LIEBES ABENTEUER
Ich liebe Seth, aber er verletzt mich jeden Tag, indem er mir zu verstehen gibt, dass ich nicht gut genug für ihn bin.« Ich drücke Miles enger an mich.
»Es sind doch erst neun Monate. Du musst ein bisschen Geduld haben.«
»Er wird die Kurve schon noch kriegen«, tröstet mich John, als er wieder ins Wohnzimmer kommt.
»Ich habe meinen Jura-Abschluss nicht bekommen, weil ich so geduldig war«, entgegne ich.
»Doch, hast du. Wenn mein Studium so lange gedauert hätte, wäre ich schon längst durchgedreht.«
»Du hast recht. Aber hättest du John geheiratet, wenn er so lange gebraucht hätte, um sich zu entscheiden, Brea? Hättest du nicht irgendwann gedacht: Wenn er mich nicht genug liebt, um mir einen Heiratsantrag zu machen, kann er es vergessen? Wir sind ja schließlich keine Kinder mehr und kennen uns schon seit Jahren.«
Brea schweigt einige Sekunden und sieht dann ihren Mann mit einem Gesichtsausdruck an, von dem die meisten von uns nur träumen können. »Ich kann mir nicht vorstellen, dass John mir so etwas angetan hätte, Ash«, sagt sie schließlich. »Ich weiß, dass es viele Männer gibt, die sich ewig Zeit lassen, bis sie einer Frau einen Antrag machen, aber dann haben sie meistens schon längst mit ihr geschlafen. Bei Christen ist das anders, weil sie das nicht tun. Neun Monate sind mehr als genug, wenn man bedenkt, wie lange Seth dich schon kennt.«
Der ging mitten ins Herz. »Ich kann mir auch nicht vorstellen, dass John dir so etwas angetan hätte, Brea. Verstehst du jetzt mein Dilemma? Wenn ich mir noch einen letzten Rest Selbstwertgefühl bewahren will, ist es dann das Richtige, an ihm festzuhalten? Oder unterstütze ich ihn damit nur?«
»Ich bin auch noch da«, meint John.
Brea schweigt. Miles lutscht an seiner Unterlippe, und ich platze fast, so süß ist er. Er hat einen rotbraunen Haarschopf, der senkrecht absteht, wie ein Baby-Punk. Er sieht sogar so aus, als wäre er Breas Kind. Er hat die gleichen großen, dunkelbraunen Augen und lächelt ständig. Plötzlich wird mir das Missverhältnis bewusst.
»Du hast in weniger als neun Monaten zwei Kinder, und ich muss wieder nach Taiwan, mache mir Sorgen, dass ich Seth zu oft angerufen habe, werde vielleicht mit den Ewigkeitssingles essen gehen ...«
Die Ewigkeitssingles sind unsere Singlegruppe in der Gemeinde. Ich nenne sie so, weil sie wahrscheinlich alle aus verschiedenen Gründen ewig Single bleiben werden. Manche von ihnen haben sich bewusst dafür entschieden. Ich definitiv nicht. »So habe ich mir mein Leben nicht vorgestellt«, erzähle ich weiter. »Mir ging es gut, bis ich mich auf die Beziehung mit Seth eingelassen habe. Davor war ich entschlossen, unabhängig zu sein und die Männer einfach zu vergessen. Jetzt habe ich das Gefühl, dass es Zeit wird, dass sich etwas verändert in meinem Leben.«
»Vielleicht wird es Zeit. Ashley, es gefällt mir gar nicht, dich so vor dich hinwelken zu sehen. Seth ist ein lieber Kerl, aber was er mit dir macht, gehört wirklich verboten. Jedes Mal, wenn du auf eigene Faust etwas unternehmen willst, bekommt er es mit der Angst zu tun und holt dich mit irgendeiner flüchtigen romantischen Geste wieder zurück.«
Ich nicke. Was soll ich auch sonst machen? Es stimmt. Ich brauche es, dass er von mir abhängig ist, und merke es nicht einmal. Mein Leben ist zu einer dieser Ratgebersendungen geworden.
»Meinst du, ich sollte Schluss machen?« Diese Frage fällt mir nicht leicht. Ich liebe Seth. Ich möchte von ganzem Herzen seine Frau sein, aber nicht, wenn ich noch zwanzig Jahre auf einen Heiratsantrag warten muss. Seth braucht eine Stunde, bis er sich entschieden hat, was er zu seinem Mittagessen trinken will. So viel Zeit habe ich einfach nicht. Vielleicht spielt mein Stolz dabei auch eine Rolle - es ist mir peinlich, dass Seth mir immer noch keinen Antrag gemacht hat. Die ganze Singlegruppe wartet darauf, und wenn die Verlobung nicht bald kommt, dann kehrt Seth wieder auf den Heiratsmarkt zurück.
»Was, glaubst du, will Gott von dir? Willst du vielleicht etwas erzwingen, was nicht sein soll?« Brea sieht abgespannt aus.
»Das ist die ewige Frage. Ich weiß nicht, was Gott von mir will.
Es sieht ganz so aus, als wollte er, dass ich mein ganzes Leben in dieser Hightech-Gesellschaft schufte und Patente schreibe, die letztendlich vollkommen unwichtig sind.«
»Das stimmt nicht. Mit deinem letzten Patent hat deine letzte Firma ein Vermögen verdient.«
»Ich habe die Sache nicht erfunden,
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