Liebe mit Schuss
Rawlins mag ja alles Mögliche sein, aber ein Mörder wahrscheinlich nicht. Trotzdem solltest du dich von uns verkabeln lassen, Zuckerlippe. Damit wir keine bösen Überraschungen erleben.«
Jamie wirkte nicht überzeugt.
»Es ist so«, fuhr Max daraufhin fort. »Diese Verabredung mit Rawlins gefällt mir ganz und gar nicht, aber weil die Sache jetzt nun schon mal fix ist, werde ich mitmachen. Aber nur, ich wiederhole: nur, wenn du dich verkabeln lässt. Ich will immer und zu allen Zeiten wissen, wo du bist. Ansonsten blase ich die ganze Sache ab.«
Ihre Blicke kreuzten sich in einem stummen, erbitterten Duell. »Und wenn Harlan den Draht nun findet?«, meinte sie spitz.
Max’ Blick war unbeugsam. »Wohl kaum. Solange du die Klamotten anbehältst.«
Muffin begrüßte Max und Jamie mit verdrießlicher Stimme, als diese gegen halb elf in den Pick-up stiegen, um nach Knoxville zu fahren. »Diese Töle winselt in einer Tour. Das geht mir tierisch auf die Nerven.«
»Ich weiß, er ist im Moment ein bisschen lästig, Muffin«, beschwichtigte Jamie. »Aber ich weiß nicht, wohin sonst mit ihm.«
»Versuch’s doch mal mit dem Tierheim.«
»Ihn würde doch niemand nehmen.«
»Ist er so hässlich?«
Jamie und Max schauten sich gleichzeitig zu besagtem Tier um. Flohsack hockte auf der Ladefläche, die Schnauze gegen die Heckscheibe gedrückt. Max zuckte die Achseln, Jamie grinste. »Ach, ich finde ihn eigentlich ganz süß«, meinte sie.
»Na ja, es könnte schlimmer sein«, seufzte Muffin. »Ihr könntet mich auf irgendein Motorrad geschnallt haben. Oder auf den Rücken eines Esels.«
»Weißt du, es sollte dir eigentlich schmeicheln, dass wir dich so dringend brauchen«, sagte Jamie, während Max den Wagen in Bewegung setzte. Dave fuhr hinterher. Sie warf Max einen Blick zu. Er wirkte ein wenig abwesend. Sie wusste, warum. Er machte sich ihretwegen Sorgen.
»Und heute ist also D-Day, wie?«, meldete sich Muffin wieder zu Wort. »Das große Date mit Rawlins.«
»Mhm.«
»Und – hast du wieder deine Flittchenklamotten an?«
»Nö. Hab mir ein bisschen was weniger Prolliges gesucht. Wir essen schließlich im Hyatt Regency.«
»Ihr Rock ist sehr knapp. Und sie hat einen von diesen Push-ups an. Ein kleiner Nieser und alles quillt heraus.«
»Ja, und stell dir vor, Muffin«, warf Jamie aufgeregt ein. »Ich bin verkabelt.«
»Wie weit willst du gehen? Würdest du’s mit ihm treiben?« Muffin kannte keine Scham.
Jamie prustete los. »Ich kann nicht glauben, dass du das gerade gesagt hast.«
»Denn falls ja, dann solltest du dich zuvor zum Nasepudern verdrücken und die Leitungen entfernen, denn wenn’s erst mal heiß hergeht, könntest du einen Schlag kriegen.«
»Okay, das reicht. Themenwechsel.« Max war aus seiner Versunkenheit aufgeschreckt. »Hast du schon irgendwas Neues für mich?«
»Ich bin immer noch hinter diesem Santoni her. Aber den scheint’s nicht zu geben. Ist nirgends zu finden, unter keinem der Decknamen, die er benutzt. Ich hab alles überprüft. Kein Grundstück, keine Wohnung, keine Stromrechnung, nichts dergleichen. Ich vermute, die Verwandtschaft hat ihm eine ganz neue Identität verschafft, bevor sie ihn nach Knoxville in die Verbannung geschickt haben.«
»Vielleicht wohnt er ja in Sweet Pea«, überlegte Max. »Ist hübsch ruhig und abgelegen. Ein Kerl wie er würde das höchstwahrscheinlich begrüßen.«
»Ich suche weiter. Was Harlan Rawlins betrifft, da habe ich sämtliche Polizeiakten im Umkreis von dreihundert Meilen überprüft. Es gibt hier in der Gegend jede Menge häuslicher Gewaltdelikte, was wahrscheinlich an der Armut liegt. Die Arbeitslosenrate ist hier sehr hoch. Über Harlan liegt nichts vor, keine Verhaftung oder Ähnliches. Aber als ich in den Unterlagen der örtlichen Krankenhäuser gestöbert habe, hab ich doch tatsächlich was Interessantes gefunden. Harlans Frau war zweimal in der Notaufnahme; einmal wegen eines gebrochenen Handgelenks. Ein Reitunfall, behauptet sie. Und das andere Mal wegen einer Gehirnerschütterung, angeblich ebenfalls von einem Sturz. Von demselben Pferd. Ist angeblich mit dem Kopf gegen einen Baum geprallt.«
»Klingt eigentlich glaubwürdig«, meinte Jamie.
»Klingt, als sollte sie sich schleunigst ein anderes Pferd suchen«, widersprach Max. »Oder einen anderen Ehemann«, fügte er hinzu. »Falls Rawlins wirklich seine Frau verprügelt und Santoni das weiß, dann hätte er ihn allein damit schon in der Hand.« Er lenkte den
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