Liebe und Verrat - 2
Wache hielte.«
»Kannst du Gareth nicht darum bitten?« Meine Unverblümtheit macht mir nicht mehr das Geringste aus.
Er schaut mir in die Augen und beugt sich dann vor. In seinem Kuss spüre ich seine Entschlossenheit. »Ich vertraue deine Sicherheit niemand anderem an, Lia.« Er lächelt. »Wir haben alle Zeit der Welt. Unsere Zukunft hält so viele Nächte für uns bereit, wie du willst. Aber jetzt komm, gehen wir schlafen.«
Aber obwohl mich während der ganzen Nacht Dimitris Schatten vor meinem Zelt in Sicherheit wiegt, kann ich nicht schlafen. Seine Worte gehen mir nicht aus dem Sinn. Ich weiß, dass er sich irrt.
Wir haben nicht alle Zeit der Welt. Nur die Zeit, die uns die Prophezeiung zugesteht. Die Zeit, die wir ihr stehlen. Und die Zeit zwischen jetzt und dem Augenblick, in dem die Aussicht auf meine Zukunft mit Dimitri und meine Vergangenheit mit James aufeinandertreffen.
Unser Lager ist schnell abgebrochen. Innerhalb kürzester Zeit sitzen wir wieder auf dem Rücken unserer Pferde und reiten weiter über die Felder.
Nach dem Nebel an dem Küstenstrich, an dem wir landeten, empfinde ich die Sonne immer noch als einen wahren Segen. Ich schließe die Augen, manchmal für lange Momente, lege den Kopf in den Nacken und lasse die Wärme in meine Haut einsickern. Ich fühle die Gegenwart all jener, die vor mir in die Prophezeiung eingetreten sind. Ich fühle mich eins mit ihnen, obwohl wir nicht gemeinsam auf Erden wandeln. Das Gefühl verleiht mir Stärke und Gelassenheit, und zum ersten Mal seit Langem kann ich mich mit meinem Schicksal aussöhnen, was es auch für mich bereithalten mag.
In einem solchen Augenblick werde ich mir der absoluten Stille um mich bewusst. Keine Pferdehufe. Kein Schnauben aus ihren großen Nasen. Kein leichtherziges Geplauder zwischen Dimitri und Gareth. Als ich meine Augen aufschlage, befinden wir uns in einem Hain, in dem die Bäume so klein sind, dass sie kaum Schatten werfen.
Dimitri und Gareth haben ihre Pferde gezügelt, keiner von ihnen ist jedoch abgestiegen. Ich bringe Sargent ebenfalls zum Halten.
»Warum reiten wir nicht weiter?«, frage ich.
Gareths Blick schweift über die umliegenden Felder und Bäume. »Ich fürchte, wir müssen hier Abschied nehmen, obwohl ich mir einen geschützteren Ort gewünscht hätte, an dem ihr euren nächsten Führer treffen sollt.« Er zuckt mit den Schultern. »Aber vermutlich gibt es einen solchen Ort im weiteren Umkreis nicht.«
Ich versuche, meine Enttäuschung zu verbergen, denn ich habe Gareth schätzen gelernt.
»Wann wird unser nächster Führer eintreffen?«, will ich von ihm wissen.
Wieder zuckt er mit den Schultern. »Wahrscheinlich schon bald, obwohl ich es nicht mit Sicherheit sagen kann. Keiner der Führer kennt die Identität des anderen und keiner die unterschiedlichen Zeitpläne.« Er kramt in seiner Satteltasche herum und zieht zwei Beutel heraus, die er auf den Boden wirft. »Bleibt hier, bis euer Führer auftaucht. In den Beuteln sind genügend Vorräte für mindestens zwei Tage.«
»Werden wir dich wiedersehen?« Diesmal gebe ich mir keine Mühe, meine Enttäuschung zu verhehlen.
Er grinst. »Das weiß man nie.«
»Gareth.« Dimitri schaut zu ihm hin. »Danke.«
Er lächelt. »Gern geschehen, Dimitri von Altus.«
Er lenkt sein Pferd zu mir und streckt die Hand aus. Ich reiche ihm meine. »Egal, ob du das Amt akzeptierst oder nicht, für mich wirst du immer die rechtmäßige Herrin von Altus sein.« Er neigt seinen Kopf und küsst meine Hand sanft. Dann wendet er sein Pferd und galoppiert davon.
Dimitri und ich bleiben in der Stille zurück. Die Trennung von Gareth geschah so schnell und unvermittelt, dass keiner von uns beiden so recht weiß, was er machen soll. Schließlich steigt Dimitri ab und führt sein Pferd zu einem Baum, wo er es anbindet. Dann macht er das Gleiche mit Sargent.
Wir stellen das Zelt auf und bereiten eine provisorische Mahlzeit aus den spärlichen Zutaten zu, die wir in den Beuteln vorfinden. Als sich die Dunkelheit über uns legt, müssen wir akzeptieren, dass unser Führer heute wohl nicht mehr eintreffen wird. Dimitri hält wieder vor meinem Zelt Wache, während ich mich – durchgefroren, wie ich bin – in die Decken einwickele und auf eine lange, unruhige Nacht einstelle.
Mehrmals glaube ich, ein Rascheln zwischen den Bäumen rings um das Lager zu hören, schwere Schritte auf dem harten Boden. Dimitri hört es wohl ebenfalls, denn er steht auf und geht auf und ab, wobei
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