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Lieber Osama

Lieber Osama

Titel: Lieber Osama Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Chris Cleave
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Bar war nicht viel Platz, und ich stand in seiner Nähe. Ich machte mich so klein wie möglich, als ich die zweite Runde Guinness und GT bestellte, aber es half nichts. Jasper Black zwinkerte mir zu, glitt von seinem Barhocker und kam herüber. Er sah besser aus, als ich ihn in Erinnerung hatte, wie ausgewechselt. Als hätte man ihm das Blut abgesaugt und stattdessen Sonnenschein reingepumpt. Er grinste breit und ging wie auf Sprungfedern, aber von Nahem sah ich dann die Flecken auf seinem Sakko und die geröteten Augen. Breit lehnte er sich mit dem Rücken an die Theke, die Ellbogen aufgestützt. Ich ließ den Blick nach unten gleiten und sah, dass er schwarze Slipper ohne Socken trug.
    - Hi, sagte er. Alles, was recht ist, du siehst fantastisch aus heute Abend.
    - Jasper! Was machst du denn hier?
    - Ich? Ich trinke hier den wahrscheinlich schlechtesten Merlot der Welt. Schmeckt, als hätten sie die Flasche tagelang offen auf der Heizung stehen lassen.
    - Na ja, was willst du? Das hier ist ein Bier-Pub. Wenn du Merlot willst, musst du in einen Merlot-Pub gehen.
    Merlot-Pub?, sagte er. Das wäre mal eine Idee. Gibt es heutzutage auch schon Merlot-Pubs?
    - Weiß nicht. Ich kann ja nicht mal Merlot von Cola unter scheiden.
    - Ist vielleicht auch viel gesünder, sagte er. Aber ich bin nicht wegen des Weins hier, sondern deinetwegen.
    - Woher wusstest du denn, dass ich hier bin?
    - Ich habe es nicht gewusst. Ich kam auf dem Heimweg nur zufällig hier vorbei und sah dich mit diesem Typen hier reingehen.
    Jasper nickte in Richtung Terence Butcher. Seine Haare sahen schlimm aus. Er hatte eine von diesen Trendfrisuren, bei denen man nicht weiß, ob man sie jetzt gut finden soll oder ganz schrecklich.
    - Ich dachte, ich schau mal kurz rein und überzeuge mich, dass alles in Ordnung ist.
    - Was sollte nicht in Ordnung sein?
    - Na, vielleicht muss ich dich ja vor einem Unhold bewahren.
    - Und warum?
    - Deine Herrenbegleitung trägt ein grünes Polohemd, sagte er. Ein mintgrünes Polohemd! Ich bin zwar in puncto Mode nicht so sensibilisiert wie Petra, aber ich erkenne einen Trottel, wenn ich ihn sehe. Also: beigefarbene Timberlands! Kein Mann, der auf sich hält, sieht tatenlos zu, wenn sich ein solcher Abgrund zwischen ihm und den einfachsten Regeln stil voller Bekleidung auftut. Ich habe mir halt Sorgen um dich gemacht.
    - Na, du hast es gerade nötig. Was hast du bloß mit deinen Haaren angestellt?
    - Oh, gefällt dir das?, sagte er. Tja, ich dachte, ich gönn mir mal so eine Frisur, wie die Leute in Shoreditch sie tragen. Toll, was? Im Grunde sind es 7 Frisuren in einer, je nachdem, von welcher Seite man guckt.
    - Es sieht scheiße aus.
    Jasper Black zog die Nase hoch.
    - Es sieht nicht scheiße aus, es geht nur eigene Wege.
    - Oder das.
    Wieder wies er mit dem Kopf in Richtung Terence Butcher.
    - Mr. Timberland ist wohl dein neuer Freund?
    Ich blickte zum Wirt hinüber. Er hatte das Guinness zur Hälfte gezapft und wartete, dass sich das Bier beruhigte. Kohlensäure perlte als feiner Schaum durch die dunkle Flüssigkeit, kochte förmlich vor Freiheitsdrang, und das machte mich fickrig. Ich sah Jasper an.
    - Das ist Terence Butcher. Er ist mein Boss.
    - Ich habe euch beobachtet, sagte Jasper Black. Verzeih mir die Bemerkung, aber eure Umgangsformen weisen eindeutig darauf hin, daß euer Verhältnis den rein beruflichen Rahmen hinter sich gelassen hat.
    -Wie?
    - Vögelst du mit ihm?, fragte er.
    - Bitte nicht dieses Wort.
    - Tust du es?
    - Kümmere dich um deinen eigenen Kram.
    - Du fehlst mir, sagte er. Und wenn du schon mit jemand vögeln musst, dann bitte mit mir.
    Er grinste mich an. Seine Zähne waren nicht die saubersten, und seine Finger trommelten unentwegt auf die Theke. Ich schaute zu Terence Butcher hinüber. Er sah mich mit Jasper Black reden und schien nicht sonderlich erbaut.
    - Jetzt pass mal auf, Jasper. Mein Mann und mein Junge wurden mit Überschallgeschwindigkeit von rostigen Nägeln und Schrauben zerfetzt, und was von ihnen übrig war, ist zu Asche verbrannt. Und all das passierte, während ich mit dir gevögelt habe, also nimm’s mir nicht übel, wenn mir erst mal die Lust darauf vergangen ist.
    Jasper Black lehnte sich an die Theke und machte ein Gesicht, als hätte er soeben einen Hundehaufen mit einem Kit-Kat Chunky verwechselt.
    - Guter Gott, Mädel, sagte er. Ich wollte dir nicht zu nahe treten. Ich meine, nichts gegen dich, aber an deiner Stelle würde ich mir mal psychiatrische Hilfe suchen.
    Ich

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