Liebe ohne Skrupel
meines schmerzenden Schädels bis zur Hochzeit bleibe.«
»Ich glaube nicht«, sagte Gareth. »Ruft Eure Männer zusammen und macht Euch zur Abfahrt bereit. Ihr habt uns bereits genug Ärger beschert. Macht mir heute morgen noch mehr Scherereien und Ihr dürft Euch das Tor zur Hölle einmal aus der Nähe ansehen.«
Nicholas hob abwehrend die Hände. »Keine Angst, Höllenhund von Wyckmere. Meine Männer und ich sind bereits auf dem Weg zurück nach Seabern. Ich bin wirklich nicht in der Verfassung, um heute mit Euch zu kämpfen. Vielleicht ein anderes Mal.« Er grinste verstohlen. »Aber ich glaube, daß Ihr erst noch eine andere Schlacht gewinnen müßt, oh, großer Lord of Desire.«
»Verschwindet, ehe ich meine Meinung ändere und doch noch heute Rache nehme.«
»Noch eines, ehe ich gehe«, sagte Nicholas. »Wenn Ihr wissen wollt, wie schwer die kommende Schlacht werden wird, dann fragt Eure Lady doch einmal, wie sie auf ihr Rezept für einen Gatten kam.«
»Ich habe Euch gewarnt, Nicholas.« Gareth legte die Hand auf den Griff seines Schwertes. »Und ich spreche immer nur eine Warnung aus.«
»Fragt Sie nach Raymond de Coleville. Er ist der tapfere Ritter, der ihr als Anregung für ihr Rezept diente. Keiner von uns Sterblichen kann darauf hoffen, ihm jemals das Wasser zu reichen, noch nicht einmal Ihr, Höllenhund von Wyckmere. Der Mann konnte nicht nur lesen, er konnte sogar Gedichte schreiben.«
Nicholas lachte so heftig, daß er kaum noch Luft bekam. Mehrere seiner Männer erhoben sich ungelenk hinter ihm. Sie alle grinsten.
»Falls Ihr herausfindet, daß Eure Lady keine Jungfrau mehr ist«, gelang es Nicholas schließlich zu sagen, »dann fragt nicht mich nach einer Erklärung. Wendet Euch an Raymond de Coleville.«
Cläre erschauderte. Sie sah Gareth an und fragte sich, ob sie vielleicht besser hätte ihre Zunge hüten sollen, bis sie ihren Zorn wieder unter Kontrolle gehabt hätte.
Aber jetzt war es zu spät, um ihre überstürzte Ankündigung zurückzunehmen. Und sie war niemand, der so schnell einen Rückzieher machte.
»Anscheinend stellt die Schlacht, in die ich ziehe, eine noch größere Herausforderung dar, als ich zunächst angenommen hatte«, sagte Gareth.
Es war nicht seine sanfte Stimme, die Clare beunruhigte.
Es war sein Lächeln.
6. KAPITEL
»Sir Ulrich sagt, daß Sir Gareth am gefährlichsten ist, wenn er lächelt.« Die kühle Morgenbrise, die vom Meer herüberwehte, zupfte an Joannas Umhang. Sie rückte ihre Kapuze zurecht und warf Clare einen besorgten Blick zu. »Er sagt, daß der Höllenhund von Wyckmere nur selten lächelt, und wenn er wirklich mal etwas amüsant zu finden scheint, dann versteht niemand anderes den Witz an der Sache.«
»Es läßt sich nicht leugnen, daß Sir Gareth eine etwas eigenartige Vorstellung von Humor hat«, murmelte Clare. Sie hatte die Kapuze ihres orangefarbenen Umhangs zurückgeschoben, und der rauhe, beißende Wind spielte mit ihrem locker zusammengebundenen Haar.
»Sir Ulrich behauptet, daß immer etwas Schreckliches passiert, wenn der Höllenhund von Wyckmere lächelt.«
»Nun, das ist vollkommener Unsinn. Sir Ulrich klingt ein bißchen wie Beatrice. Immer prophezeit er irgend ein Unglück oder eine Katastrophe.« Clare wog den kleinen Beutel in der Hand, der an ihrem gelb-orangefarbenen Gürtel hing und in dem ein Topf besonders parfümierter Kräutercreme steckte.
»Sir Ulrich ist Sir Gareths engster Vertrauter. Er hat mir erzählt, daß er ihm bereits seit vielen Jahren dient. Aber Ulrich sagt, daß selbst er vorsichtig ist, wenn der Höllenhund von Wyckmere Anzeichen von Belustigung zeigt.«
Cläre warf Joanna einen ungeduldigen Blick zu. Ihre Freundin sah ängstlich und besorgt aus, was ganz und gar nicht zu ihr paßte. Ihr Verhalten war höchst beunruhigend, und gerade jetzt wollte Clare sich nicht noch mehr beunruhigen lassen, als sie es sowieso schon war. Sie mußte einen kühlen Kopf bewahren und die Sache mit Verstand und Logik angehen.
Und sie mußte an ihre Pflichten und ihre Verantwortung gegenüber der Insel und ihren Bewohnern denken.
Der Spaziergang über die Klippen zum Dorf hätte ihr helfen sollen, die Gedanken, die in ihrem Kopf herumschwirrten, zu ordnen. Es war zwar Gareths Vorschlag gewesen, aber Clare hatte es sich tatsächlich zur Gewohnheit gemacht, jeden Morgen einen Spaziergang zu machen. Es gefiel ihr nur nicht, wenn man ihr den Befehl dazu gab, dachte sie und ärgerte sich bei der Erinnerung daran, wie
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