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Liebe und Völkermord

Liebe und Völkermord

Titel: Liebe und Völkermord Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniel Imran
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mich nicht so sehr mit ihnen beschäftigt. Ich bin, und das sage ich nicht einfach so, sondern meine es aufrichtig, nicht so gebildet wie Ihr. Meine rechte Hand, Wesir Muhammad Ali, ist vor kurzem beinahe selbst diesen Aramäern zum Opfer gefallen. Einen besseren Beweis gibt es doch nicht, dass sie uns hassen und am liebsten gleich sofort vernichten würden.“
    „ Mir ist eine ganze andere Version der Geschichte zu Ohren gekommen. Euer Wesir hat die Aramäer provoziert. Ich glaube nicht, dass sie von sich aus die Herrscher attackieren. Bei allem Respekt, Agha, erlaubt mir, das offen zu sagen. Mir scheint, Ihr seid parteiisch und Eure Vorurteile gegenüber den Aramäern schwächen Eure aufrichtige und weise Urteilskraft. Ich bitte Euch, merkt Euch meine Worte und denkt in aller Ruhe darüber nach!“
    „ Ich bitte Euch, sprecht offen heraus, was Ihr denkt! Ihr wisst doch, ich respektiere Euch und fasse keines Eurer Worte als Beleidigung auf sondern als guten Rat.“
    „ Bevor ich aufbrach, um hierher zu reiten, dachte ich nach, ob dieses Treffen überhaupt einen Sinn mache und es doch nicht reine Zeitverschwendung sei. Bitte, Agha Bilad, lasst unser Gespräch hier in Dijabakir an diesem herrlichen Frühlingstag keine Verschwendung von Zeit und Kraft sein. Lasst uns in Frieden und Brüderlichkeit auseinander gehen. Und ganz gleich, was die Zukunft unserem Land beschert! Wenn es also zum Krieg kommen sollte, so seid gewiss, ich werde mich neutral verhalten und mich weder zwischen die Kriegsparteien stellen, noch irgendeine der beiden heimlich unterstützen. Ihr habt mein Wort als Ehrenmann.“
    Agha Bilad jubelte innerlich. Er lächelte Tschalabi freundlich an und reichte ihm seine rechte Hand. Die Menschen hier kannten diese Geste der Diplomatie nicht. Die beiden Aghas hatten sie bei den europäischen Missionaren, Offizieren und Vertretern den europäischen Botschaftern gesehen und sie ihren eigenen Gepflogenheiten hinzugefügt.
    Also schüttelten die beiden Aghas die Hände.    
     
    Diese Frau war mit den Jahren so fettleibig und hässlich geworden, weswegen Bilad nicht mehr das Bett mit ihr teilte. Im Gegensatz zu seiner zweiten Frau trug sie keinen Schleier mehr über ihr Gesicht, sie hatte ihn vor fünf Jahren abgelegt, denn ihr Gesicht würde sicherlich nicht mehr den Reiz irgendeines Mannes außerhalb oder innerhalb ihres Hauses wecken, meinte sie. Dennoch hatte ihr Ehemann Agha Bilad Murad sie gerne um sich, denn sie hatte stets die besten Ratschläge für ihn. So suchte er sie gleich sofort nach seiner Ankunft nach dem Treffen mit seinem Erzrivalen Agha Tschalabi in seinem Anwesen auf. Er traf sie in ihrem Gemach, wo sie nun allein in aller Ruhe sprechen konnten.
    Er saß auf dem Boden, zu ihren Füßen, sie saß auf der rechten Seite ihres Bettes. Sie liebte ihn nicht mehr und wenn sie dies jemals getan hätte, dann, so war ihr klar, nur wegen seiner Macht. So wie sie ihn nun dort sitzen sah, diesen verzweifelten alten Mann, tat er ihr leid. Sie hörte ihm aufmerksam zu und analysierte für sich die Details seines Berichtes vom seiner Unterredung mit dem Agha Tschalabi.
    „Er hat recht, wir sind zwar die Herren der Aramäer, aber in Wirklichkeit sind die Osmanen die Herrscher. Sie gebieten über uns und können doch daher alles tun und lassen mit unserem Land, was sie wollen. Die Osmanen sind in den letzten Jahrzehnten gut zu uns gewesen. Wir sind Glaubensbrüder. Wenn sie mit den Aramäern hart ins Gericht gehen sollten, ist mir das Recht. Tschalabi hat beteuert, er würde sich nicht einmischen, wenn es zum Krieg kommen sollte. Und er hat beteuert, nicht er sei es, der die Christen mit Waffen beliefere.“
    „ Der Sultan hat doch kaum noch Macht. Die Osmanen sind nicht mehr die, die sie einst waren. Woher willst du wissen, ob sie sich wirklich immer noch verbunden mit uns fühlen, nur weil wir derselben Religion angehören? Ich jedenfalls traue ihnen nicht mehr. Da ist etwas faul an der Sache.“
    „ Chatune, die Osmanen sind zu mächtig! Was können wir denn schon gegen sie ausrichten? Sie sind mit den Deutschen verbündet. Die Deutschen beliefern sie mit den modernsten Waffen und trainieren sie sogar in der Kriegskunst.“
    „ Meine Tante Marjam ist bei meiner Mutter gewesen, als ich dort zu Besuch war. Sie meint, es dauere nicht mehr lange und die arabischen Provinzen würden sich gemeinsam gegen die osmanischen Oberherren erheben.“
    „ Das ist totaler Blödsinn! Warum sollten sie das tun?

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