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Liebe und Völkermord

Liebe und Völkermord

Titel: Liebe und Völkermord Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniel Imran
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ernstem Gesichtsausdruck zu Fathallah. Der Scheich schaute sich sein Gesicht genau an. Dann sagte er: „Haltet Ihr mich für einen Narren?! Warum kämpfen dann muslimische Führer gegen muslimische Führer? Hier geht es nicht um die Religion! Und wenn Ihr mich persönlich fragt, wer mein Freund ist und für mich arbeitet oder kämpft, dessen Freund bin auch ich. Ganz gleich welcher Nationalität oder Religionsgemeinschaft er angehört!“
    Muhammad gefielen die Worte des Scheichs, doch in Gegenwart des Paschas wollte er seine Sympathie für den Gast verbergen. „Stimmt es, was man sich über Euch erzählt, Scheich? Ihr sollt die Tochter des Oberimams von Dijabakir entführt und ihm gedroht haben.“
    Fathallah lachte und behielt danach ein Grinsen im Gesicht. „Das ist schon drei Jahre her. Fragt doch meine Schwiegertochter, ob sie wirklich entführt worden ist von mir! Fragt sie, ob sie gegen ihren Willen meinen Sohn geheiratet hat! Fragt sie, ob sie gegen ihren Willen im Hause meines Sohnes lebt!“
    Ernst schaute der Pascha den Agha an. Er hob dann seine rechte Hand zur Beschwichtigung. „Nun gut, Exzellenz. Wir haben zurzeit ein großes Problem und wollen dieses schnellstmöglich lösen. Wir ersuchen Eure Hilfe.“
    „Exzellenz, ich glaube, Ihr habt es immer noch nicht verstanden. Ich bin nicht hier, um Euch zu helfen, sondern den Aramäern!“
    „ Ja, Ihr werdet uns beiden helfen. Wir danken Euch schon im Voraus. Bitte geht zu den Christen und sagt ihnen, sie sollen aus der Festung herauskommen und ihre Waffen niederlegen! Wenn sie das tun, werden wir abziehen und sie in Frieden lassen.“
    Fathallah schaute den Pascha mit bohrendem Blick an. „Ich glaube, Exzellenz, auch Ihr haltet mich für einen Narren! Solange ich nichts Schriftliches bekomme, werde ich den Christen nicht raten, ihre Waffen niederzulegen! Ich will ein Schreiben von der Hohen Pforte, mit ihrem Siegel darauf!“
    Mustafa kochte innerlich vor Wut. „Wir sind die Vertreter der Hohen Pforte! Unser Wort ist das der Regierung! Ich habt mein Ehrenwort!“
    Er schaute dann zum Pascha, damit dieser ihm zustimmen sollte. Auch Fathallah wandte nun seinen Blick Ali zu. Ali jedoch nickte nicht und sagte nichts.
    Der Scheich nahm den Becher, nippte an ihm, legte ihn vorsichtig wieder auf den Boden und kippte ihn absichtlich um. Der Tee verteilte sich über den Boden des Zeltes zwischen den vier Männern. „Oh, das tut mir leid, Exzellenzen! Ich bitte vielmals um Verzeihung!“
    Die drei Männer regten sich auf, doch ließen sie sich das nicht anmerken und lächelten.
    Fathallah stand auf, die drei Männer erhoben sich ebenfalls.
    „ Ich gehe jetzt. Ich erwarte morgen früh Eure Antwort, Exzellenz.“
    Er verneigte sich und stolzierte darauf aus dem Zelt heraus.
    Die drei Männer starrten noch eine Weile lang den Ausgang des Zeltes an, sie waren immer noch fassungslos über das Verhalten des Scheichs.
    In ihrem Lager hatte sich eine Epidemie ausgebreitet. Ihre Truppenstärke verringerte sich von Stunde zu Stunde erheblich. Und die Nachschübe aus Dijabakir wurden ebenfalls dürftiger. Eine vom Kaymakam gelieferte Kanone war bereits nach nur zwei Tagen Einsatz untauglich geworden
    Mustafa hob verächtlich seine rechte Hand. „Dieser Drecksverräter hält sich für besonders schlau! Ich werde ihm zeigen, wer hier der schlauere ist!“
     
    In den letzten zwei Wochen hatte Matthias nicht schlafen können. Sein Gesicht war aschfahl geworden. Seinem Bruder Madschid erging es ebenso. Bischof Ambrosiani beklagte den ganzen Tag lang ihre Lage.
    Sie lagen an ihren Händen und Füßen gefesselt auf Matten auf dem Boden in einem gut bewachten Zelt.
    Der Agha trat ein. Matthias öffnete seine Augen, sah den Agha, und schloss sie danach wieder.
    „ Es ist bald vorbei. Es wird bald eine Entscheidung geben.“
    Ambrosiani schaute Muhammad ungläubig an. „Was meint Ihr damit, Exzellenz? Was für eine Entscheidung wird es geben?“
    Muhammad schaute die ganze Zeit über Matthias an. Er schwieg.
    Madschid blickte nun auch zum Agha auf. Er schaute ihn verächtlich an. Der Agha wandte seinen Blick von Matthias nicht ab. „Schade, dass du nicht Moslem geworden bist.“
    Danach verließ er eilig das Zelt.
    Madschid spuckte ohne Speichel vor sich hin. Ambrosiani schüttelte den Kopf. „Dieser Mann ist unglaublich! Sie haben eure Familien abgeschlachtet. Und nun kommt er und verlangt von dir, zum Islam überzutreten. Dieser Mann ist ein Witzbold!“
    Matthias

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