Liebe mit beschrankter Haftung
bloß anders, als er denkt.
»Na schön«, seine Augen fixieren mich noch immer misstrauisch, aber er entspannt sich ein wenig, »also, eigentlich hatte ich schon vor, irgendwann mal eine Familie zu gründen. Ich liebe nämlich Kinder.« Bei diesen Worten muss ich meine Mundwinkel unter Kontrolle halten. Wenn ich jetzt anfange, breit über das ganze Gesicht zu grinsen, ergreift er sofort die Flucht. Deshalb nicke ich nur knapp und warte, dass er weitererzählt. »Aber mit dem Traum von der großen Liebe habe ich auch den von einer Familie aufgegeben. Beziehungen halten heute sowieso nicht mehr. Ich sehe es ja überall um mich herum. Die meisten meiner Freunde sehen ihre Kinder höchstens jedes zweite Wochenende und zahlen sich ansonsten dumm und dusselig. Nee, das ist nicht meine Vorstellung vom Kinderhaben.«
»Sag mal, wie alt bist du eigentlich?«, erkundige ich mich.
»Achtunddreißig, wieso?« Perfekt. Ich mache einen weiteren Haken auf meiner imaginären Liste.
»Nur so. Erzähl weiter.«
»Da gibt es nicht mehr zu erzählen. Das war’s.«
»Hm. Und wie lange ist deine letzte Beziehung her? Ich meine, deine letzte richtige Beziehung. In der du die Frau noch geliebt hast. Oder zu lieben glaubtest.«
»Ein knappes Jahr«, gibt er zurück, und ein Schatten huscht über sein Gesicht. Mehr will er zu dem Thema offensichtlich nicht sagen, aber das muss er auch gar nicht. Ich kann mir schon in etwa denken, was vorgefallen ist. Wahrscheinlich hat sie ihm das Herz gebrochen, ihn betrogen, vielleicht sogar mit seinem besten Freund, irgendwas in der Richtung wird es wohl gewesen sein.
»Ich verstehe. Ich möchte dir einen Vorschlag machen.«
»Doch Sex?« In seinen eben noch traurig dreinblickenden Augen blitzt es so herausfordernd auf, dass ich lachen muss.
»Nein«, antworte ich, »oder doch. Aber hör mir jetzt bitte einfach mal zu.«
Kapitel 8
»Er hat WAS?«, brüllt Kati so laut in den Hörer, dass ich mein Telefon schleunigst ein Stück vom Ohr weghalte.
»Er hat ja gesagt«, wiederhole ich und kann es nicht verhindern, dass ich dabei über das ganze Gesicht grinse.
»Einfach so? Hat der ’nen Knall?«
»Was soll das denn heißen?«
»Entschuldige. Lass mich korrigieren: Habt ihr beide ’nen Knall?«
»Kannst du dich nicht einfach für mich mitfreuen?«, frage ich beleidigt, was sie dazu verleitet, ihre Lautstärke noch um ein paar Dezibel hochzudrehen.
»Mitfreuen? Mia, du weißt doch überhaupt nichts von diesem Kerl.«
»Kannst du mal aufhören, mich so anzuschreien?«
»Sorry! Aber jetzt mal ehrlich, Süße, was ist denn bloß los mit dir? Eine Familie zu gründen, so was plant man doch nicht an einem einzigen Abend bei einem Glas Wein. Und nicht mit einem Wildfremden.«
»Wie lange kanntest du Paul noch mal, als du dich von ihm hast schwängern lassen?«, frage ich spitz.
»Okay, ein Punkt für dich. Ich gebe zu, dass das auch nicht gerade verantwortungsbewusst war. Aber ich war einfach vollkommen verrückt nach ihm. Mein Hirn war ausgeschaltet. Die Ausrede hast du nicht, schließlich bist du nicht verliebt in den Kerl. Oder?« Sie klingt plötzlich alarmiert. »O Gott, Mia, ist es das? Bist du verknallt in den Typ? Dann könnte ich dir wenigstens folgen, statt nur Bahnhof zu verstehen.«
»Natürlich nicht«, gebe ich heftig zurück. »Darum geht es doch gerade bei der ganzen Sache. Kein irrationales Geturtel, keine Projektionen. Ich habe doch gesagt, dass ich mich nicht verlieben will.«
»Als ob das immer so einfach wäre.«
»Ich habe jetzt andere Prioritäten.«
»Da bin ich aber erleichtert. Und ich hoffe, zu diesen Prioritäten gehört auch, dir nicht durch eine kopflose Aktion dein Leben zu … o Gott«, unterbricht sie sich selbst, »der Typ könnte ein Axtmörder sein.«
»Jetzt werd nicht albern. Ist er nicht.«
»Woher willst du das wissen? Du weißt nichts über ihn«, wiederholt sie.
»Ich weiß eine ganze Menge über ihn«, stelle ich klar, »wir haben bis ein Uhr in der Nacht geredet und uns einen genauen Plan gemacht, wie wir vorgehen werden. Außerdem hatte ich mir vorher eine Checkliste gemacht, die ich Punkt für Punkt mit ihm abgearbeitet habe.«
»Eine Liste? Und was stand da drauf?«
»Alles, was man so von jemandem wissen muss, mit dem man sich die nächsten achtzehn Jahre die Verantwortung für ein Kind teilen will«, antworte ich würdevoll. »Was er beruflich macht, Krankheiten, frühe Todesfälle in der Familie, Allergien, sein Verhältnis zu
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