Liebe und Vergeltung
Weldon rächen.“
Überrascht schaute Jethro Crawley den Besucher an. Mikahl merkte, daß der Bauer das Anerbieten überlegte und sorgsam das Für und Wider abwog.
„Warum?“ fragte Mr. Crawley nach einer Weile.
„Weil ich Weldon das Handwerk legen will“, antwortete Mikahl ruhig. „Und Sie könnten mir dabei helfen.“
„Was verlangen Sie von mir?“
„Treten Sie mir das Recht an dem von der L & S beanspruchten Gelände ab“, sagte Mikahl und sah dem Bauern fest in die Augen. „Ich werde den Prozeß gegen die Gesellschaft wieder in Gang setzen und verspreche Ihnen, die Hypothek abzulösen. Außerdem erhalten Sie von mir zweitausend Pfund, die genügen sollten, eine Zeitlang zu verreisen, zum Beispiel zu Ihrem Ältesten nach Kanada. Sobald Weldon unschädlich gemacht ist, können Sie heimkehren und mit den Aufbauarbeiten am Hof beginnen. Wahrscheinlich sind Sie damit noch vor der Ausbringung der Frühlingssaat fertig.“
„Und wo ist der Haken?“ erkundigte Jethro Crawley sich argwöhnisch.
„Es besteht die vage Möglichkeit, daß ich Weldon nicht aus dem Wege räumen kann“, gestand Mikahl wahrheitsgemäß. „Dann kann es geschehen, daß ich ums Leben komme. Sollten Sie es dann nicht für ratsam halten, mit Ihrer Familie zurückzukehren, haben Sie zumindest die Möglichkeit, den Hof gewinnbringender als jetzt zu veräußern und irgendwo neu zu beginnen.“
Sekundenlang starrte Mr. Crawley den Fremden nur sprachlos an. Dann stand er auf, reichte ihm die Hand und sagte spröde: „Sir, Sie sind soeben Besitzer des Landes geworden, über das die L & S die Bahntrasse führen will.“
Mikahl schüttelte dem Bauern die schwielige Hand und lächelte zufrieden. Ein neuer Faden war in das Netz gewoben, in dem Weldon sich fangen sollte. Bald, sehr bald, würde sein Feind sich vollends darin verstricken.
Als nächstes würde Mikahl nun dafür sorgen, daß Lady Sara St. James unwiderruflich von Sir Charles Weldon getrennt wurde.
Die Karaffe aus grünem Glas mit diamantgeritzter vergoldeter Gravierung zur Hand nehmend, drehte Mikahl, Prinz Balagrini von Kafiristan, sich zu dem in einem Sessel aus Ebenholz sitzenden Freund um und sagte lächelnd: „Ich weiß, nach dem Dinner pflegt ihr Engländer stets ein Gläschen Portwein zu trinken. Ich finde nicht sehr viel Geschmack daran und ziehe Cognac vor. Der Butler hat dafür gesorgt, daß meine Bestände gut sortiert sind. Was darf ich dir anbieten?“
„Einen Cognac. Ich bin ebenfalls kein großer Freund von Portwein.“
Seit dem vergangenen Tage wohnte Mikahl in dem gemieteten Palais in der Park Street und hatte Lord Alastair Carlisle eingeladen, das Ereignis mit ihm zu feiern. Er schenkte goldgelben Cognac in zwei kostbare Gläser und dachte daran, wie absurd es wäre, daß er den Freund und Lady Sara St. James in den letzten Wochen so gut wie nie zu Gesicht bekommen hatte. Statt dessen hatte er viel Zeit mit dem Mann verbracht, den er von Herzen haßte. Gewiß, sie war nicht verschwendet, denn mittlerweile sah Weldon in ihm einen guten Bekannten und vertrauenswürdigen Geschäftspartner. Mikahl war es gelungen, den Feind behutsam auszufragen und viele Einzelheiten aus dem privaten und beruflichen Umfeld des Baronets in Erfahrung zu bringen.
Es machte ihm ein boshaftes Vergnügen, über Weldons derbe, oft schmierige Scherze zu lachen, während er sich im stillen haßerfüllt ausmalte, wie er Sir Charles quälen und erniedrigen würde. Wiederholt hatte er sich zum Souper mit ihm getroffen und den verabscheuten Gegner auf charmante Weise hofiert, obgleich er innerlich vor Rachsucht kochte. Aber er hatte jeden Moment der Zusammenkünfte ausgekostet, weil er wußte, daß er Schritt für Schritt dem Ziel näher kam.
Er verstöpselte die Karaffe, ging zu Lord Alastair und reichte ihm ein Glas. Nachdenklich setzte er sich in einen chintzbezogenen Fauteuil und lehnte sich bequem zurück.
„Abgesehen davon, daß du keinen Portwein magst, hast du dich inzwischen aber schon sehr an den englischen Lebensstil gewöhnt“, bemerkte Alastair und wies auf die elegante Umgebung des kostspielig eingerichteten Salons. „Du scheinst in einen so erlesenen Rahmen hineingeboren zu sein.“
„Du müßtest es eigentlich besser wissen“, erwiderte Mikahl trocken.
„Natürlich läßt sich diese prunktvolle Residenz nicht mit deinem bescheidenen Haus in Kafiristan vergleichen“, stimmte Alastair zu. „Du meine Güte. Ich schüttele noch immer den Kopf, wenn ich
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