Liebe ohne Schuld
an.
»Sie scherzen!«
»Ich wünschte, es wäre so. Doch Gott hat meine Gebete erst erhört, als noch einmal beinahe fünftausend Männer gefallen waren. Der Arzt hat mir bestätigt, daß Ihre Verwundung bald verheilen wird, mein Junge. Kehren Sie nach England zurück, Burke! Es ist vorbei, jedenfalls für Sie.«
Ja, dachte Burke später, endlich war alles vorbei. Arielle war inzwischen achtzehn Jahre alt und wurde im Oktober neunzehn, wie er sich erinnerte. Alt genug, um zu heiraten. Alt genug für ihn.
Doch was sollte er tun, falls sie sich bereits an einen anderen Mann gebunden hätte?
Daran wollte er nicht denken. Während der vergangenen drei Jahre hatte er hin und wieder Briefe von Lannie erhalten. Ob sie wohl den Grund für seine Bitte erraten hatte, ihm das Leben in Ravensworth und seiner unmittelbaren Umgebung zu schildern? Sechs Monate, nachdem er England verlassen hatte, war Sir Arthur gestorben, und Burke hatte Arielle einen Kondolenzbrief geschrieben, auf den er natürlich keine Antwort erhalten hatte.
Was hatte sie wohl seit dem Frühjahr 1811 gemacht? Lannie hatte ihm über alle Hochzeiten im Umkreis von etwa fünfzig Meilen um Ravensworth berichtet, doch Arielle hatte sie nie erwähnt. Vielleicht wartete sie ja tatsächlich auf ihn.
Dieser Gedanke beflügelte Burke und führte dazu, daß die Verwundung schneller heilte, als der Arzt vorhergesehen hatte.
Zweites Kapitel
Ravensworth Abbey
Juni 1814
Burke fühlte sich in seinem eigenen Haus immer noch nicht recht heimisch. Als achter Earl von Ravensworth war er für jede Seele, die auf seinem Grund und Boden lebte, verantwortlich wie ein absoluter Herrscher, und außerdem war es seine Pflicht, einen Erben zu zeugen, der sein Lebenswerk später fortführen würde. Nachdenklich blickte er sich im sogenannten goldenen Salon mit den zarten, vergoldeten Möbeln und den kostbaren Einlegearbeiten um und hoffte inständig, daß der zierliche Stuhl, auf dem er sich niedergelassen hatte, sein Gewicht auch aushalten würde.
Als Junge hatte er diesen Lieblingsraum seiner Mutter nur äußerst selten betreten dürfen, und irgendwie konnte er sich seine zarte Mutter in diesem prachtvollen, fast etwas überladen wirkenden Raum nur sehr schwer vorstellen.
Seine Schwägerin saß ihm genau gegenüber und strich Poppets Kleid glatt. »Sie sehen wirklich reizend aus, Lannie. Ganz ehrlich, sie sind dir gelungen!«
Lannie lächelte ein wenig und klatschte dann energisch in die Hände.
Augenblicke später erschien Mrs. Mack, die als Virgies und Poppets Kindermädchen fungierte, und nahm die Mädchen bei der Hand, um sie aus dem Salon zu führen.
Unter der Tür drehte Poppet sich um. »Onkel Burke, spielst du nachher noch mit uns?«
»Aber natürlich, Poppet. Ich freue mich sogar darauf. Was werden wir denn spielen?«
»Am liebsten Soldaten«, erwiderte Virgie. »Ich möchte bei dir Sergeant sein und mit Kanonen auf die Franzosen ballern!«
»O je«, entfuhr es Burke voller Erstaunen, »werden wir nicht mit den Puppen Tee trinken?«
Ein verächtlicher Blick war die Antwort, und Lannie seufzte. »Frage mich bitte nicht, Burke! Ich habe keine Ahnung, woher die kleinen Ungeheuer diese blutrünstigen Ideen haben!« Bis die Mädchen endgültig verschwunden waren, stärkte sie sich mit einem kleinen Kuchen und sagte schließlich: »Ich nehme an, daß du jetzt endgültig zu Hause bleiben wirst, Burke?«
»Ja, für mich ist der Krieg vorbei. Und ich hoffe, daß Napoleon uns auch nicht länger Schwierigkeiten machen wird!«
»Ich verstehe immer noch nicht ganz, weshalb Welling ton ihn nicht einfach an die Wand gestellt und erschossen hat, statt so viel Geld auszugeben, um ihn auf einer Insel gefangenzuhalten! Das ist doch völlig verrückt!«
Burke lächelte und überlegte im stillen, ob die Kleinen nicht einiges von der Redeweise ihrer Mutter übernommen hatten. Die gute Lannie hatte sich während seiner Abwesenheit überhaupt nicht verändert. Und wie stand es mit Arielle? Mit Sicherheit war sie inzwischen erwachsen und eine Frau geworden, und bald würde sie seine Frau sein.
Nachdenklich sah Burke Lannie über seine gefalteten Hände hinweg an und überlegte, wie er möglichst unauffällig das Gespräch auf Arielle bringen konnte.
»Ich hoffe, daß du irgendwann einen neuen Verwalter einstellen wirst, denn Cerlew ist ein Flegel. Der Mann rechnet mir in einem fort meine Ausgaben nach, als ob ich irgend jemand wäre! Das ist wirklich ärgerlich!«
Demnach
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