Liebe um Mitternacht
schrecklich.«
Er trank ohne weiteren Kommentar seinen Sherry aus.
Sie warf ihm einen bösen Blick zu. »Darf ich fragen, warum diese Entwicklung der Dinge dich gar nicht so sehr zu beunruhigen scheint?«
Er lächelte sie kühl an. »Weil alles darauf hindeutet, dass ich Fortschritte mache.«
»Ich bin mir gar nicht sicher, ob ich da mit dir übereinstimmen kann.« Sie hielt einen Augenblick lang inne. »Ich frage mich, wer uns wohl diese Nachrichten geschickt hat, um uns heute Morgen zu Mrs. Tollers Haus zu rufen.«
»Das weiß ich nicht, aber wie es scheint, hat jemand gewollt, dass wir in der Nähe sind, wenn die Polizei ihre Nachforschungen beginnt«, meinte er.
»Aber warum denn nur?«
»Das werden wir schon noch herausfinden.« Er zögerte einen Augenblick. »Caroline?« »Ja?«
»Es war sehr edel von dir, mir ein Alibi für die vergangene Nacht zu geben«, meinte er dann leise. »Danke.«
Seine Dankbarkeit trieb ihr eine heiße Röte in die Wangen. »Ach, das war doch gar nichts. Ich bin sicher, du hättest am Ende den Inspektor sowieso davon überzeugt, dass du die Wahrheit sagst.«
»Das kann man nur hoffen, aber die Tatsache, dass du erklärt hast, wo ich um Mitternacht gewesen bin, hat die Dinge wesentlich einfacher gemacht. Ich schulde dir etwas, Caroline.«
»Ach, Unsinn. Was mir in diesem Augenblick am meisten Sorgen macht, ist, dass die Gerüchte nur so durch die Stadt schwirren werden, wenn man die große Sensation bedenkt. Jeder wird über uns reden und nicht darüber, den wirklichen Mörder zu finden. Und wenn der Skandal sich dann endlich gelegt hat, wird die Spur zu dem wirklichen Mörder verwischt sein.«
»Vielleicht war es ja das, was dieser Verbrecher beabsichtigt hat.« Adam verzog den Mund. »Das muss man ihm schon lassen, es ist ein recht einfallsreicher Plan, ganz besonders, wenn man bedenkt, dass er in so kurzer Zeit gemacht wurde.«
Caroline rieb sich mit den Fingerspitzen über die Schläfen. »Und was wirst du jetzt als Nächstes tun?«
»Ich muss immer wieder an die Tatsache denken, dass sowohl Delmont als auch Toller Geister angerufen haben, die den Teilnehmern an der Seance zu finanziellen Investitionen geraten haben. Es gibt da irgendeine Verbindung, das fühle ich.«
»Ich stimme mit dir überein, dass es noch eine Menge unbeantworteter Fragen gibt.«
»Ja, aber ehe wir diesen Spuren weiter nachgehen, gibt es zuerst noch eine kleine Angelegenheit, die wir erledigen müssen.«
Sie sah unsicher auf. »Und was ist das für eine Angelegenheit?«
»Du musst meine Familie kennen lernen, wenigstens die Mitglieder davon, die im Augenblick in der Stadt sind, und das müssen wir erledigen, ehe sie von uns in der Zeitung lesen.«
22
Adam fand Wilson schließlich in seinem Club, wo dieser allein in einer Ecke saß, Kaffee trank und die Ausgabe des
Flying Intelligencer
las.
»Wo um alles in der Welt bist du nur gewesen?« Wilson sah ihn über den Rand der Zeitung hinweg an. »Ich habe dich schon vor Stunden zurückerwartet.« Er zog einen Umschlag aus seiner Tasche. »Dieses Telegramm ist für dich gekommen.«
Adam setzte sich und riss den Umschlag auf. Das Telegramm war von Harold Filby.
BEDAURE SIE INFORMIEREN ZU MÜSSEN, DASS ES KEINERLEI FORTSCHRITTE IN DEN NACHFORSCHUNGEN GIBT. STOP
Adam blickte auf. »Hast du schon einmal von einem Dorf mit dem Namen Chillingham gehört?«
Wilson dachte kurz nach. »Es gibt ein Chillingham, das nicht weit von Bath entfernt liegt, wenn ich mich recht erinnere.«
Adam winkte einem der älteren Kellner. »Stift und Papier, bitte. Ich möchte ein Telegramm aufgeben.«
Der Mann kam mit den gewünschten Sachen zurück, und Adam schrieb eine Nachricht.
VERSUCHEN SIE ES IM DORF CHILLINGHAM IN DER NÄHE STOP. VERSUCHEN SIE ES UNTER DEM NAMEN CONNOR STOP. DISKRETION UNBEDINGT ERFORDERLICH. STOP.
Er schrieb Filbys Adresse in Bath darauf und reichte die Nachricht dann dem Portier, der eilig damit zum Telegraphenbüro lief.
Wilson zog die Augenbrauen hoch. »Worum geht es denn hier überhaupt?«
»Das werde ich dir später erklären.«
»Also, hat Irene Toller versucht, mit Hilfe dieses Tagebuches Geld aus dir herauszuholen, so wie du es angenommen hast, als sie dich heute Morgen zu sich bestellt hat?«
»Nein. Toller ist in der vergangenen Nacht umgebracht worden, genau auf die gleiche Art, wie Delmont umgebracht worden ist. Sie hat mehrere heftige Schläge auf den Kopf bekommen, und das Seancezimmer wurde vollkommen auseinander
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