Liebe, Sex und andere Katastrophen
zehn und ich haben nie über Sex geredet. Und weil er so entsetzlich lieb und niedlich war, passte das mit dem Sex irgendwie auch nicht zu ihm. Es fühlte sich nicht richtig an, mit ihm Sex zu haben. Als würde man seinen kleinen innig geliebten Bruder zum Sex verführen. Ich fragte mich das manchmal wirklich: `Waren wir eventuell in einem früheren Leben Geschwister, oder warum um alles in der Welt hast du beim Sex mit ihm immer dieses merkwürdige undefinierbare nicht wirklich gute Gefühl im Bauch?` Nummer zehn war klein und kompakt, und auch sein Körper war niedlich. Ich war ganz vernarrt in Nummer zehn und seine Niedlichkeit, sogar seine Füße fand ich niedlich. Auch sein Schwanz (Schon allein das Wort „Schwanz“ in Verbindung mit Nummer zehn zu bringen, löst in mir Unbehagen aus, weil es einfach nicht zur niedlichen Nummer zehn passt. Jedes andere Wort dafür aber auch nicht. Es ist wie verhext mit Nummer zehn.) war niedlich. Damals war ich mir sicher, er hat den schönsten Schwanz der Welt. Trotzdem reichte die Bestückung mit diesem schönen Exemplar nicht aus, mein „nicht-geil-Gefühl“ zu verjagen. Nummer zehn und Sex, das passte einfach nicht, bzw. nicht für mich und nicht, wie ich mir das vorstellte.
Das habe ich mir damals natürlich nicht eingestehen können. Ich stellte Nummer zehn auf seinen Niedlichkeitsthron. Ich war sehr verzückt und sehr verliebt in ihn. Wir hatten eine tiefe und innige Verbindung, aber im Nachhinein weiß ich, dass das nicht reicht. Jeder Paarpsychologenfuzzie sagt, das Geheimnis einer guten Beziehung ist die Mischung aus inniger Freundschaft und Lust aufeinander. Und wenn letzteres fehlt, dann ist es nur eine Frage der Zeit, bis das Beziehungstürmchen einstürzt. Sexfreie Beziehungen sind Quatsch. Paare, die seit Monaten oder gar Jahren keinen Sex mehr haben, machen sich was vor. It does not work. Basta. Sich dabei etwas vorzumachen ist mehr als einfach, das kann viele Jahre gut gehen, das weiß ich selbst nur zu gut, denn ich habe mir selbst mit Nummer zehn einige Jahre etwas vorgemacht. Ich dachte, er ist perfekt für mich, und konnte mir eine prima Zukunft mit ihm ausmalen, mit Babys machen und so, das volle Programm eben. Unsere Beziehung war perfekt, keine Streits, viel Spaß, 100% Harmonie. Nur eben dieses kleine offensichtliche Sex-Problem habe ich die ganze Zeit rigoros verdrängt und mir alles Mögliche eingeredet, was das Problem verharmlosen sollte. Schließlich kann man ja nicht alles haben. Und wird das Thema Sex generell nicht völlig überbewertet? Und überhaupt, nach ein paar Jahren Beziehung tollt sich sowieso kein Paar dieser Welt mehr liebestrunken und berauscht vor Wolllust durchs eheliche Doppelbett. Also ist es doch dann auch nicht so schlimm, wenn der Sexfaktor nicht stimmt. Dachte ich. Doch, ist aber schlimm. Besonders wenn der Sexfaktor von Anfang an nicht wirklich stimmt. Es klingt jetzt wie eine doofe Ausrede von einer noch viel dooferen Kuh: Aber vielleicht ist genau das der Grund gewesen, warum ich meinte, ich müsste bei Nummer zehn fremdgehen, was das Zeug hält. Den fehlenden Sex-Kick eben woanders holen. Und so habe ich Nummer zehn fast 6 Mal betrogen: Mit Nummer elf – flog nie auf. Mit Nummer zwölf, flog auch nie auf. Mit Nummer dreizehn und vierzehn, beide Geschichten flogen auf. Mit Nummer fünfzehn, flog nie auf. Und mit Nummer sechzehn, flog auf, brachte das Fass zum Überlaufen und sorgte für die endgültige Trennung von Nummer zehn. Seitdem haben Nummer zehn und ich keinen Kontakt mehr. Wenn wir uns mal zufällig begegnen in der Stadt, dann zieht sich alles in mir zusammen. Ich schäme mich immer noch so sehr für alles, und oft will ich einfach nur auf der Stelle losweinen, so leid tut es mir immer noch.
Bei meinen ganzen Affären ging es letztlich nur um eins: Um Bestätigung für mich. So distanziert, wie Nummer zehn im Bett war, so distanziert zeigte er auch seine Gefühle für mich. Nämlich fast gar nicht. Meinte ich. Ganz am Anfang unserer frisch geschlüpften Beziehung schenkte er mir ein kleines selbst gebasteltes Liebespäckchen, es war herzallerliebst, auch das, was er auf die dazugehörige Karte schrieb. Er sang mir Lieder auf meinen Anrufbeantworter, wenn ich nicht da war. Und eigentlich hätte ich dumme Pute doch damit glücklich sein müssen. Denn er machte genau das, was ich mir wünschte. Aber als es nach ein paar Wochen nach ließ, fand ich das doof. Frauen wollen eben immer wie eine Parkuhr rund um die
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