Liebe ohne Skrupel
werden. Der Junge haftet mir schon den ganzen Nachmittag an den Fersen.«
»Es überrascht mich, wie bereitwillig er in Eure Dienste getreten ist.« Clare reichte Gareth eine der heißen, mit Hackfleisch und Nüssen gefüllten Pasteten, die sie gerade an einem der Stände in der Nähe gekauft hatte. »Ich hätte nicht gedacht, daß er sich mit einer solchen Begeisterung zu Eurem Knappen machen lassen würde.«
»Zukünftigen Knappen«, murmelte Gareth.
»Gibt es da einen Unterschied?«
»Allerdings. Der junge Dallan hat noch einen weiten Weg vor sich, bis er mir als vollwertiger Knappe dienen kann. Bis jetzt kann er ein Ende einer Lanze noch nicht vom anderen unterscheiden.«
»Aber auf jeden Fall hat er sich wirklich verändert.«
»So ist das nun einmal, wenn man plötzlich zu einem Helden wird.«
Cläre lächelte. »Es war sehr großzügig von Euch, ihn zu einem Helden zu machen, Mylord.«
»Niemand kann einen Mann zu einem Helden machen, es sei denn er selbst. Aber Dallan hat Mut.« Gareth biß herzhaft in seine Pastete. »Ich sage es ja nicht gerne, Madam, aber Ihr habt heute einen Eurer Bewunderer verloren. Ich fürchte, er hat sich einer anderen Lady verschrieben.«
»Ich habe sie gesehen. Sie ist jünger als ich. Und außerdem hat sie blaue Augen und blonde Haare.« Clare kaute fröhlich an ihrer Pastete herum. Nach der Hektik der morgendlichen Geschäftsabschlüsse fühlte sie sich halb verhungert. »Wie soll ich bitte dagegen ankommen?«
»Am besten versucht Ihr es erst gar nicht. Ihr müßt Euch eben damit abfinden, mit einem langweiligen Ehemann gestraft zu sein, der keine Lieder schreiben und nicht einmal eine einzige Note singen kann.«
Cläre grinste. Gareth wirkte alles andere als langweilig, wie er lang ausgestreckt neben ihr in der Sonne lag. Obgleich er es sich bequem gemacht hatte, wirkte er so geschmeidig und gefährlich wie ein Raubtier.
Seit sie am frühen Morgen in Seabern angekommen waren, um die Zelte aufzubauen und sich auf die Arbeit des Tages vorzubereiten, hatte sie nicht viel Zeit gehabt, um mit ihm zu sprechen. Aber sie hatte bemerkt, daß er hin und wieder vorbeigekommen war, um nach ihr und Joanna zu sehen. Ein oder zwei seiner Männer waren immer in der Nähe gewesen, um sicherzustellen, daß sich kein Dieb an ihre Stände wagte.
»Ihr und Sir Ulrich habt einen guten Einfluß auf Dallan und den jungen William, Mylord“, sagte Clare ruhig. »Ich gebe zu, daß Joanna und ich zunächst ein wenig beunruhigt waren wegen einiger Entscheidungen, die Ihr hinsichtlich der Erziehung der beiden getroffen habt.“
Seine Augen blitzten vor Zufriedenheit. »Ebenso wie Ihr Euch wegen der Wahl eines Ehemannes Sorgen gemacht habt. <<
»Ja.« Clare steckte sich den Rest ihrer Pastete in den Mund und schlang die Arme um die angezogenen Knie. »Aber es scheint alles ganz gut zu klappen.«
»Natürlich klappt es.« Gareth zuckte gleichgültig mit den Schultern, während er den letzten Bissen seiner Pastete verschlang. »Warum auch nicht? Ich verstehe nicht, was an dieser Ehe so schwer sein soll. Mir erscheint das Ganze recht einfach und problemlos.«
-Ach ja, Mylord?« Clare blinzelte in gespielter Verwunderung.
»Ja.« Gareth klopfte sich die letzten Krümel von den Händen. »Es geht nur darum, daß der Mann das Kommando über den Haushalt übernimmt und ein paar Regeln aufstellt. Wenn dann erst einmal alle diese Regeln kennen, geht alles wie von alleine.“
Cläre nahm den Beutel, in dem sie die Decke und die heißen
Pasteten herübergetragen hatte und fuchtelte drohend damit herum. »Es geht also darum, daß ein Mann das Kommando übernimmt, Sir?«
Gareth hob abwehrend die Hand. »Natürlich nicht irgendein Mann. Ein Mann, der lesen kann.«
Sie schleuderte ihm den Beutel an den Kopf. Gareth ließ sich auf den Rücken fallen, als habe sie ihn tödlich verwundet.
»Es gibt Ehemänner, die sich über einen solchen Angriff ärgern würden«, sagte er mit beleidigter Stimme.
»Aber Ihr nicht, Mylord. Ihr seid kein gewöhnlicher Ehemann.«
Ihr seid überhaupt kein gewöhnlicher Mann, dachte Clare. Ihr seid der Mann, den ich liebe.
»Ein gewöhnlicher Ehemann würde Euch zweifellos langweilen, Madam.«
»Ja.« Clare schloß die Augen und holte tief Luft. Es war ein gutes Gefühl, den Nachmittag mit Gareth zu verbringen.
Die Gerüche des Marktes stiegen ihr in die Nase. Sie unterschied die reichen Aromen von den Essensständen, die erdigen Gerüche der Schafe und Ziegen und die
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