Liebe mit Schuss
auf und ab. Meine Güte, sie hatte gar nicht gemerkt, wie spät es schon war. Sie und Michael hatten schon fast zwei Stunden lang geredet, als sie zum ersten Mal auf den Gedanken kam, einen Blick auf ihre Uhr zu werfen. Daraufhin hatte sie sich eiligst verabschiedet. Leider hatte sie nicht mehr aus Michael herausbekommen, beinahe als fürchtete er, schon viel zu viel gesagt zu haben. Was nicht heißen sollte, dass sie jetzt aufgeben würde.
Ihre Reifen waren kaum zum Stillstand gekommen, da riss Max auch schon ihre Fahrertür auf. »Wo zum Teufel bist du gewesen?«
»Ich hab doch gesagt, dass ich zu Wal-Mart fahre.«
»Dort waren wir gerade. Und du warst weder drinnen noch im Restaurant zu finden. Und deine Karre stand auch nicht auf dem Parkplatz. Ich hab mindestens ein Dutzend Mal versucht, dich anzurufen. Was war denn los?«
»Hast du mir etwa hinterherspioniert?« Jamie merkte, dass sie den Kopf schief gelegt hatte, so wie Flohsack, wenn sie ihn fragte, ob er mal Gassi musste.
»Nein, ich hab dir nicht nachspioniert; ich hatte Angst, dass dir vielleicht im Wagen schlecht geworden ist oder sonst was. Jamie, du warst drei Stunden lang weg!«
Seine Besorgnis war echt, das konnte Jamie sehen. Sie hätte ihm gerne die Wahrheit gesagt, über Michael und über ihr Treffen, aber sie musste zuerst einmal selbst über alles nachdenken. Sie hatte geschworen, kein Wort zu sagen. Hatte es geschworen. Und Regel Nummer eins für den guten Journalisten lautete: Gib nie deine Quelle preis. Besonders dann nicht, wenn daraus noch was zu holen ist. Nein, besser wenn sie erst mal den Mund hielt. Trotzdem, es kam ihr fast wie ein Verrat an Max vor, es ihm nicht zu erzählen.
»Jamie?«
»Ja?« Diesmal hatte Max den Kopf schief gelegt.
»Ich habe einfach nicht gemerkt, wie spät es schon ist, in Ordnung? Und ich muss wohl vergessen haben, mein Handy anzumachen. Tut mir Leid, dass du dir meinetwegen solche Sorgen gemacht hast.«
Jamie sah Dave am Bennett-Electric-Lieferwagen lehnen. Sein Unterarm war dick eingebunden, sein Blick starr auf Flohsack gerichtet.
»Ist das Ihr Hund?«, fragte er. Als Jamie nickte, runzelte er skeptisch die Stirn. »Ich bin allergisch gegen Hundehaare. In Hundehaaren wimmelt’s nur so von Staubmilben.«
»Es wimmelt überall von Staubmilben, Dave«, warf Max gereizt ein. »Sogar auf deiner Haut.«
»Gegen Pudel oder italienische Windhunde bin ich nicht so allergisch«, fuhr er fort, als hätte er Max überhaupt nicht gehört. »Ach ja, oder diese haarlosen mexikanischen Hunde, die sind auch in Ordnung. Ich wünschte, Sie hätten einen Pudel«, sagte er vorwurfsvoll zu Jamie.
Jamie schaute Flohsack an, der ihr aus dem Wagen gefolgt war. Sie versuchte sich ihn als Pudel vorzustellen, aber es gelang ihr nicht. »Keine Angst, er ist ein richtig guter Hund«, beruhigte sie Dave.
»Bist du nicht sowieso gegen alles geimpft?«, erkundigte sich Max bei Dave.
Der achtete nicht auf ihn. »Meine Augen fangen schon an zu jucken.« Er trat einen Schritt auf Max zu. »Na, werden sie schon rot? Sind sie schon geschwollen?«
»Sehen vollkommen normal aus.«
»Ich werde versuchen, Ihnen den Hund vom Hals zu halten«, versprach ihm Jamie.
Dave seufzte. »Na ja, ich kann ja schon mal meine Antihistamindosis verdoppeln. Aber ich werde wohl noch mal ins Krankenhaus gehen und mir ’ne Spritze geben lassen müssen.«
Max wandte sich wieder an Jamie. »Dave fährt uns hinterher, wenn wir uns auf den Weg nach Knoxville zu deinem Rendezvous machen.«
»Wir?«
»Ich werde mit dir fahren, zumindest einen Teil der Strecke, damit ich immer gleich das Neueste von Muffin bekomme. Und im Hotel werden Dave und ich in der Nähe bleiben, damit wir im Fall des Falles eingreifen können.«
»Und wenn Harlan dich nun erkennt?«
»Der wird mich gar nicht zu Gesicht kriegen.« Er hielt inne. »Glaub mir, dieser Scheinheilige führt irgendwas im Schilde, ansonsten hätte er dich wohl kaum zum Essen in ein Hotel eingeladen. Im Nachbarort.«
»Er ist ein Weiberheld, Max. Das heißt noch lange nicht, dass er gefährlich ist.«
»Und was machst du, wenn er sich mit dir ein Zimmer nehmen will?«
Daran hatte Jamie selbst schon gedacht. Und in gewisser Weise vorgeplant. Sie hatte ein extra starkes, rasch wirkendes Abführmittel gekauft, das sie ihm im Notfall in den Kaffee oder den Tee schütten würde. Wahrscheinlich eine dumme Idee, aber was Besseres fiel ihr einfach nicht ein. Und weil es eine so dumme Idee war, hatte sie
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