Liebe ohne Schuld
Nur ein ganz kleiner Kuß! Du mußt keine Angst haben. In Ordnung?«
»Tu, was du möchtest.«
»Das werde ich, und im Augenblick ist es mir völlig gleichgültig, was du möchtest!« Er drehte sich zu ihr um, und obwohl er sie nicht berührte, konnte sie die Hitze seines Körpers spüren. Zart strichen seine Fingerspitzen über ihre Kehle. »Als ich dich zum ersten Mal geküßt habe, war ich nur wütend und unbeherrscht. Ich war grob, doch jetzt wird das ganz anders sein! Halte still!«
Sie fühlte seinen warmen Atem auf ihrer Wange und spürte, wie er ihr Kinn mit seiner Hand umschloß, so daß sie sich nicht abwenden konnte. Dann berührte sein Mund ganz leicht ihre Lippen. »Sehr gut!« sagte er ganz dicht vor ihrem Mund. »Und jetzt öffne deine Lippen ein wenig!«
Sie gehorchte, denn sie fürchtete sich entsetzlich. Im Augenblick sprach er so sanft und schmeichelnd, daß ihr bange wurde. Sie traute ihm nicht und wollte sich nicht einlullen lassen. Dann fühlte sie, wie seine Zunge über ihre Lippen glitt und sich zwischen sie drängte.
»So ist es noch viel schöner«, sagte er in ihren Mund. »Nein, bleib da! Ich tue dir nicht weh!« Dann verstummte er und küßte sie.
»Du bist so verkrampft, so verletzt!« bemerkte er einige Zeit später. Sie konnte sein Gesicht in der Dunkelheit nicht erkennen, sondern hörte nur seine Stimme und hatte entsetzliche Angst. »Doch weshalb eigentlich? Ich habe deinen wunderschönen Körper jetzt so oft nackt gesehen und kenne ihn in- und auswendig. Ich habe dich nicht vergewaltigt, nicht wahr? Obwohl ich es hätte tun können. Ich könnte es auch jetzt tun.«
»Dann willst du es also gar nicht. Denn wenn du es wolltest, würdest du es doch tun. Männer nehmen doch keine Rücksicht …«
»Pst! Küß mich noch einmal, und dann wollen wir schlafen.« Diesmal küßte er sie tief und innig. Es war ein wunderbares Gefühl, obwohl es ihn ein wenig kränkte, daß sie solche Angst vor ihm hatte. »Das war wieder ein großer Schritt«, meinte er und drückte ihr einen zarten Kuß auf die Nase. »Schlaf gut, mein Schatz!«
Arielle sah ihm noch eine Weile zu und wunderte sich, wie er so schnell einschlafen konnte.
Als er leise zu schnarchen begann, lächelte sie, doch am nächsten Morgen war ihr das Lächeln gründlich vergangen.
Zwölftes Kapitel
»Es kommt schon alles wieder in Ordnung, Arielle«, versicherte Burke tröstend, während er seine Frau zu einem Stuhl führte. »Ich verspreche es.« Er rieb ihre eiskalten Hände. »Du bleibst hier sitzen, ja? So ist es gut!«
Wie gelähmt starrte Arielle ihn an. »Aber, Burke, sie ist …«
»Ich weiß, mein Liebes«, entgegnete er rasch. »Ich werde mich um alles kümmern.«
Arielle beobachtete, wie Mrs. Pepperall die weinende Kammerzofe Mellie aus dem Zimmer führte. Man hatte dem Mädchen eine Decke umgehängt, die das zerrissene Kleid jedoch kaum verdeckte. Die Waschfrau, die sie gefunden hatte, berichtete Burke mit besorgten Worten: »Ich bin nicht rechtzeitig genug gekommen. Er war einfach zu schnell!«
Nachdem Burke sie ein wenig beruhigt hatte, fuhr sie fort: »Ich habe gehört, wie sie geschrien hat und bin sofort losgerannt. Als ich ihn gesehen habe, war er gerade fertig mit Mellie und hat über ihr gestanden und sich seine Hose zugeknöpft. Als er mich gesehen hat, ist er in Richtung auf den Wald davongelaufen.«
»Sie haben ihn nicht erkannt?«
Mrs. Tibbens schüttelte den Kopf. »Er war weder groß noch klein, ein Mann eben. Vielleicht nicht gerade der Dünnste. Er trug eine Kapuze über dem Gesicht, weshalb auch die arme Mellie nichts gesehen hat.«
Burke dankte ihr und schickte sie weg. Dann informierte er den Verwalter und bat ihn, sich mit mehreren Männern auf die Suche zu machen. Schließlich hockte er sich vor Arielle nieder und nahm ihre Hände. Zu dumm, daß so etwas ausgerechnet hier, in Ravensworth, passieren mußte!
»Ich muß fort, Arielle. Wir wollen den Mann suchen, der Mellie verletzt hat.«
»Er hat sie vergewaltigt«, korrigierte sie ihn mit harter Stimme. »Das ist weit schlimmer.«
»Ja, das stimmt, doch er wird bestraft werden.«
»Von wem?«
Er schwieg einige Augenblicke. »Mit Sicherheit gibt es Gesetze und schwere Strafen für Vergewaltigung.«
Fast mitleidig sah sie ihn an. »Ein Mann kann mit seiner Frau machen, was er will. Ich glaube, das bezieht sich auch auf alle anderen. Männer haben schließlich die Gesetze gemacht. Weshalb sollten sie einander für etwas bestrafen, das
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