Liebe Unerwuenscht
Jennifers Sekretärin, die Caroline eine Stunde später anrief und ihr den Abflugtermin für den nächsten Morgen mitteilte. »Rückflug ist in drei Tagen«, fügte die Sekretärin noch hinzu.
Caroline war zufrieden. Da blieb ja sogar etwas Zeit für Faulenzen am Strand. Einen kurzen Moment beschlich Caroline der Verdacht, dass das von Jennifer so arrangiert war, um . . . Nein, entschied sie dann. Wahrscheinlich gab es einfach keinen früheren Rückflug. Immerhin war die Buchung sehr kurzfristig. Erstaunlich, dass es überhaupt so schnell geklappt hatte.
Caroline organisierte ihre Vertretung. Was so kurzfristig nicht einfach war. Auf Fragen nach dem Grund für ihre Abwesenheit hielt Caroline sich bedeckt. Sollte sie etwa sagen, dass sie einen Trip nach Mallorca machte? Von oben angeordnet? Alle würden glauben, die Reise sei eine Art Bestechung. Der Versuch des neuen Eigentümers, das Entgegenkommen der ärztlichen Direktorin zu erkaufen. Caroline schob einen Besuch bei einer alten Freundin vor.
Nachdem das Organisatorische erledigt war, schrieb Caroline ein paar E-Mails mit Anweisungen. Ganz zum Schluss eine E-Mail an Jennifer. »Ich gehe jetzt packen. Wir sehen uns morgen.« Während sie die Mail abschickte, stellte Caroline fest: Sie freute sich auf die kommenden Tage.
Das Taxi kam pünktlich um acht Uhr morgens und brachte Caroline zum Flughafen. Sie schaute sich in der Halle um, ging zu einem der Bildschirmterminals und suchte nach dem Check-in-Schalter für den Flug nach Palma.
Beatrice war die erste und bisher einzige der Gruppe. Sie winkte Caroline zu, als sie sich dem Schalter näherte. »So schnell sieht man sich wieder.«
»Ja, wer hätte das gedacht«, erwiderte Caroline verlegen. Sie fühlte sich in Beatrice’ Nähe befangen. Vor allem, weil sie nicht wusste, was Jennifer und Beatrice miteinander über sie sprachen.
»Sie begleiten Jennifer auf dieser Reise?« fragte Beatrice.
»Jennifer wollte es so«, erwiderte Caroline reserviert.
Ihr fiel sofort auf, wie das klang, und so wunderte es sie nicht, dass Beatrice schmunzelnd sagte: »Sie dürfen ihr nicht alles geben, was sie will.«
»Als Ärztin«, versuchte Caroline richtigzustellen.
Beatrice lächelnder Blick zeigte ihr, dass die Carolines Erklärung für eine ziemlich durchsichtige Ausrede hielt.
»Ereignisse, die außerhalb der normalen menschlichen Erfahrung liegen, können psychische Traumata auslösen«, erläuterte Caroline deshalb. »Ich bin keine Psychoanalytikerin, aber sicherlich erkenne ich Anzeichen eines solchen Traumas eher als Sie und weiß, wie ein Gespräch mit einer traumatisierten Person zu führen ist. Oder wollen Sie es verantworten, wenn Frau Dalberg, während Sie sie befragen, einfach zusammenbricht?«
Beatrice musste zugeben: »Anscheinend hat Jennifer weitergedacht als ich. Entschuldigen Sie, wenn ich . . . etwas vorlaut war.«
Caroline wurde einer Antwort enthoben, da Jennifer plötzlich neben ihnen stand. »Na, da sind wir ja fast vollzählig. Fehlt nur noch Sarah. Wo bleibt sie denn?«
Wie aufs Stichwort erschien Sarah in der Halle. Beatrice ging ihr entgegen.
Jennifer zwinkerte Caroline zu. »Hab’ ich es nicht gesagt?«
Als die beiden heran waren, verteilte Jennifer die Tickets. »Aufgrund der kurzfristigen Buchung habe ich nur zwei nebeneinander liegende Plätze.« Sie zögerte. »Hier, ihr beiden«, sagte sie dann zu Beatrice und Sarah. Und an Caroline gewandt: »Für uns bleiben somit die Einzelplätze.«
Sarah nahm verblüfft ihr Ticket entgegen, Beatrice’ Augen warnten Jennifer, weitere Kommentare abzugeben. Sie checkten ein und begaben sich in die Wartehalle.
Den Flug verbrachte Jennifer vertieft in Unterlagen, Caroline las Zeitung. Beatrice und Sarah saßen schweigend nebeneinander. Bis es Beatrice zu dumm wurde.
Seit dem Abend, als Sarah sie vor der Pizzeria stehengelassen hatte, wartete Beatrice auf eine Gelegenheit, den Irrtum aus der Welt zu schaffen, dem Sarah offensichtlich aufsaß. Nämlich, dass sie ihre Nebenbuhlerin bei Jennifer war.
»Was muss ich tun, damit du mir eine Chance gibst?« fragte Beatrice Sarah sanft und ignorierte den irritierten Blick des Herrn, der den dritten Platz in der Reihe hatte, direkt am Gang.
Sarah lief rot an. Obwohl ihr nicht ganz klar war, von welcher Chance Beatrice sprach, würde das Gespräch sicher Themen berühren, die nicht für die Ohren unbeteiligter Zuhörer geeignet waren. Sarah entschuldigte sich mit einem verlegenen Blick bei dem
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