Liebe oder so
Dremm“ stand auf einem Schild.
„Sie sind gelernter Lackierer?“, meinte er, ohne aufz usehen.
„Schon. Aber -“
„Hm-m.“ Er tippte weiter.
„Aber ich bin nicht mehr in dem Beruf tätig“, sagte ich.
Dremm sah auf. „Wie?“
„Ich arbeite nicht mehr in dem Beruf. Asthma, verstehen Sie? Das Attest dazu finden Sie in meinen Unterlagen.“
„Aha.“ Er warf einen Blick in meine Papiere. „Nun, ich hätte Ihnen ohnehin wenig Hoffnung machen können. Lackierer sind z urzeit nicht gesucht.“
„Ja, ich weiß. Aber wie gesagt, meinen Beruf kann ich nicht ausüben, und außerdem war er damals sowieso nur eine Notlösung gewesen.“
„Wieso?“
Tja, das versuchte ich meinen Arbeitsberatern nun schon seit zwölf Jahren immer wieder zu erklären.
„Weil es in meinen Traumberufen keine Lehrstellen gab. Weil sie deshalb nicht zu realisieren waren. Weil alle damals meinten, ich solle was Vernünftiges lernen. Weil ich unsinnigerweise dachte, Lackierer übten einen halbwegs kreativen Beruf aus…“
„Kreativ?“, fragte Dremm.
„Ich sagte ja schon, es war eine blöde Idee.“
„Aber Sie haben den Beruf schließlich erlernt?“, vergewi sserte er sich und warf einen Blick in Richtung Bildschirm.
„Hören Sie, machen wir’s kurz“, sagte ich. „Mein Beruf steht ja ohnehin nicht zur Debatte. Ich hab inzwischen als Jackenverkäufer gearbeitet, Dosenfrüchte verpackt, Pizza ausgefahren und zuletzt Bilderrahmen hergestellt. Sie sehen also, ich bin nicht wählerisch. Wenn Sie was im kreativen Bereich dahaben, wär ich sehr interessiert. Also?“
Dremm verzog das Gesicht zu einer säuerlichen Mi ene. Er mochte kaum fünfundzwanzig sein und stand vermutlich gerade am Anfang einer langen, langen Karriere im mittleren Beamtendienst.
„Nun, wir sollten zunächst einmal die unmittelbar für Sie in Frage kommenden Stellenangebote durchgehen. Wie gesagt, für Lackierer ist das Angebot im Augenblick sehr begrenzt-“
„Ich dachte, den Lackierer hätten wir schon abgehakt“, unterbrach ich ihn.
„Ja, wie schon erwähnt, die Lackierbetriebe...“
Als ich den Raum zehn Minuten später verließ, waren wir keinen Schritt vorangekommen. Über meinem Kopf klackerte das Zählwerk, ich gab dem nächsten die Klinke in die Hand. Eigentlich hätte ich noch im Nebengebäude mein Arbeitslosengeld beantragen müssen, aber in Anbetracht der späten Stunde beschloss ich, dies auf morgen zu verlegen. Für heute hatte ich genug angestanden.
Gegenüber vom Arbeitsamt gab es einen kleinen Ste himbiss, ich gönnte mir eine Portion Döner und einen riesigen Salatteller. Der Typ hinter der Theke trug zur Baseballkappe mit Eminem-Aufnäher das passende T-Shirt. Bei diesen Burschen konnte man froh sein, wenn sie einem nicht ins Essen spuckten, die hatten nichts zu verlieren und waren unsterblich. Ich steckte mein Wechselgeld ein und verzog mich an einen der Stehtische im hinteren Teil des Ladens.
Aziz kam herein und wurde lautstark begrüßt. Offenbar kannte man ihn und seinen Neffen hier gut, der Junge flitzte gleich hinter die Theke und bediente sich selbst. Es dauerte nicht lange, bis Aziz mich entdeckte, ich winkte ihm zu, und er kam zu mir herüber.
„Willst du ein Stück türkischen Honig für hinterher?“, fragte er.
„Danke, aber von dem Zeug krieg ich Ausschlag.“
Er lac hte.
„Wie war’s da drin?“ Ich wies durch das Schaufenster in Richtung Arbeitsamt.
Er winkte ab. „Das Übliche, die halten mich hin.“
„Da bist du ja endlich!“, rief jemand und legte ihm die Hand auf die Schulter. Ein dicker Türke schob sich zwischen uns und schüttelte Aziz überschwänglich die Hand, ehe er sich mir zuwandte. „Und du musst Yusuf sein. Komm nachher in den Hof, dann zeig ich dir den Kram. Kannst du nen Transporter fahren?“
„ Ibrahim, das ist nicht Yusuf“, unterbrach ihn Aziz.
„Nicht?“
„Nein. Wir haben uns eben erst auf dem Arbeitsamt kennen gelernt.“
„ Oh.“
„Macht ja nichts “, sagte ich, „aber nen Transporter kann ich fahren, falls ihr Bedarf habt.“
„Ist schon gut, wir haben ja einen Fahrer - wenn er denn kommt“, meinte Ibrahim. „Seid ihr versorgt?“ Er warf einen Blick auf meinen Teller. „Wie wär’s mit türkischem Honig für hinterher?“
„Davon kriegt er Ausschlag “, sagte Aziz.
„Dann hast du noch keinen richtigen probiert. Ich bring dir welchen, ist wirklich gut. Du wirst sehen, der gibt dir Manneskraft .“ Und schon war er wieder weg.
„ Ibrahim
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