Liebe und Tod in Havanna
die wunderbarsten Dinge zaubern. So sind sie in der Lage, bis ins Detail einen Cadillac- oder einen Kühlschrankmotor nachzubauen, und stellen sogar Kolben aus Holz her.
In nicht einmal einem Monat war das Haus fertig.
Pedro, der sich, ehe er Schauspieler geworden war, in Architektur versucht hatte, hatte es mit Liebe entworfen.
Das Haus bestand aus einem großen Wohnzimmer, das auf eine Veranda führte, von der aus man das ganze Tal überblicken konnte; einem Schlafzimmer gleich neben dem Wasserfall, auch dies mit Veranda, die – für zärtliche Nächte – mit einer Hängematte für zwei ausgestattet war. Gegenüber des Schlafzimmers befand sich ein großes Badezimmer mit einer riesigen Badewanne aus Keramik – beinah ein kleines Schwimmbecken, in dem Pedro und Maria sich gemeinsam erfrischen konnten, wenn sie aufstanden und zu faul waren, zum nahen Wasserfall hinüberzugehen.
Ein zweites Schlafzimmer für das zukünftige Kind war durch eine Tür mit dem Elternschlafzimmer verbunden. Und schließlich gab es noch eine Küche und einen an das Haus angrenzenden, terrassenförmig angelegten tropischen Garten mit einem Backofen, einem Kamin zum Grillen und einem großen Holztisch unter einem Sonnenschirm aus Palmen, der auch vor dem Tropenregen schützte.
Inspiriert von den antiken Verfahren der Römer hatte Pedro unter dem Haus ein Bewässerungssystem angelegt. Ein komplexes System aus Keramikkanälen verlief unter den Dielen eines jeden Zimmers. Gespeist von dem Bach des Wasserfalls, der stromaufwärts geleitet wurde, mündete dieses Labyrinth schließlich ein Stückchen hügelabwärts in einen weitläufigen Gemüsegarten, den es so dauernd bewässerte.
José, der zunächst skeptisch gewesen war, musste nun doch zugeben, dass es funktionierte. Sie maßen die Temperaturen draußen im Schatten und drinnen. Drinnen war es vier bis fünf Grad kühler. Daher hatte man, wenn man das Haus betrat und alle Fenster geöffnet waren, den Eindruck, es sei klimatisiert.
In einer schönen Nacht im Mai produzierte der Generator seine ersten Watt, und die gesamte Familie wohnte entzückt der 21-Uhr-Serie bei. Um diese Uhrzeit saß ganz Kuba weinend vor dem Fernseher und man traf auf der Straße keine Menschenseele.
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Pedro hatte diese mexikanischen oder kolumbianischen Serien, die grauenhaft gespielt waren, zum Steinerweichen dämliche Geschichten erzählten und sich noch dazu ständig wiederholten, schon bald satt. Aber Aurora und José, die jahrelang auf Zerstreuung hatten verzichten müssen, erlagen ihnen völlig.
Wenn also die Serie begann, ging Pedro in den Gemüsegarten hinunter. Er hatte einen Scheinwerfer installiert – für Kuba ein ungeheurer Luxus. Aber Pedro liebte seinen Garten.
Er hatte kiloweise Saatgut aus Frankreich mitgebracht und innerhalb weniger Wochen wahre Wunder bewirkt. Dank der Dauerbewässerung trieb in seinem Garten alles aus.
Der kubanische Bauer blickt nicht gern über den Tellerrand und züchtet nur, was er kennt. So war es zum Beispiel schwierig, in den Geschäften Tomaten zu finden.
Jo aber züchtete welche, von allen möglichen Sorten, und bald produzierte er solche Mengen, dass auch seine Nachbarn davon profitierten.
Basilikum oder Salbei zu finden war unmöglich. Von Thymian und Rosmarin ganz zu schweigen, die hier gänzlich unbekannt waren.
Pedro legte einen großen Kräutergarten an. Auf sein Bitten ließ sein Sohn in Plastiksäcke eingewickelte Topfpflanzen aus Frankreich kommen, solche, wie man sie in Großgärtnereien findet. Natürlich war es verboten, aber Jo arrangierte sich mit den Flugzeugcrews.
Und so gab es in Marias und Pedros Haus bald Pflanzen, die in Kuba selten bis unbekannt waren, wie Kletterrosen, die bald die Terrassen erobert hatten, und vor allem Wein.
Pedro bestand darauf, seinen eigenen Wein herzustellen. Er besorgte sich also über Jo einige Hundert großtraubige Muskatellerpflänzchen, Gutedel, rote Grenache und vor allem Carignan.
Nachdem er am Hang des Hügels mit Trockenstein Terrassen angelegt hatte, hatte er sein Weinfeld unterhalb des Gemüsegartens abgezirkelt, und dank des ausgeklügelten Bewässerungssystems stand es nach wenigen Monaten seinen Brüdern in Libourne oder Pomerol in nichts nach.
»In zwei Jahren, mein alter José, werden wir unseren eigenen Wein trinken!«
Pedro, der im Herzen ein Althippie war, hatte immer davon geträumt, völlig autark zu leben, Hühner zu züchten und alles selbst herzustellen:
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