Liebe ohne Skrupel
zusammenzustellen.«
Thurston grinste. »Ich nehme an, sie hat die Grundzutaten irgendwelchen romantischen Balladen entnommen. Du kennst diese Lieder. Im allgemeinen wird in ihnen der ritterliche Held besungen, der zum Zeitvertreib böse Zauberer abschlachtet und der Dame seines Herzens unsterbliche Liebe schwört.«
»Einer Dame, die für gewöhnlich bereits einem anderen gehört«, murmelte Gareth. »Dem Lehnsherren des Helden zum Beispiel. »Ja, ich kenne diese Art von Liedern. Obwohl ich sie nicht besonders mag.«
»Die Damen lieben sie.«
Gareth zuckte mit den Schultern. »Wieviele Kandidaten werdet Ihr ihr schicken, Mylord?«
»Ich bin der festen Überzeugung, daß es gut ist, den Wünschen einer Frau bis zu einem gewissen Punkt nachzugeben. Ich werde Lady Clare also erlauben, zwischen zwei Kandidaten zu wählen.«
Gareth zog eine Braue hoch. »Nicht zwischen drei oder vier?«
»Nein. Ich habe die Erfahrung gemacht, daß es immer nur Ärger gibt, wenn man einer Frau eine allzu große Freiheit der Wahl läßt.«
»Also zwei Kandidaten. Ich und ein anderer.«
»Ja.«
»Und mit wem werde ich um die Gunst der Dame buhlen?«
Thunston grinste. »Mit Sir Nicholas of Seabern. Und ich wünsche dir viel Glück, mein Sohn. Die Anforderungen der
Lady sind klar, nicht wahr? Sie will einen kleinen, fröhlichen Mann, der lesen kann.«
Gareth gab seinem Vater den Brief zurück. »Sie hat wirklich Glück, denn schließlich erfülle ich zumindest eine der Anforderungen. Ich kann lesen.«
1. KAPITEL
Cläre war gerade mit Margaret, der Priorin von Saint Hermione, im Garten des Klosters, als sie erfuhr, daß der erste der Bewerber auf der Isle of Desire gelandet war.
»Ein riesiger Trupp von Männern ist angekommen, Lady Clare. Und sie kommen direkt auf das Dorf zu«, rief William.
Cläre hielt mitten in der Diskussion über die beste Methode zur Gewinnung von Rosenöl inne. »Bitte verzeiht, Madam«, sagte sie zur Priorin Margaret.
»Selbstverständlich.« Margaret war eine kräftig gebaute Frau mittleren Alters. Der Schleier ihrer schwarzen Benediktinerinnentracht umrahmte scharfe Augen und ein sanftes Gesicht. »Das ist schließlich ein bedeutendes Ereignis.«
Cläre wandte sich zu dem jungen William um, der aufgeregt vor dem Pförtnerhäuschen des Klosters herumsprang und ihr mit seinem Beutel voller getrockneter Korinthen winkte.
Er war ein pummeliger Zehnjähriger mit braunen Augen und dunklem Haar, der unbekümmert seine lebhafte Neugier und seine kindliche Begeisterungsfähigkeit zeigte. Er und seine Mutter, Lady Joanna, waren vor drei Jahren auf die Isle of Desire gekommen. Clare mochte die beiden sehr gern. Da von ihren eigenen Verwandten niemand mehr lebte, sah sie in William und Joanna ihre Ersatzfamilie.
»Wer ist es, William?« Clare machte sich auf eine unangenehme Antwort gefaßt. Sämtliche Bewohner von Desire sahen diesem Tag seit Wochen mit freudiger Erwartung entgegen. Sie selbst war die einzige, die sich nicht auf die Ankunft eines neuen Herrn für Desire zu freuen schien.
Zumindest würde sie eine Wahl haben, tröstete sie sich selbst.
»Es ist der erste Bewerber, den Lord Thurston Euch schickt.« William stopfte sich eine Handvoll Korinthen in den Mund. »Anscheinend ein mächtiger Ritter, Lady Clare. Und er bringt einen ganzen Trupp bewaffneter Männer mit. Ich habe gehört, wie John der Schmied gesagt hat, daß er die Hälfte aller Boote von Seabern benötigt hat, um all die Männer und Pferde und die ganze Ausrüstung vom Festland herüberzubringen.«
Cläre wurde von einer düsteren Vorahnung beschlichen. Sie hatte sich geschworen, daß sie die Sache ruhig und geschäftsmäßig angehen würde, aber nun, da der Moment gekommen war, verspürte sie plötzlich eine ungewohnte Erregung.
»Ein großer Trupp?« Sie runzelte die Stirn.
»Ja.« Williams Gesicht glühte vor Aufregung. »Ihre Helme blitzen so sehr in der Sonne, daß einem davon die Augen weh tun.« Er verschlang zwei weitere Handvoll Korinthen. »Und die Pferde sind riesig. Vor allem eins, sagt John, ein prachtvoller, grauer Hengst mit Hufen, die die Erde erbeben lassen.«
»Aber ich habe keinen großen Trupp bewaffneter Männer angefordert«, sagte Clare. »Desire braucht nur eine kleine Armee von Männern, die unsere Warentransporte beschützen können. Was in aller Welt soll ich mit einer so großen Zahl von Kriegern anfangen? Und mit all ihren Pferden. Wißt Ihr, Männer und Pferde brauchen eine Menge zu
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