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Liebe und Völkermord

Liebe und Völkermord

Titel: Liebe und Völkermord Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniel Imran
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Mann sah älter aus als an jenem Tag, als sein Sohn ihn vor seiner Abreise nach Kafro gesehen hatte. Irgendetwas Neues müsse geschehen sein, dachte sich Matthias. Sein Vater erzählte ihm, Männer aus Ehwo seien gekommen und das Dorf hätte beschlossen, einen Teil ihrer Männer mit ihnen nach Iwardo zu schicken. Dorthin seien die Aramäer geflohen und hätten sich verschanzt. Madschid sei mit ihnen gegangen. Matthias senkte deprimiert seinen Kopf. Er machte sich Sorgen um seinen Bruder.
    Siwar trat hervor und danach noch seine Mutter. Seine Mutter beachtete ihn nicht und setzte sich rechts neben ihre Tochter. Ihre Abneigung ihm gegenüber kränkte ihn erneut und er wollte sich nun am liebsten sofort wieder auf den Weg zu seiner Höhle machen. Jedoch fasste sein Vater ihn an der Schulter an und bat ihn um eine Unterredung. Sie traten hinaus, hinter den Garten und sprangen über das Gehege auf den Gehweg am Rande des Dorfes. Sie spazierten nebeneinander. Isa schaute besorgt aus. Matthias fragte ihn, worum es denn gehe. Sein Vater schaute noch eine ganze Weile nachdenklich vor sich hin, dann endlich hob er seinen Kopf. „Ich kann nicht nach Iwardo gehen. Ich kann deine Mutter, deine Schwester und deinen Bruder nicht hier allein lassen. Dein anderer Bruder sorgt sich um das Wohl seiner eigenen Familie. Dann sind da noch die armenischen Kinder. Und ich bin alt geworden. Ich habe nicht mehr die Kraft, solch einen großen Kampf zu führen.“
    Der Sohn dachte nach, warum sein Vater ihm das erzählte und das unter Ausschluss der Familie. Es konnte nur einen Grund hierfür geben.
    „ Madschid ist gegangen. Ich werde auch gehen. Ich kann mich nützlich machen. Gleich nach dem Sonnenuntergang mache ich mich auf den Weg.“
    Isa schaute wieder nur noch nachdenklich vor sich hin. Dies war ein schweigsames Ja-Sagen vom Vater. Ihm war es schon unbehaglich geworden, seinen Sohn in den sicheren Tod zu schicken. Warum wollte er das? Wollte er womöglich den Tod seines Sohnes? Wollte er sich seiner entledigen und diesen günstigen Zeitpunkt und die gute Gelegenheit nutzen?
    Matthias hingegen hatte bereits für sich beschlossen, nach Iwardo zu gehen. Das Leben hatte ihn enttäuscht und er hatte seine Lust am Leben verloren. Wenn sich ihm nun die Gelegenheit bot, für eine glorreiche Sache zu sterben, dann kam ihm das gelegen. Das Blut in seinen Adern kochte. Er spürte, wie neue Kräfte seinen Körper mit neuem Mut und Tatendrang füllten.
    „ Die Moslems werden sich inzwischen auf den Weg dorthin gemacht haben. Vermutlich haben sie Iwardo schon erreicht.“
    Danach drehte Isa sich einfach um und schlenderte zurück in Richtung seines Hauses, ohne sich von seinem Sohn zu verabschieden oder ihm viel Glück bei seiner Mission zu wünschen. An diese Eigenart seines Vaters hatte Matthias sich schon gewohnt. So schlenderte er den Gehweg weiter in Richtung Tal, zurück zu seiner Höhle. In zwei Stunden sollte die Sonne untergehen. Dann wollte er sich im Schutze der Dunkelheit auf den Weg nach Iwardo machen. Als er in seiner Höhle stand, kurz vor seinem Aufbruch, überlegte er, ob er seine Bücher mitnehmen sollte. Alle Bücher konnte er nicht mitnehmen, sie wären eine zu schwere Last gewesen. Also nahm er jenes von ihm selbst geschriebene Buch mit. Er klemmte es unter seinen linken Arm und hielt es fest an seiner Hüfte. Dann machte er sich auf den Weg. Als einzige Waffe hatte er nur das spitze, sehr scharfe Messer von Meridschan dabei. Es war auf seinem Rücken oberhalb seiner Hose geklemmt.
     
    Bischof Ambrosiani schaute auch erschrocken. Murad schlug mit der Faust seiner rechten auf die Innenfläche seiner linken Hand. „Er ist uns entkommen! Verdammt! Dieser Lümmel hat unseren Untergang besiegelt!“
    Abuna Isa stand am Tor. Pater Petrus befand sich in seiner Höhle und wollte nichts von dem Ereignis wissen. Abt Juhanun hielt sich ebenfalls abseits. Der italienische Priester wollte reden, doch ehe er dies tun konnte, fiel ihm stets der Muchtar ins Wort.
    Nun betraten auch die beiden alten Männer Muksi Antar und Muksi Aljas das Kloster. Sie schwitzten stark und schnauften. Sofort hob Antar seinen Gehstock in die Luft. „Der Junge hatte Angst. Deswegen ist er geflohen!“
    Aljas schüttelte den Kopf. „Er ist doch noch ein halbes Kind. Lasst ihn!“
    Murad hob verächtlich seine linke Hand. „Was redet ihr da?! Er hat die Frau des Wesirs umgebracht! Die Spur wird zu uns führen! Mein Gefühl sagt mir, dass sie es schon gewusst

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