Liebe mit beschrankter Haftung
sich hintickt.
»Kati, ich will ein Baby«, platze ich bei meinem nächsten Telefonat mit meiner Freundin damit heraus.
»Sorry, ich kann dir meins nicht geben. Unter normalen Umständen würde ich drüber nachdenken, aber du weißt ja: die Hormone.« Ich kann ihr breites Grinsen förmlich vor mir sehen, habe jetzt aber keine Zeit für solche Witze.
»Ich meine es ernst. Ich will ein Baby«, wiederhole ich. »Und ich glaube, das Leben will auch, dass ich eins habe. Es schickt mir lauter Zeichen.«
»Tatsächlich?« Wahrscheinlich ist die nun folgende Erklärung reichlich verworren und unzusammenhängend, denn ich bin ganz furchtbar aufgeregt – von meiner Entscheidung und vom mittlerweile dritten Milchkaffee. Schließlich ist es bald vorbei mit dem Koffein und das will ich doch noch so richtig ausnützen. Allerdings rast mein Puls und das Telefon in meiner Hand zittert unkontrolliert.
»Ähm, Süße …«, sagt Kati, nachdem sie meinen Redeschwall über sich hat ergehen lassen, ohne mich nur einmal zu unterbrechen, »vergisst du nicht ein wichtiges Detail?«
»Welches denn?«
»Ich will ja kein Salz in die Wunde streuen, aber meinst du nicht, dass das Leben dir zu diesem Zweck neben den ganzen Zeichen auch einen Mann schicken sollte?«
»Brauche ich nicht«, sage ich brüsk.
»Ganz recht«, jetzt benutzt sie ihre Therapeutenstimme, die sie sich in ihrem zwei Semester währenden Psychologiestudium angewöhnt hat und die sie bei passenden Gelegenheiten hervorzukramen pflegt, »du brauchst keinen Mann. Jedenfalls nicht, um glücklich zu sein und ein erfülltes Leben zu führen. Aber um ein Baby zu machen …«
»… brauche ich auch keinen. Nur ein paar von seinen besten Schwimmern. Und deshalb gehe ich heute Nachmittag zur Samenbank.« Ohrenbetäubendes Schweigen schlägt mir vom anderen Ende der Leitung entgegen. »Bist du noch da?«
»Ja, ich bin hier. Sag mal, ist das wirklich dein Ernst?« Ich nicke heftig, was sie aber nicht sehen kann.
»Mein heiliger Ernst.«
»Was ist denn in dich gefahren?«
»Die Erkenntnis, dass ich auf keinen Fall ein Leben ohne Kind führen möchte. Und dass es irgendwann zu spät für ein Baby sein könnte. Wusstest du, dass manche Frauen schon mit Anfang dreißig in die Wechseljahre kommen?«
»So ein Quatsch.«
»Doch. Ich habe gestern so eine getroffen.«
»Aber das ist doch die absolute Ausnahme«, versucht Kati mich zu beruhigen. »Das passiert dir doch nicht.«
»Woher willst du das wissen? Was ist, wenn ich in zwei Jahren ohne ein einziges befruchtungsfähiges Ei im Leib dasitze? Nein, nein. Ich will ein Baby. Jetzt.«
»Und du hast dir das gut überlegt?«
»Ja«, sage ich schlicht und Kati antwortet im selben Tonfall: »Gut. Wo ist diese Samenbank?«
»Irgendwo in Altona.«
»Gut, ich komme natürlich mit.«
Genau das ist der Grund, warum ich Kati und niemanden sonst in meine Pläne eingeweiht habe. Weil ich mich auf ihre Unterstützung verlassen kann. Und so stehen wir ein paar Stunden später gemeinsam vor einem sehr modernen, kastenförmigen Gebäude, dessen riesige Fensterfronten in der Nachmittagssonne glitzern. Unter seinem lautstarken Protest binde ich Idefix an dem »Wir müssen leider draußen bleiben«-Schild an und streichle ihm kurz über den Kopf.
»Wir sind gleich wieder da. Mach schön Platz.«
Die automatischen Glastüren öffnen sich lautlos und wir betreten einen hohen, mit hellem Teppich ausgelegten Empfangsraum, in dessen Mitte ein geschwungener, weißer Tresen steht.
»Irgendwie hatte ich mir eine Samenbank anders vorgestellt«, wispert Kati mir zu, und ich nicke. Ich hatte auch etwas anderes erwartet, auch wenn ich nicht genau weiß, was. Wohl kaum ein mit Panzerglas umschlossenes Kassenhäuschen und einen Bankangestellten, der kleine Ampullen mit einer weißlichen Substanz herausgibt. Der Eingangsbereich des »Instituts für Samenspende« sieht jedenfalls eher aus wie eine erst kürzlich eröffnete Wellness-Oase.
»Guten Tag«, zwitschert die ganz in Weiß gekleidete Rezeptionistin mit dem blonden Pferdeschwanz. »Haben Sie einen Termin?«
»Äh, nein.« So was Blödes. Das wäre wahrscheinlich sinnvoll gewesen.
»Verstehe.«
»Ich möchte ein Kind bekommen«, sage ich hastig und ihre hochgezogenen, perfekt gezupften Augenbrauen sagen mir, dass das eine eher unnötige Information war. Erwartungsvoll sieht sie mich an und ich schaue Hilfe suchend zu Kati, die in den auf dem Tresen ausliegenden Flyern herumblättert und dabei
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