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Liebe und Marillenknödel

Liebe und Marillenknödel

Titel: Liebe und Marillenknödel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Emma Sternberg
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und sieht ihr hinterher.
    Mir zieht es fast den Boden weg unter den Füßen.
    Ich starre ihn an, wie er da immer noch steht und der Tussi hinterherblickt. Ich kann nicht glauben, was ich da gesehen habe, aber von Sekunde zu Sekunde wird mir alles viel klarer.
    Es ist die Frau von dem Foto. Aus der Pappschachtel in Nicks Zimmer.
    Sie ist also der Grund, warum Nick fast jeden Morgen einkaufen geht.
    Plötzlich merke ich, dass meine Gesichtszüge total entgleist sind und dass ich auf der Straße stehe und starre, als sei da drüben ein Bus explodiert. Ich glaube, mein Mund steht sogar offen. Nick dreht sich um, um zurück zum Panda zu gehen, und spätestens das entsetzte Gesicht, das er macht, als er mich erblickt, verrät ihn. Er hat eine andere, und ich habe ihn mit ihr erwischt.
    Ich steige in mein Auto, langsam und bedächtig. Ich werfe die Unterlagen auf die Rückbank und schlage die Tür zu. Dann starte ich den Motor und fahre los.
    Aber Nick rennt mir nicht nach. Natürlich nicht.
    Meine Tränendrüsen sprudeln jetzt wie kleine Springbrunnen, und mein Blick ist so verschwommen, dass ich kaum die Straße sehe. Und so rase ich halb blind durch die Stadt und dann direkt auf die Autobahn in Richtung Brenner.

29
    Igitt. Das Entree ist tatsächlich aus Marmor. Messinggeländer, roter Teppich, Stuck – alles, was es braucht, um ahnungslosen Klienten Kompetenz vorzugaukeln. Ich eile die Stufen hoch, dann weiter in das Treppenhaus mit dem geschnitzten Handlauf, hinauf bis in die zweite Etage. Dort bleibe ich vor einer Messingklingel stehen.
    Mit einem Schlag ist mir ganz schwindelig – aber nicht, weil hier alles geschmackvoll bis zum Erbrechen ist. Es ist die Anstrengung. Das Chaos in mir.
    Ich bin in Brixen losgefahren, das Herz voller Schmerz, die Augen voller Tränen. Ich bin einfach aufs Gaspedal gestiegen und bis nach Deutschland durchgeheizt – ich glaube, ich habe nicht einmal beim Überholen in den Rückspiegel gesehen.
    Ungefähr bei Vahrn, das ist kurz hinter Brixen, fing mein Handy an zu bimmeln. Ich sah auf das Display, es war Nick. Ich drückte den Anruf weg, doch es klingelte gleich wieder. Ich drückte ihn noch einmal weg. Kurz darauf piepste es, und ich bekam eine SMS – oder die Nachricht, dass er mir auf die Mailbox gesprochen hatte. Daraufhin habe ich das Handy ausgemacht und in meine Handtasche geschmissen.
    Ich wollte nichts hören, und schon gar nicht von ihm.
    Ich wollte einfach nur heulen.
    Ich bin gefahren und gefahren und je länger ich fuhr, umso klarer wurde mir alles. Sie war auch die Frau auf dem Foto aus seinem Geldbeutel, ganz sicher. Sie war die Annie, nach der Joseph im Café gefragt hatte. Und bestimmt war sie auch der Grund, warum er überhaupt zurück nach Südtirol wollte – die beiden kannten sich schon lange, das war nicht zu übersehen.
    Das war etwas, das noch mehr wehtat als alles andere: Normalerweise war ich immer die Betrogene gewesen. Jetzt war ich bloß die, mit der ein Mann seine Liebste betrügt.
    Bei dem Gedanken musste ich noch mehr weinen.
    Kurz dachte ich daran, bei Vera in München unterzuschlüpfen – in einem Stück würde ich es ja doch nicht bis nach Hamburg schaffen, und außerdem gibt es Momente, in denen man jemanden braucht, der einem sagt, was man wert ist. Aber aus irgendeinem Grund nahm ich bei Innsbruck die Abfahrt nicht, sondern fuhr einfach weiter. Ich fuhr, bis es dunkel wurde und wäre vielleicht sogar doch noch bis nach Hamburg durchgeheizt – hätte mich nicht irgendwann der Hunger übermannt wie ein wildes Tier. Ziemlich genau auf halber Strecke, an der Autobahnraststätte Uttrichshausen-West, fuhr ich ab, um beim Drive-in-Schalter von McDonalds einen Big Tasty Bacon mit großer Pommes und einer Cola Light zu bestellen und ihn mir auf dem nächstbesten Parkplatz reinzujagen. Gott, wie ich das vermisst hatte ! Ketchup! Cola! Weißmehl-Kohlenhydrate! Es war einfach fantastisch. Es war sogar so fantastisch, dass ich, kaum, dass ich aufgegessen hatte, gleich noch einmal ums Gebäude fuhr, mich erneut in die Schlange am Drive-in einreihte und mir zusätzlich ein McFlurry-Eis bestellte. Hammer! Ich löffelte es ganz auf, obwohl ich schon nach der Hälfte keinen Appetit mehr hatte, dann stopfte ich allen Müll in die leere Papiertüte, warf sie auf die Rückbank und kuschelte mich in den Sitz, um ein bisschen zu schlafen, nur ein Stündchen oder zwei.
    Natürlich erwachte ich erst am nächsten Morgen wieder – oder was heißt Morgen, es war

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