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Lieber Osama

Lieber Osama

Titel: Lieber Osama Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Chris Cleave
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starrte ihn an.
    - Klar. Aber ich sehe nicht ein, wieso ich sie mir ausgerechnet von jemand mit 7 Frisuren geben lassen soll.
    Ich drehte mich auf dem Absatz um. Komisch, wie schnell sich Leute gegen einen wenden können. Das Guinness war fertig, und der Wirt schob es zusammen mit einem frischen GT über die Theke. Ich zahlte, nahm unsere Drinks und wollte zurück zu unserem Tisch.
    - Blöde Fotze, sagte da Jasper Black.
    Er war eindeutig neben der Spur, und er sagte es auch viel zu laut. Im ganzen Pub verstummten die Gespräche. Terence Butcher stand auf. Ich blieb mit meinen Drinks auf halber Strecke stehen und fing plötzlich heftig an zu zittern. Das Guinness schwappte über. Der Zigarettenqualm ringsum erinnerte mich wieder an den 1. Mai, und ich wurde ganz weich in den Knien. Terence Butcher trat zu mir heran und legte mir den Arm und die Schulter. Über meinen Kopf hinweg blickte er in Richtung Jasper.
    - Wer ist der Kerl?, sagte er.
    - Niemand. Nur ein Blödmann, der Sprüche abgelassen hat. Kümmere dich nicht um ihn, okay?
    Ich ging zu unserem Tisch und stellte die Getränke ab.
    - Komm, setz dich. Bitte, Terence, vergiss den Typ. Er schaute zwischen Jasper und mir hin und her.
    - Bestimmt?, sagte er. Aber wenn du es dir anders überlegst: Ich bin Polizist und bekleide einen ziemlich hohen Rang, einen sehr hohen sogar. Ich gebiete über die gesamte Polizei dieser Stadt und bin zuversichtlich, dass ich diesem Herrn ein Erlebnis verschaffen kann, das er im Leben nicht vergisst.
    - Nein, Terence. Bitte, lass ihn.
    Ich legte ihm die Hand auf die Brust und schob ihn zurück auf seinen Stuhl. Und er ließ es geschehen. Dieser Mann konnte wirklich nett sein.
    Dann sagten wir erst mal gar nichts, sahen uns nur an und tranken unsere Drinks. Ich merkte, wie der GT anfing zu wirken. Es war schön, mal einen Abend nicht zu Hause zu verbringen. Pubs waren ideal für mich. Zwar machte mich der viele Rauch nervös, aber meinen Sohn sah ich dort nie. Das liegt wohl daran, dass Tote und Menschen unter 18 dort nicht bedient werden.
    Als wir ausgetrunken hatten, stand Terence auf, um die nächste Runde zu holen. Er stellte sich direkt neben Jasper Black, sodass sich ihre Ellbogen berührten. Sie waren beide groß gewachsen und ignorierten sich komplett. Trotzdem wurde ich schon vom Hinschauen fickrig. Nach einer Weile kam Terence Butcher mit 3 Gläsern zurück. Er hatte sich zu seinem Guinness noch einen Whisky bestellt, und mir hatte er gleich einen doppelten GT mitgebracht. Er schob mir das Glas zu und setzte sich.
    - Alles klar?
    - Ja. Du, Terence?
    - Ja?
    - Danke, dass du so nett zu mir bist.
    - Ich fürchte, es ist mehr als das, sagte er. Ich mag dich nämlich wirklich. Ich glaube sogar, ich habe mich –
     
    - Nein, bitte. Sag das nicht. Er lächelte.
    - Entschuldige, sagte er.
    Er trank seinen Whisky und stellte energisch das Glas auf den Tisch.
    - Gut, sagte er. Dann sag mir, was wir jetzt tun sollen. Ich bin Polizist, ich brauche feste Regeln. Und so was wie das hier habe ich noch nie gemacht.
    - Oh. Aber leider Gottes ich. Es ist eigentlich ganz einfach, und die Regeln sind ziemlich klar, also kein Problem für dich. Es geht damit los, dass du mir erzählst, du schläfst nicht mehr mit deiner Frau. Das ist eigentlich schon das Schwerste von allem, weil man es nie einer anderen Frau erzählen darf, denn wenn du es erst mal gesagt hast, gibt es kein Zurück mehr. Okay, und dann schlafen wir miteinander, bis deine Frau dahinter kommt, sich die Kinder schnappt und zu ihrer Mutter zieht.
    - Hmm, das sind ja schöne Aussichten, sagte er.
    - Ich meine ja bloß. Aber so oder so ähnlich läuft es. Terence Butcher senkte den Blick in sein Glas. Malte mit der Fingerspitze kleine Kreise in den Schaum. Ich sah, wie unter dem Ärmel seines mintgrünen Polohemds ein dünnes Rinnsal Blut hervorkroch. Es lief weiter über seinen Handrücken und den Zeigefinger entlang. Tropf-tropf-tropf. Auf einmal waren lauter rote Krater im kremig-weißen Guinness-Schaum. Er seufzte und sah mich an.
    - Tessa, sagte er. Sie heißt Tessa. Liebt gepflegte Theaterbesuche, unsere Tessa. Sie hat mich mindestens schon in tausend Stücke geschleppt, aber glaubst du, ich wüsste den Unterschied zwischen dem Kirschgarten und dem Zauberwald aus dem Zauberer von Oz? Noch einen?
    - Klar.
    Terence ging zur Bar und kam mit der nächsten Runde zurück. Jasper Black beobachtete ihn. Ich warf Jasper einen bösen Blick zu, dem er längere Zeit standhielt, eher er

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