Liebe vor der Kamera
erwiderte er schließlich. »Er berichtete mir übrigens,
daß es sich heute nachmittag um falschen Alarm
handelte .«
»Was sagte er denn ?«
»Daß Sie tatsächlich glaubten,
Sie hätten Tricia gefunden, daß sich aber herausstellte, daß sie es gar nicht
war. Machen Sie sich deshalb kein Kopfzerbrechen, Holman, wir alle machen
einmal einen Fehler .« Der gönnerhafte Ton brachte mich
in Rage. »Lassen Sie sich nur nicht entmutigen .«
»Tausend Dank für die guten
Ratschläge«, knurrte ich, doch er hatte schon aufgelegt.
Ich holte mir mein Glas von der
Bar und trat zu der Brünetten, die noch immer am Fenster stand.
»He, Sie abstoßendes kleines
Ding«, bemerkte ich vergnügt, »wie wär’s denn mit einem Frage-und-Antwortspiel,
um ein bißchen Leben in die Bude zu bringen ?«
»Ich finde, am besten wäre es,
wenn einer von uns tot umfallen würde«, versetzte sie bissig. »Ich habe mich
nur noch nicht entschieden, wer .«
»Okay«, sagte ich noch
munterer. »Es geht los. Sind Sie bereit? Erste Frage: Ihr Name ist Bonnie Adams ?«
»Richtig.«
»Wie hieß das ermordete Mädchen ?«
»Woher, zum Teufel, soll ich
das wissen ?« Sie zuckte gereizt die Achseln. »Sie
haben die Leiche gesehen, ich nicht .«
»Gut«, meinte ich geduldig.
»Ich gebe Ihnen ein paar Hinweise. Sie war die Partnerin von Marisa Vargas in
diesem Pornofilm. In eben jenem Film, von dem Sie behaupteten, Tricia Cameron
hätte eine der Rollen gespielt. Nachdem ich heute nachmittag die Tote entdeckt hatte, rief ich Clyde
Cameron an. Er schickte einen Knaben namens Simon Hubbard herüber, der mit
Tricia verlobt war. Er sagte, die Tote wäre nicht Tricia. Folglich — und das
ist die Pointe — muß einer von Ihnen beiden lügen, stimmt’s ?«
»Sie können glauben, was Sie
wollen«, versetzte sie kühl.
»Wissen Sie, der gute Danny
Bridges wendet eine ganz bestimmte Technik an, wenn er seine Pornofilme dreht«,
bemerkte ich im Konversationston. »Vielleicht ist es Ihnen auch aufgefallen? Er
arbeitet dauernd mit der Gummilinse, aber die Gesichter sind es nicht, die er
sich heranholt. Der Film, von dem ich spreche, dauerte ungefähr zehn bis zwölf
Minuten. In der ganzen Zeit bekam man die Gesichter der beiden Darstellerinnen
höchstens zweimal deutlich zu sehen .«
»Wollen Sie vielleicht eine
Dissertation über Pornofilme schreiben ?« erkundigte
sie sich gelangweilt.
»Was für Erinnerungen bleiben
einem, wenn das Wörtchen >Ende< über die Leinwand flimmert ?« fragte ich. »Alle möglichen anatomischen Details und zwei
unterschiedliche Haarfarben. Die eine brünett, die andere blond. An die
Gesichter erinnert man sich überhaupt nicht .«
»Ich bin überzeugt, Sie wollen
auf einen ganz bestimmten Punkt hinaus«, bemerkte sie, »wenn Sie sich nur daran
erinnern könnten .«
»Ich erinnere mich, daß die
Brünette schlank und knabenhaft war und die Blondine wohlgebaut mit üppigen
Rundungen«, versetzte ich. »Sie sind nun eine Brünette mit üppigen Rundungen
und —«
Ich senkte die Finger meiner
rechten Hand tief in ihr Haar, packte fest zu und riß kräftig. Die dunkle
Pracht samt Stirnfransen hing plötzlich schlaff in meiner Hand. Das Mädchen
stieß einen erschreckten Schrei aus, blieb aber starr am Fenster stehen, mir
immer noch den Rücken zuwendend. Die goldblonden Locken, die eng an ihren Kopf
gedrückt gewesen waren, lösten sich und kringelten sich in neu gewonnener
Freiheit.
»-jetzt sind Sie eine Blondine
mit üppigen Rundungen«, beendete ich den angefangenen Satz.
»Sie gemeiner Kerl !« schimpfte sie erstickt.
»Ich hätte auch anders
verfahren können«, verteidigte ich mich. »Ich hätte Ihnen die Kleider vom Leib
reißen und intimere Vergleiche anstellen können .«
»Ich habe mich soeben
entschieden«, verkündete sie. »Sie müßten tot umfallen, und am besten sofort .«
»Aber das ist wirklich nicht
nett von Ihnen«, sagte ich vorwurfsvoll, »wo wir uns doch noch nicht einmal
richtig miteinander bekanntgemacht haben, Marisa .«
Ich hatte es mir genau
ausgerechnet. Nach einer Weile würde sie sich beruhigen, weil sie keine andere
Wahl hatte. Wir würden noch ein paar Drinks zu uns nehmen, dann essen, und
danach würde sie mir die Geschichte ihres Lebens erzählen. Warum sie den lieben
Herrn Papa mit gebrochenem Herzen zurückgelassen hatte, wie sie dazu gekommen
war, sich als Pornodarstellerin zu verdingen und sich als Brünette auszugeben.
Hinterher würde sie Trost brauchen, sich an meiner starken
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