Liebe – wie im Maerchen
sie zehn Jahre alt gewesen war.
Unter Asims Fürsorge heilte ihr Arm sehr schnell. Asim war ein guter, liebenswerter Mensch und ein angenehmer Gesellschafter, und Evie begann in den zwei Wochen zu verstehen, warum Raschid ihn immer in seiner Nähe haben wollte. Er erzählte Evie stolz und offen von seinem Land und den Veränderungen, die in den letzten zwanzig Jahren dort Einzug gehalten hatten. Evie erfuhr, dass das Leben in Behran nicht so restriktiv war, wie sie geglaubt hatte. Die Frauen wurden nicht hinter verschlossenen Türen gehalten und mussten sich auch nicht mehr verschleiern, wenn sie sich in der Öffentlichkeit bewegten. Es bestand Schulpflicht für Jungen und Mädchen, und die Frauen fanden zunehmend einen Platz in allen Bereichen der Gesellschaft.
Es gab nur eine kleine Minderheit von Fundamentalisten, die sich gegen diese Veränderungen sperrte, wie Asim Evie erklärte. Die übrige Bevölkerung von Behran hatte begriffen, dass es nur von Vorteil war, sich gegen Fortschritte dieser Art nicht zu sperren. Am meisten überraschte es Evie aber, zu hören, dass es Raschids Vater war, der all diese Veränderungen initiiert hatte, was seine starre, altmodische Einstellung gegenüber der Ehe noch verwirrender für sie machte.
Andererseits waren es immer wieder Religion, Hautfarbe und gesellschaftliche Traditionen, die die Menschheit spalteten. Ihre eigene Mutter urteilte in allen drei Bereichen diskriminierend, warum also sollte sie erwarten, dass Raschids Vater anders dachte?
Und Raschids Vater dachte nicht anders, wie Evie schon bald genug erfahren sollte.
Es war gegen Ende der zweiten Woche. Asim befand sich über Mittag wie stets in der Botschaft von Behran. Evie hatte sich schon den ganzen Morgen nicht sehr wohl gefühlt, weshalb sie sich auf einem der Sofas im Salon ausruhte und etwas las.
Das Geräusch von Schritten in der Eingangshalle ließ sie erfreut aufspringen. Da nur Asim einen Schlüssel zu der Wohnung hatte und Raschids Leibarzt nie so früh aus der Botschaft zurückkam, nahm sie an, dass Raschid endlich zurückgekehrt sei. Doch ihr freudiges Lächeln verschwand sofort, als zwei Fremde den Salon betraten.
Es waren zwei Araber, die in ihren eleganten Anzügen dunkel und bedrohlich wirkten. "Miss Delahaye?" fragte der größere der beiden.
Evie schluckte ahnungsvoll. "Wer sind Sie? Was tun Sie hier?"
Die beiden Männer verbeugten sich auf eine unterwürfige Art, die Evie gar nicht gefiel. Ein eisiger Schauer jagte ihr über den Rücken.
"Verzeihen Sie unser Eindringen", erwiderte der Sprecher der beiden höflich. "Mein Name ist Jamal Al Kareem. Ich überbringe Ihnen eine Nachricht von Kronprinz Hashim
"Und was ist mit Prinz Raschid?" fragte Evie. "Ist er nicht mitgekommen?"
"Prinz Raschid geht offiziellen Verpflichtungen nach - in Abadilah, dem benachbarten Scheichtum von Behran.
Abadilah...Erneut überlief Evie ein eisiger Schauer. Abadilah war das Scheichtum, in dem Aishas Vater regierte
"Wie sind Sie dann in diese Wohnung gelangt?" fragte sie kühl.
Als Sicherheitschef des Kronprinzen habe ich zu sämtlichen königlichen Residenzen Zugang. Einflussreiche Familien sind leider gezwungen, besondere Vorkehrungen zu ihrem Schutz zu treffen", erklärte Jamal AI Kareem ihr, wobei er näher kam. "Denn Macht schafft Feinde."
Evie wich unwillkürlich einige Schritte zurück. Sie empfand seinen ausgesucht höflichen Ton als Bedrohung - als wollte dieser Araber ihr zu verstehen geben, dass auch sie als ein solcher Feind eingestuft wurde.
"Sie sagten, Kronprinz Hashim habe Sie geschickt?" fragte sie so ruhig wie möglich.
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Jamal Al Kareem verbeugte sich erneut. "Der Kronprinz ist höchst besorgt über Ihr gegenwärtiges ... Dilemma. Er übersendet Ihnen sein aufrichtiges Bedauern für jeglichen ... Kummer, den Sie durch seine vorzeitige Ankündigung der Heirat seines Sohnes in der Presse ertragen mussten."
"Danke." Evie ließ den Blick nervös zu dem anderen Mann schweifen, der auf der Türschwelle stehen geblieben war - fast als würde er auf Asims Rückkehr lauschen. "Aber Sie können Kronprinz Hashim versichern, dass es keinerlei Entschuldigung von seiner Seite bedurft hat."
Er wird Ihr großzügiges Verständnis dankbar entgegennehmen"
erwiderte Jamal Al Kareem höflich. "Dennoch bereitet es dem Kronprinzen Sorge, dass er mit der Veröffentlichung der Heiratsankündigung Ihre Gefühle nicht in angemessener Weise berücksichtigt hat. Es war ... taktlos von ihm, wie ihm sein
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