Liebe oder so
Carolin.
„Lass mich erstmal nachdenken .“
„Was gibt’s denn da nachzudenken? Das ist doch die G elegenheit, mal wieder in die Gänge zu kommen!“
Zugegeben, da hatte sie Recht. Das Angebot klang verl ockend, aber irgendwie hatte sie nie verstanden, dass es für mich Tage gab, an denen mir einfach nicht danach war, gewisse Dinge zu tun. Und wenn es darum ging, sich auf einen Job zu bewerben, musste ich mich erstmal in Ruhe darauf vorbereiten.
„Mach schon!“
Ich sah ein, dass es keinen Wert hatte. Wenn sie sich für etwas begeisterte, konnte man sie so schnell nicht mehr davon abbringen. Also nahm ich das Telefon und wählte die angegebene Nummer. Eine schnarrende Frauenstimme meldete sich, ich stellte die erste Frage und wurde kommentarlos in eine Warteschleife gelegt. Die junge Frau, die danach dran war, hieß Mathieu. Sie klärte mich über die Teilnahmebedingungen des Ideenwettbewerbs auf und meinte abschließend: „Das Honorar wird allerdings nicht sehr hoch ausfallen. Leider können wir die Gewinner nur für die Zeitdauer dieses Projektes als freie Mitarbeiter beschäftigen.“
„Das m acht nichts, ich bin Lebenskünstler.“
„Wie bitte?“ , fragte sie.
„Soll ich die Sachen zu Ihren Händen schicken, wenn ich fertig bin?“
„Das können Sie, es reicht aber auch, wenn Sie einfach Ideenwettbewerb als Betreff angeben.“
„Nein, nein, Sie sind mir sympathisch . Mathieu “, notierte ich mir laut. „Wenn’s Ihnen recht ist, würde ich meine Entwürfe gerne von Ihnen prüfen lassen.“
„Wie Sie möchten. Die Entscheidung fällen allerdings unsere Creative Directors.“
Ich fand, dass ich mich gut geschlagen hatte. Es ging nichts über einen persönlichen Ansprechpartner, im Allgemeinen waren die Verlage geizig darin, Namen rauszurücken.
„Und?“, fragte Caro.
„Alles klar“, sagte ich, „das Ding ist schon fast im Ka sten.“
Die Comics waren damit fürs Erste gestorben. Ich besorgte mir flugs in der Leihbücherei einen Stapel Kinderbücher mit Abbildungen von Drachen, um mir einen Überblick zu verschaffen und ein wenig mit Körperformen zu experimentieren.
Helene schüttelte den Kopf, als sie mich so sah, in krummer Haltung über die Entwürfe auf meinem Wohnzimmertisch gebeugt.
„Du solltest dir ein Arbeitszimmer einrichten, so kann doch kein Mensch zeichnen.“
„Ich schon.“
„Gut ist das aber nicht für deinen Rücken“, meinte sie. „Außerdem solltest du wieder ins Bett gehen.“
Ihre Fürsorge fand ich rührend. Sie hatte extra für mich Sauerbraten gemacht, ich wusste das, weil Ludwig sich einmal darüber beschwert hatte, dieses Gericht werde nur bei meinen Besuchen aufgetischt. Dass ich Sauerbraten nicht besonders mochte, konnte sie nicht wissen, schließlich hatte ich es bloß ein Dutzend Mal erwähnt.
Brav leerte ich in ihrem Beisein meinen Teller und ließ mir nachlegen. Ich war jetzt zweiun ddreißig, seit Jesus Chr. wissen wir, dass dies ein heikles Alter ist. Wenn man vorhatte, länger als er zu überleben, durfte man es sich mit den wenigen Menschen, die zu einem hielten, nicht verderben.
Es läutete an der Tür, Helene machte für mich auf.
„Eine Marie für dich“, sagte sie etwas ratlos. Ich fühlte mich an die Zeiten erinnert, in denen ich noch bei meinen eigenen Eltern gewohnt hatte.
„Hi!“, rief Marie, als sie in der Tür auftauchte.
„Hi! Wo sind deine Stiefel?“ Sie trug Turnschuhe und eine abgewetzte Cordhose, den Blickfang bildeten diesmal ihre Haare, die zu kleinen Schnecken gefloc hten waren.
„Sind nass geworden. Wie geht’s dir?“
„So lala. Darf ich dir meine Fast-Schwiegermutter vorstellen?“
„Fast-Schwiegermutter?“ Marie lächelte, Helene nicht.
„Erklär ich dir ein anderes Mal. Sie sorgt dafür, dass ich nicht an meiner Grippe verhungere.“
„Nett von ihr.“
„Ich gehe dann mal.“ Helene räumte ihre Töpfe und Schüsseln wieder in die Plastiktüte, die sie bei ihren Besuchen stets mitbrachte. „Du kommst ja wohl zurecht.“
„Aber j a. Und vielen Dank für den Braten.“
Sie schenkte mir einen merkwürdigen Blick. „Wiedersehen dann.“
„Wiedersehen“, sagte Marie.
„Holst du uns was zu trinken?“, fragte ich sie, als Helene gegangen war.
„Ein Bier?“
„Jow. Ich kann keinen Tee mehr sehen.“
Marie brachte zwei Flaschen und setzte sich auf meinen Schoß. „Du glühst ja! Was hältst du von Fiebermessen?“
„Im Allgemeinen nicht so viel .“
Sie steckte mir das
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