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Liebe und Tod in Havanna

Liebe und Tod in Havanna

Titel: Liebe und Tod in Havanna Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jérômel Savary
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meiner wiedererwachten jugendlichen Triebe sein.
    Ich bin über Allerheiligen zu einem Englischseminar in Miami Beach eingeladen. Ein zehntägiger Austausch mit meinen amerikanischen Kollegen. Die École Alsacienne bezahlt mir die Reise. Arthur, der Mann mit der Strähne, kommt das erste Wochenende mit mir, auf seine Kosten, möchte ich hinzufügen, und muss dann nach Frankreich zurück. Wenn es dir nichts ausmacht, gleich nach ihm zu kommen, würde es mich freuen, wenn du mich besuchen kämest.
    Das war’s, mach damit, was du möchtest. Aber gib mir rechtzeitig Bescheid!
     
    Anne

 
     
     
    12
     
    M IAMI
     
     
     
    Jo hatte nicht gewollt, dass Nieve ihn zum Flughafen begleitete.
    »Ich bin in drei Tagen zurück, Liebling. Zieh nicht so ein Gesicht! Versprich mir, dass du brav bei deiner Mutter bleibst und nicht in die Casa de la Musica gehst.«
    Es war das erste Mal seit Monaten, dass Jo Havanna und dieses geregelte Leben verließ, in dem er sich eingerichtet hatte wie in einem Kokon. Es war auch das erste Mal, dass er Nieve verließ.
    Schon in Cancún, wo man notgedrungen umsteigen musste, wenn man von Havanna nach Miami wollte, hatte er das Gefühl, ein anderer Mensch zu sein, seine Freiheit wiedergefunden zu haben.
    Du Schuft, sagte er zu sich selbst, du hast Nieve bereits vergessen! Und du würdest es fertig bringen, nie wieder nach Kuba zurückzukehren.
     
    ––– ¤ –––
     
    Anne wartete am Flughafen in Miami auf ihn. Sie kam ihm größer vor, und auch jünger.
    Man stellt sich immer vor, dass die Leute älter werden, wenn man weit weg ist, dachte Jo, als er seine Frau umarmte, doch manchmal werden sie auch jünger und schöner! Und sie war wirklich schön. Jo, der es gewohnt war, Nieves kurze Beine zu streicheln, war wie hypnotisiert von Annes langen Beinen.
    »Hör auf, meine Beine anzustarren! Man könnte ja fast meinen, du bist ein Fetischist. Nächstes Mal ziehe ich keinen Minirock an.«
    »Entschuldige, Anne«, stammelte Jo. »Ich hatte vergessen, dass du so schön bist.«
    »Ich habe in Miami Beach ein Hotelzimmer mit einem Bett reserviert, in dem eine halbe Fußballmannschaft Platz hat. Miami Beach wird dir gefallen, es ist ein reiner Art-déco-Badeort, ein richtiges Museum.«
    Sie hatte ein Cabrio gemietet. Die Hitze war sehr viel weniger drückend als in Havanna, obgleich es kaum zweihundert Kilometer entfernt lag. Über die Kane Crossway, eine riesige Brücke, die die Bucht überspannte, fuhren sie auf die Halbinsel von Miami Beach.
    Miami war eine futuristische Megalopolis, eine Geisterstadt mit menschenleeren Straßen. Nichts als Hoch- und Autobahnen, die durch die Wolkenkratzer führten. Keine Bürgersteige, keine Bäume, nicht einmal Himmel, so dicht standen die Gebäude beieinander. Im Gegensatz dazu wirkte Miami Beach wie ein nostalgischer Vergnügungspark. Wie ein Museum der zwanziger Jahre, mit seinen wie Perlen aufgereihten pastellfarbenen und von Blumen und Palmen eingerahmten Art-déco-Villen. Und alle zwanzig Meter gab es, flankiert von Hotels, die mit romantischer Neonreklame übersät waren, ein französisches Restaurant oder eine französische Boutique.
    »In Florida leben 26000 Franzosen«, erklärte Anne, die die Reiseführerin spielte. »Die meisten wohnen in Miami Beach. Viele Algerienfranzosen, die Ärger mit der Steuer haben, kommen hierher und eröffnen eine Morgan- oder Benetton-Boutique, dealen aber hinter der Fassade mit Drogen. Surferlook, Bodybuilding und blonde Strähnen sind hier total angesagt. Und es gibt jede Menge gut aussehende Typen! Ich frage mich, warum ich dich gebeten habe herzukommen!«
    »Sehr charmant, Anne«, sagte Jo, der sich unwohl fühlte. »Sehe ich so fertig aus?«
    »Überhaupt nicht! Du wirkst nur nicht mehr so jungenhaft wie vorher. Du bist älter geworden, Jo, aber das steht dir sehr gut. Ich habe einen Bungalow in einem Jachthafen-Hotel gemietet. Du kannst direkt vom Bett in den Pool springen. Ich weiß ja, dass du gern im kalten Wasser aufwachst. Ich hab auch ein kleines Motorboot gemietet. Es liegt direkt vor der Tür, ich dachte, es würde dir gefallen, könnte ja sein, dass du mitten in der Nacht nach Kuba zurück möchtest. Man kann ja nie wissen.«
    »Das muss dich ein Vermögen gekostet haben!«
    »Ich bezahle es mit deinem Geld, Jo. Also bist du eigentlich derjenige, der uns das schenkt. Ich dachte, es wäre nur fair, den Spieß einmal umzudrehen. Du warst immer ein Spieler, na ja, und jetzt hab ich mir gesagt, dass ich

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