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Liebe oder so

Liebe oder so

Titel: Liebe oder so Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Holger Montag
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Thermometer in den Mund und hatte nun ausgiebig Gelegenheit, mir von all dem zu erzählen, was ihr gerade durch den Kopf ging und was sich während der vergangenen Woche in ihrem Leben ereignet hatte. Ich hatte Fieber und war verrückt nach ihr, ich konnte gar nicht genug davon kriegen.
    Ihre Tante hatte ihren 50. Geburtstag gefeiert und die ganze Familie zum Organisationskomitee erklärt, um ihn in gebührender Weise begehen zu können. Vier Tage lang schufteten alle auf den großen Tag hin, um es der Tante recht zu machen, bei der am Ende lediglich der Eindruck hängen blieb, die Musik sei zu laut gewesen.
    Irgendwie schaffte es Marie, mir von den Ereignissen zu berichten, ohne ihren Jochen zu erwähnen , der sie zweifellos begleitet hatte. Sie wirkte gegenüber unserem letzten Treffen wie ausgewechselt. Ich nahm mir vor, mich mit ihr nach Möglichkeit nur noch bei mir zu Hause zu treffen. Man sollte den Heimvorteil nie unterschätzen.
    „Neununddreißigvier“, sagte ich schließlich mit Blick auf die Skala, „nur ein bisschen erhöhte Temperatur.“
    „ Wie viel ?“ Maries Hand lag kühl auf meiner Stirn, sie fühlte noch einmal nach, als könne sie die genannte Zahl auf diese Weise überprüfen.
    „Halb so wild“, versicherte ich ihr, „ sieh mal, es geht mir prima. Das muss an dir liegen, vor zehn Minuten hatte ich noch Normaltemperatur.“
    „Dann sollte ich wohl lieber wieder gehen .“ Sie machte Anstalten, wieder aufzustehen.
    „ Schon gut, ich hab gelogen. Eben waren es noch vierundvierzig Grad. Du musst bleiben.“
    Sie sah sich meine Skizzen durch und lachte. „Hier, die g efällt mir.“
    „ Dann schenk ich sie dir.“
    Marie zögerte einen Moment, nahm die Zeichnung aber dann doch an sich und küsste mich. Sie war mir nicht mehr ganz fremd, aber auch noch nicht wirklich vertraut, und dieser Zustand dazwischen reizte mich. Vieles war neu für mich, aber einiges erkannte ich wieder: Ihren Gang, den Geruch ihrer Haut und die Unruhe, mit der sie sich durch meine Wohnung bewegte.
    Sie blieb den Nachmittag über bei mir, wechselte me ine Bettwäsche, räumte ein wenig auf und gab sich alle Mühe, die durch ihr Verhalten entstandene Distanz zwischen uns durch diese Vertraulichkeiten wieder abzubauen. Ich verriet ihr nicht, dass das gar nicht nötig war.

 
    21
     
    In der darauffolgenden Woche zog Carolin bei mir ein. Sie hatte nur einen Koffer und ihre Laufschuhe dabei, den Computer würde Armin in den nächsten Tagen vorbeibringen. Er war nicht mitgekommen, Caro hatte die Straßenbahn genommen und war den Rest gelaufen. Wir einigten uns darauf, dass unsere WG erstmal nur auf Probe sei und ich Carolin so lange Zeit ließe, bis sie entschieden hatte, wie es weiterging.
    Was Marie und mich betraf, so waren wir noch nicht wesentlich weiter gekommen. Ein paar Telefonate, sicher, sie hatte auch noch einmal am Wochenende vorbeigeschaut, aber war es das, was ich wollte? Wenn sie da war, fühlte ich mich wunschlos glücklich. War sie fort, ging mir sofort die Puste aus. Ich hatte das Gefühl, sie schon jetzt mehr zu brauchen, als mir lieb sein konnte. Aber nun war ja wenigstens Carolin hier, das tröstete mich über die Situation hinweg. Umso mehr, als sie eine Sektflasche aus ihrem Koffer zauberte.
    „Hey, worauf trinken wir denn?“, fragte ich.
    „Darauf, dass ich die Windeln wieder abbestellen kann.“
    „Du warst beim Arzt?“
    „Gestern“, meinte sie und schenkte uns ein. Sektgläser besaß ich leider nicht, aber die alten Wassergläser hatten zum Feiern noch immer gereicht. Carolin war eine wahre Meisterin, wenn es darum ging, aus alten Resten ein Festmahl zu zaubern, und fünf Minuten später picknickten wir auf dem Wohnzimmerboden. Ich legte ein paar alte Platten auf und dimmte das Licht, am Ende wurden wir richtig nostalgisch.
    „Schön bei dir“, sagte Carolin.
    „Ja, find ich auch.“
    „Warum bin ich eigentlich nicht schon früher auf die Idee gekommen, bei dir einzuziehen?“
    Ich sah sie an, aber sie erwartete offenbar keine An twort. Caro hielt die Flasche hoch, sie war beinahe leer. „Noch ein Schluck?“
    „Lass mal“, meinte ich, „ich nehm immer noch Med ikamente. Ist vielleicht keine so gute Idee.“
    Seit zwei Tagen arbeitete ich wieder, übermorgen war endgültig Schluss. Zwei letzte Ta ge noch, aber das tat mir nicht weh. Mich schreckte vielmehr der Horror an Behördengängen, Arbeitsamt und so, Caro stand ne Menge mit mir bevor.
    „Okay“, sie schenkte sich den

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