Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Liebe und Völkermord

Liebe und Völkermord

Titel: Liebe und Völkermord Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniel Imran
Vom Netzwerk:
zu.
    „Sag es mir. Egal, was es ist, ich werde es dir geben.“
    Sie schaute ihm tief in die Augen. Er konnte durch ihre hellblauen Augen hindurch sehen. Nach einer Weile lockerten sich die Muskeln in ihrem Gesicht. Sie zog ihre Lippen an. Bilad lächelte, da er es für ein Lächeln

 
    hielt, aber es war kein Lächeln. „Es betrifft deine erste Frau, Chatune. Mein Wunsch ist, dass sie verschwindet. Sie soll nicht mehr deine Frau sein, sondern nur noch ich. Ich will sie nie wieder sehen. Und du sollst sie auch nie wieder sehen. Das ist mein einziger Wunsch. Erfülle ihn mir!“
     
     
     
     
     
     
     
     
     
     
     
     
     
     
     
     
     
     
     
     
     
     
     
     
     
     
     
     
     
     
     
     

 
    Aram und Assur
     
     
    Matthias konnte es nicht fassen. Wer nur würde so grausam sein und solch ein Verbrechen von solch einem ungeheuerlichen Ausmaß begehen?
    Der Gestank der Leiche war unerträglich. Der Kleinwüchsige hielt sich die rechte Hand vor die Nase. Er sah zu, wie die Nagetiere den deliziösen Saft der tödlichen Wunde seines besten Freundes aufsaugten. Er war traurig, gewiss, doch weinte er nicht. Cäsar war schließlich kein Mensch gewesen. Wenn auch gleichwie einer. Nein, er war wütend. Wütend auf den Schwachsinnigen, welcher diese schändliche Tat begangen hatte.
    Soraja tauchte auf. Matthias bemerkte sie nicht, er starrte immer noch die Leiche des Hundes an.
    „ Furchtbar! Wer hat das getan?“
    „ Ich weiß es nicht. Wer auch immer das getan hat, er wollte mich damit verletzen. Er hat ihn genau hier vor meiner Höhle erschossen.“
    Sie legte ihren rechten Arm um seine Schulter. Er war immer noch verkrampft. „Ich kann mir vorstellen, wer es gewesen ist. Diese Aramäer sind primitiv! Sie sind wie Tiere. Sie haben keine Skrupel. Das kannst du mir glauben.“
    „Nein, sag so etwas nicht. Es war bestimmt nur ein Missverständnis. Ich bin mir sicher, das wird sich schon aufklären.“
    Nun trat doch eine Träne aus seinem rechten Auge aus. Er schmunzelte. „Ich sprach Latein mit ihm. Er verstand es. Deswegen habe ich ihn ,Cäsar' genannt, nach dem großen Feldherrn. Das wollte ich dir noch zeigen. Wenn ich ihm zurief ,sta', dann blieb er stehen. Wenn ich rief ,salta', sprang er, und wenn ich rief ,curre', dann lief er los.“
    „Vielleicht hat ihn kein Aramäer erschossen. Vielleicht war der Täter ein Kurde oder ein Türke.“
    „ Nein, ich bin mir sicher, dass es einer aus dem Dorf war.“
    Er löste sich von ihr. So schroff war er bisher nicht zu ihr gewesen, doch sie zeigte Verständnis für seine Lage. Er hastete den Hang hinunter. Soraja wusste nicht, ob sie ihm folgen oder lieber dort in der Höhle bleiben sollte. Sie empfand Mitleid für Matthias. Doch was konnte sie denn für ihn tun? Ins Dorf zu gehen, zu diesen für sie fremden Aramäern, das wagte sie nicht. Noch nicht.
     
    Wie fühlte sich ein Mensch im Moment, wo er das ihm Teuerste verliert? Das hatte der Wesir sich schon einmal gefragt. Nun wusste er die Antwort.
    Unbeschreiblich groß war jener Schmerz.
    Muhammad glaubte es nicht. Aisches Herz schlug nicht mehr.
    Der Rotz strömte aus seiner Nase heraus und lief ihm über seinen gestutzten Schnurrbart. Er schrie.
    Er setzte sich auf den Boden zu seiner toten Ehefrau. Als sei sie nur eingeschlafen, legte er ihren Kopf auf seinen Schoß und streichelte ihre Haare mit seiner linken Hand. Da war kein Leben mehr in ihr. Diese Hülle war nicht Aische.
    Er war verzweifelt. Er starrte sie nur noch an.
    Einen ganzen Tag lang saß er dort.
    Am Abend hatte jemand an die Haustür geklopft, doch er war dort in seiner Haltung verharrt geblieben.
    Schließlich raffte er sich auf.
    Er legte ihren Kopfschleier auf ihr Gesicht.
    Er dachte nach, wer ihm das angetan haben könnte. Gewiss hatte er viele Feinde, doch noch nie hatte es je einer von ihnen gewagt, ihn auf solch eine Weise zu provozieren. Er hatte viele Menschen in Verdacht, Verwandte und enge Freunde. Doch hielt er ihre Täterschaft für ausgeschlossen. Er grübelte. Dabei griff er barsch in seine Haare und zog an ihnen, als würde er vor Wut sie herausreißen wollen. Seine dunklen Fingernägel hinterließen einen dunklen Streifen in seiner Frisur. Nun ekelten seine Fingernägel auch ihn an.
    Dann fiel sein Verdacht auf die Aramäer. Doch Badibe lag so weit entfernt. Hätten sie es wirklich gewagt, fragte er sich.
    Nein, das schien ihm unwahrscheinlich zu sein.
    Dann fiel sein Verdacht auf den Agha Bilad. Dieser Agha hatte

Weitere Kostenlose Bücher