Liebe um Mitternacht
ernsthaft für solche Dinge interessierte.
»Ich bin ihr begegnet, ja«, gestand sie zögernd. »Zufällig habe ich gestern Abend einer Seance in Mrs. Delmonts Haus beigewohnt, zusammen mit meinen Tanten.« Sie zögerte. »Warum fragen Sie?«
»Elizabeth Delmont ist tot.«
Benommen starrte sie ihn einige Sekunden lang an. »Wie bitte?«
»Sie wurde ermordet, irgendwann nach dem Ende der Seance am gestrigen Abend«, erklärte er ihr bei weitem viel zu ruhig.
»Ermordet.«
Sie schluckte. »Sind Sie ganz sicher?«
»Ich habe selbst ihre Leiche gefunden, kurz nach zwei Uhr heute Morgen.«
»Sie
haben die Leiche gefunden?« Sie brauchte einen Augenblick, um sich von dieser beunruhigenden Bemerkung zu erholen. »Das verstehe ich nicht.«
»Jemand hat ihr mit einem Feuerhaken den Schädel eingeschlagen.«
Ein eisiger Klumpen bildete sich in Carolines Magen. Ihr kam der Gedanke, dass es vielleicht nicht gerade sehr vernünftig war, einen geheimnisvollen Gentleman in ihrem Haus zu haben, der behauptete, eine ermordete Frau entdeckt zu haben. Sie warf einen schnellen Blick zu dem Klingelzug neben dem Schreibtisch. Vielleicht sollte sie Mrs. Plummer herbeirufen.
Doch selbst noch, als sie in Gedanken bereits die Hand ausstreckte, um ihre Haushälterin zu rufen, erlag sie ihrer größten Schwäche, der Neugier.
»Darf ich fragen, warum sie zu einer so späten Stunde in Mrs. Delmonts Haus waren?«, fragte sie.
Sobald sie diese Worte ausgesprochen hatte, begriff sie, dass sie einen großen Fehler gemacht hatte. Eine heiße Röte stieg in ihre Wangen. Es gab nur einen einzigen Grund, warum ein reicher, offensichtlich lebensfroher Mann wie Adam Grove um zwei Uhr am Morgen einen Besuch bei Elizabeth Delmont gemacht hatte.
Mrs. Delmont war eine wunderschöne Frau gewesen mit einer attraktiven Figur. Mit ihrer sinnlichen Art hatte sie ganz sicher Mr. McDaniel bezaubert, einen der Teilnehmer an der Seance am gestrigen Abend. Und zweifellos hatte das Medium die gleiche Wirkung auf eine ganze Anzahl anderer Gentlemen.
»Nein, Mrs. Fordyce, Elizabeth Delmont war nicht meine Geliebte«, erklärte Adam, als hätte er ihre Gedanken gelesen. »In der Tat bin ich ihr bis zur letzten Nacht noch nie begegnet. Als ich sie fand, war es für ein Kennenlernen bereits viel zu spät.«
»Verstehe.« Sie drängte die heiße Röte in ihren Wangen zurück und versuchte, gelassen auszusehen. Sie war angeblich immerhin eine Witwe, eine Lady, die einige Erfahrungen gesammelt hatte. »Verzeihen Sie mir, Mr. Grove. Die ganze Unterhaltung hat eine sehr eigenartige Wendung genommen. Ich hatte keine Ahnung, dass Mrs. Delmont gestorben ist.«
»Ermordet
war das Wort, das ich benutzt habe.« Adam betrachtete sie nachdenklich. »Sie haben behauptet, dass diese Unterhaltung nicht in die Richtung geht, die Sie erwartet haben. Sagen Sie mir, was haben Sie geglaubt, warum ich heute hierher gekommen bin?«
»Wenn ich ganz ehrlich bin, so habe ich angenommen, dass Sie sich in der Adresse geirrt haben«, gestand sie.
»Wenn das der Fall war, warum haben Sie dann nicht Ihre Haushälterin angewiesen, sich zu versichern, dass ich auch bei der richtigen Hausnummer bin?«, fragte er mit einem überwältigenden Sinn für Logik.
»Ich gestehe, ich war neugierig darauf, was für Neuigkeiten Sie hatten.« Sie breitete beide Hände weit aus. »Wir bekommen hier nur sehr selten Besuch, der behauptet, Neuigkeiten von äußerster Wichtigkeit zu haben, müssen Sie wissen. In der Tat kann ich mich nicht an einen einzigen solchen Besucher in den ganzen drei Jahren erinnern, in denen ich hier lebe.«
»Wir?«
»Meine beiden Tanten leben zusammen mit mir hier. Sie sind im Augenblick nicht da, sie machen ihren Morgenspaziergang. Tante Emma und Tante Milly sind von der Wichtigkeit eines täglichen Spaziergangs überzeugt.«
Er runzelte die Stirn. »Ihre Namen habe ich auf der Liste der Anwesenden nicht gesehen. Sie haben gesagt, die beiden hätten Sie zu der Seance am gestrigen Abend begleitet?«
Ihr gefiel die Richtung nicht, in die sich die Unterhaltung bewegte. Es hatte beinahe den Anschein, als würde er sie verhören.
»Ja«, meinte sie und wurde jetzt vorsichtiger. »Sie wollten nicht, dass ich am Abend noch allein ausgehe. Mrs. Delmont hatte gegen ihre Anwesenheit nichts einzuwenden.«
»Warum haben Sie dieser Seance beigewohnt? Haben Sie wirklich geglaubt, dass Elizabeth Delmont Verbindung mit den Geistern aufnehmen konnte?« Er machte sich gar nicht die Mühe,
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