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Liebe und Völkermord

Liebe und Völkermord

Titel: Liebe und Völkermord Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniel Imran
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einem Kommentar zurück. Hätte er sich getraut, etwas zu sagen, hätte er gesagt, solche tragischen Vorfälle würden sich in seiner Diözese in Italien jeden Tag ereignen und, wie ihm scheinen würde, seien die hiesigen Menschen doch nicht so verschieden von den Europäern. Pater Petrus meldete sich zuerst. Antar und Isa erklärten ihn eigenmächtig zum neuen vorsitzenden Geistlichen ihrer Gemeinde. Sie baten ihn, sofort sein Amt zu übernehmen und ihnen ins Dorf hinunter zu folgen. Petrus bekam den Segen seines Abtes Juhanun und folgte den beiden Männern, welche unfreiwillig in diese Tragödie verwickelt worden waren. Antar war Magdalenas Onkel und der Bruder ihres Vaters Ablahad. Ablahad war mit Sarife, Magdalenas Mutter, verheiratet, die wiederum die Schwester von Johanna, der Mutter des toten Jungen, war. Isa hatte sich bei Antar und dem Muchtar entschuldigt. Antar war ein besonnener Mann. Er vorverurteilte Isa nicht, seinen Sohn und Enkelsohn ebenso nicht. Und zudem war Magdalena, die Mitschuldige, seine Nichte, und er fühlte sich mitschuldig. Die Lage war kompliziert und es drohte ein großer Konflikt im Dorf zwischen den Großfamilien auszubrechen.
    Derweil schlug Sarife ihre Tochter in ihrem Haus. Ablahad gesellte sich zu seinem Vater und dem Dorfältesten Aljas, um ihren Rat zu ersuchen. Nur noch der Dorfälteste und Pater Petrus konnten jetzt eine Fehde verhindern.
    Magdalena weinte und steckte jeden kräftigen Schlag der rechten Hand ihrer Mutter weg. Sie schrie und beteuerte, Johannes habe sie töten wollen und Aziz sei im letzten Moment gekommen und habe ihr das Leben gerettet. Sarife war verzweifelt. Sie hatte sich nur um ihre beiden Söhne Ablahad und Bilad gekümmert. Als auch Bilad schließlich geheiratet hatte, blieb nur noch die lästige Magdalena zurück. Sie war schon seit den Tagen, als sie gehen konnte, ein Problemkind ihrer Eltern. Wenn Sarife für nur wenige Minuten aus dem Haus ging, um ihre Schwester aufzusuchen und sie davor ihre Tochter gebeten hatte, auf den Kochtopf zu achten, schlich sich Magdalena heimlich davon und entzog sich der Erfüllung ihrer Haushaltsaufgaben. Sarife schrie wild um sich herum und beschimpfte das kleine Mädchen. „Wärst du doch nie geboren! Was hast du mir nur angetan! Gott möge dich erschlagen!“
    Immer wieder sagte sie diese schlimmen Worte. Magdalena ließ sich zu Boden fallen, sitzend vergrub sie ihr Gesicht auf ihren Beinen.
    Aziz wurde zuhause ebenfalls geschlagen und angeschrien. Er jedoch bekam nicht nur von seiner Mutter Sejde sondern auch von seinem Vater Isa Prügel. Der kleine Junge blutete sogar aus dem Mund. Seine Mutter hielt daraufhin ihren Mann zurück. Mes'ut, Aziz' um drei Jahre älterer Bruder, schaute dem Familienstreit teilnahmslos und nachdenklich zu. Isa schnaubte, sein Gesicht war ganz rot geworden. „Du hast ihn getötet! Er ist tot! Verdammt sind wir bis in alle Ewigkeit. Gott wird uns in die Hölle werfen.“
    „ Nein, Vater, das wird er nicht, wenn es tatsächlich so passiert ist, wie Aziz es uns erzählt hat“, mischte sich nun Mes'ut doch noch ein. Isa drehte sich nur schweigsam zu ihm um und wandte sich dann verächtlich wieder von ihm ab. Mord war eben nun einmal Mord, dachte Isa. Sein Sohn hatte das größte und schändlichste Verbrechen überhaupt begangen und dafür müsse er bestraft werden. Da er aber noch unmündig sei, würde er selbst, der Vater, die Strafe auf sich nehmen müssen.
    Er weinte, schüttelte den Kopf und ballte seine Hände zu Fäusten. Seine Frau weinte ebenfalls, legte ihre Hände in die seinen und drängte ihn zurück, er sollte dem Jungen nicht mehr wehtun. Isa beruhigte sich und schaute seiner Frau in die Augen. Zwischen ihr und ihm war es eine arrangierte Ehe durch die Eltern der beiden gewesen. Sie hatten sich mit der Zeit lieben gelernt.
    „Ich glaube auch nicht, dass Aziz so etwas tun würde. Johannes ist immer schon ein vorlautes Kind gewesen. Er kam nach seinem Vater“, sprach die Mutter. Isa schüttelte den Kopf. „Auch wenn, und egal, was er getan hat, er hätte es niemals tun sollen. So etwas kann man auch auf andere Art lösen.“
    Sie schwiegen. Isa, Isas Vater, klopfte an die Tür. Mes'ut öffnete ihm die Tür. Der Großvater ermahnte seinen Sohn, Aziz nicht so zu behandeln. Es sei ein Unfall gewesen. Isa, Matthias' Vater, hatte selbst nie seine Hand gegen seine Kinder erhoben. Auch nach Gabriels Tod hatte er es nicht getan und wenn sogar Matthias Gabriel selbst erschlagen

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