Idefix kommt aus dem Schlafzimmer auf mich zugestürzt und stimmt in mein Geheul ein. Stöhnend lasse ich mich auf den Laminatfußboden sinken und untersuche meinen höllisch schmerzenden Fuß, während mein Hund mir einen strafenden Blick zuwirft und zurück in sein Körbchen tapst.
»Oh, bitte entschuldige, dass ich deine Nachtruhe gestört habe«, rufe ich ihm hinterher und bewege vorsichtig die Zehen. Ich bleibe noch eine Minute so sitzen, warte darauf, dass der Schmerz nachlässt und höre meiner biologischen Uhr zu, die in meiner Küche an der Wand hängt und leise vor
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