Liebe mit beschrankter Haftung
Daniel schiebt sich ebenfalls einen in den Mund. Und zwar im Ganzen. Er kaut angestrengt, schluckt und sagt: »Da kann ich ja von Glück sagen, dass du hier heute nicht schwanger aufgetaucht bist.«
»Sehr witzig«, sage ich verstimmt und nehme noch einen Bissen. »Nur um dich aufzuklären: So schnell geht das alles nicht. Glaubst du, die geben einem da Sperma und zack, ist man schwanger?«
»Nein, aber du denkst das offenbar. Wie kommst du eigentlich auf eine dermaßen absurde Idee? Ein Kind kriegt man doch nicht aus einer Laune heraus.«
»Das war keine …«, setze ich zu einer Verteidigung an, aber er lässt mich nicht zu Wort kommen.
»Meine Güte, Schneewittchen, ein Baby schafft man sich doch nicht einfach so an wie einen Massagesessel.« Damit spielt er auf einen meiner mitternächtlichen Spontankäufe im Internet an, die mir dann und wann passieren und sich meistens im Nachhinein als Fehler entpuppen. Wie in dem erwähnten Fall, als das Monstrum von einem Möbelstück verhinderte, dass ich mich in meinem Wohnzimmer auch nur umdrehen konnte. Nach wenigen Wochen habe ich meinen Fehler eingesehen und das gute Stück mit einem Verlust von neunzig Prozent bei eBay wieder verkauft. »Und vor allem kannst du es nicht einfach so zurückgeben, wenn es dann doch nicht in dein Leben passt.«
»Du kannst doch ein Kind nicht mit einem Stuhl vergleichen!«
»Eben!«, sagt er nachdrücklich.
»Wo er Recht hat, hat er Recht«, meint Kati.
»Fall du mir noch in den Rücken«, sage ich gekränkt, »du bist ja schon schwanger. Und du«, damit wende ich mich an Daniel, »du kannst sowieso überhaupt nicht mitreden. Du kannst mich verurteilen, so viel du willst, du weißt einfach nicht, in was für einer Situation ich mich befinde. Du kannst das nicht nachvollziehen. Männer werden ja nicht älter, bloß interessanter. Du kannst auch mit siebzig noch ein Kind zeugen, wenn du willst. Da gab es doch gerade erst dieses Beispiel von dem Promi, wie hieß er doch gleich? Ist ja auch egal. Jedenfalls kannst du dein Leben lang Babys machen. Ich nicht. Ich habe ein Verfallsdatum. Irgendwann komme ich in die Wechseljahre und dann ist Schluss. Und ich sterbe einsam und allein. Ich will mein Lebensglück einfach nicht davon abhängig machen, ob sich vielleicht doch irgendwann noch ein Mann dazu herablässt, mit mir zusammen sein zu wollen.« Daniels Hand bahnt sich einen Weg zu meiner und umschließt sie. Der Blick seiner warmen, braunen Augen ist jetzt voller Mitgefühl.
»Schneewittchen. Du redest wirres Zeug.«
»Ich verstehe einfach nicht, warum ich als alleinstehende Frau nicht zur Samenbank gehen kann.«
»Das geht aufgrund der Rechtslage nicht.«
»Das hat mir die Trulla dort auch gesagt. Ich versteh es nur nicht.«
»Wenn das Kind nicht in eine Ehe oder eheähnliche Gemeinschaft hineingeboren wird, kann man nicht ausschließen, dass der Spender irgendwann zur Verantwortung seiner Vaterschaft herangezogen wird.«
»Geht das auch auf Deutsch?«
»Ohne Vater gibt es von Rechts wegen auch keinen Vater, also niemanden, der die väterlichen Rechte und Pflichten gegenüber dem Kind innehat. Also könntest du irgendwann zu dem Spender gehen und ihn zum Beispiel auf Unterhalt verklagen.«
»Und das ist alles? Dann ist das doch kein Problem.« Eine leise Hoffnung keimt in mir auf. »Ich kann ja unterschreiben, dass ich das nicht tun werde.«
»So einfach ist das leider nicht.« Daniel zuckt bedauernd mit den Schultern. »Schneewittchen, ich würde dir gerne ein Versprechen abnehmen.« Misstrauisch sehe ich ihn an.
»Was denn für eins?«
»Dass du ab jetzt keiner deiner spontanen Ideen mehr folgst, ohne erstens eine Nacht darüber geschlafen und zweitens mich konsultiert zu haben. Können wir uns darauf einigen?«
»Hm«, mache ich unbestimmt, während ich darüber nachdenke. »Ich bin nun mal ein spontaner Mensch.«
»Irrtum! Du bist eine impulsive Romantikerin, der jegliche Form von Verstand abgeht, wenn sie sich auf einem ihrer Trips befindet.«
»So eine Frechheit. Nur damit du es weißt, ich wäre durchaus nicht so blauäugig in diese Sache reingerannt, wie du jetzt vielleicht denkst. Ich wünsche mir seit Jahren ein Kind. Ich hätte längst eins, wenn Timo nicht so stur gewesen wäre. Und ich habe mir schon etliche Gedanken gemacht, wie ich es als alleinerziehende, berufstätige Mutter schaffen könnte. Mit dem Elterngeld würde ich im ersten Jahr ganz gut über die Runden kommen. Und für danach habe ich
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