Liebe und Vergeltung
nie vergessen werde. Seine Augen waren kalt und starr und erinnerten mich an die einer Schlange. Er reiste unverrichteter Dinge ab, und danach wurde ich vom Unglück heimgesucht. Erst wurden die Schafe vergiftet, und ich verlor fast die gesamte Herde. Von den Milchkühen, die ich hatte, wurde mir eines Nachts mehr als die Hälfte erschossen. Und dann ...“ Crawley versagte die Stimme.
„Und dann brannte der Heuschober ab, nicht wahr?“
Der Bauer nickte und sagte düster: „Nicht nur er, auch der Getreidespeicher ging in Flammen auf. Die Ernte war eben erst eingefahren worden. Mir blieb nichts, was ich hätte verkaufen können. Der Verlust hat mich an den Rand des Ruins gebracht. Für mich besteht kein Zweifel, daß es Brandstiftung war. Natürlich kann ich das nicht nachweisen. Doch das war nicht der schlimmste Schicksalsschlag, der mich traf.“ Crawley schwieg einen Moment, schloß die Augen und bedeckte sie mit der Hand. Er seufzte, straffte sich und schaute den Prinzen bekümmert an. „Ich habe immer gewußt, daß mit meinem zweiten Sohn Jimmy etwas nicht in Ordnung war. Er hatte einen stieren Blick und war einfältig, aber der freundlichste und gutmütigste Junge, den man sich wünschen konnte. Anne und mir war klar, daß er nie in der Lage sein würde, den Hof zu führen, wenn es uns einmal nicht mehr gab. Deshalb wollten wir Bill, unserem Jüngsten, den Hof überlassen. Er hätte auch gut für seinen Bruder gesorgt. Doch nun ist alles anders gekommen.“
„Ist Jimmy bei dem Brand gestorben?“
„Ja. Er konnte wunderbar mit Tieren umgehen, und hat es sich sehr zu Herzen genommen, als wir die verendeten Kühe und Schafe fanden. An dem Tag, als das Feuer ausbrach, war es unglaublich heiß, und das Strohdach stand im Nu in Flammen. Die Ackerpferde waren in der Scheune und wieherten vor Angst. Jimmy rannte in den lichterloh brennenden Schober, um sie zu retten. Ich habe geschrien, er sollte zurückkommen, doch er war bereits verschwunden. Und dann ... dann brach ... der First ein und hat ihn ... erschlagen.“
„Das muß furchtbar für Sie und Ihre Frau gewesen sein.“ Jethro Crawley machte sich nicht die Mühe, die Tränen zu verbergen, die ihm über die Wangen rannen. „Einige Tage nach Jimmys Tod erhielt ich einen anonymen Brief. Man riet mir, die Klage zurückzuziehen, wenn ich nicht wollte, daß Anne und meinen beiden anderen Söhnen etwas zustöße. Natürlich bekam ich es mit der Angst und habe getan, was von mir verlangt wurde.“
Mikahl war sicher, daß Weldon hinter der Drohung steckte. Die Heimtücke des Baronets erfüllte ihn mit Zorn, aber er ließ sich nichts anmerken und erkundigte sich betont gelassen: „Haben Sie der L & S das geforderte Land bereits offiziell überschrieben und die Entschädigung erhalten?“
„Noch nicht. Der Vertrag soll erst ausgearbeitet werden. Nach der Unterzeichnung bekomme ich dann das Geld. Aber ich muß weit unter Preis verkaufen.“
„Haben Sie nie erwogen, sich wegen all dieser Vorkommnisse an den Magistrat oder das Parlamentsmitglied zu wenden, das Ihren Wahlkreis vertritt?“
„Welchen Sinn hätte das gehabt?“ fragte Jethro Crawley verächtlich. „Ich weiß genau, daß Weldon seine Leute beauftragt hat, meine Herden zu töten und das Feuer zu legen. Aber ich habe nichts gegen ihn in der Hand. Ohne stichhaltigen Beweis richte ich gegen einen reichen Mann wie ihn doch nichts aus!“ „Nein, vermutlich nicht“, räumte Mikahl nachdenklich ein. „Haben Sie je überlegt, den Hof zu verkaufen und sich anderenorts anzusiedeln?“
„Ja, sicher“, antwortete der Bauer heftig. „Ich würde jedoch nie genug erzielen, um einen neuen Anfang machen zu können, weil die Hypothek auf dem Hof liegt. Außerdem sind die Ländereien schon seit Königin Elizabeths Zeiten im Besitze meiner Familie. Ich hänge an dem Land und kann es nicht so ohne weiteres aufgeben. Ich werde mich daher mit dem von der L & S gezahlten Betrag begnügen müssen und hoffe, daß er reicht, um den Hof weiterhin zu bewirtschaften. Leider muß ich eine große Summe für den Aufbau der Scheunen und die Anschaffung neuer Herden verwenden. Unter den Umständen wird es Jahre dauern, bis ich die Hypothek abgetragen habe. Der Himmel möge mich davor bewahren, daß es Mißernten gibt. Denn dann wüßte ich nicht mehr ein noch aus.“
„Wenn Sie wollen, gebe ich Ihnen die Möglichkeit, wieder festen Fuß zu fassen“, sagte Mikahl bedächtig. „Und gleichzeitig könnten Sie sich an
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