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Liebesbisse

Liebesbisse

Titel: Liebesbisse
Autoren: Claire Castillon
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Baden hat mich eine Welle mitgerissen, doch am schlimmsten war – ja, ich erzähle es dir, aber halt dich fest! –, also, in der Sonne sind die Träger meines Bikinioberteils geschmolzen. Das war ein Mist. Es waren schmale Träger aus durchsichtigem Plastik.«
    Er starrt vor sich hin, scheint gar nicht zuzuhören. Ich musste dann die ganzen Ferien lang meinen Badeanzug anziehen und kam mit weißen Streifen zurück, meine Bräune war dahin. Aber das behalte ich für mich, außerdem wird er es ja später selber sehen, wenn er mich auszieht.
     
    Er fragt, was ich außer der Türkei noch kenne, ob ich zum Beispiel sonntags in die Stadt fahren würde und ob ich schon mal in dem Viertel gewohnt hätte, wo er vor Kurzem hingezogen ist. Er will wissen, ob ich irgendwann gern umziehen würde. Worauf will er eigentlich hinaus? Ich bin auf der Hut. Seinen Vornamen mag ich nicht, ich finde, er klingt schwer und dunkel. Ich frage ihn nach seinem Nachnamen. Coulier. Boris Coulier. Coulier – das passt nicht zu Marie-Annick. Das ist ein Zungenbrecher. Andererseits könnte ich meinen Namen auch behalten, heutzutage darf man das. Unsere Kinder werden Coulier-Redon heißen oder Redon-Coulier. Das geht einigermaßen. Unter der Bedingung, dass der Mann oder die Frau, die sie später heiraten werden, nicht auch einen Doppelnamen hat. Dann hätten sie vier. Man müsste zwei Namen weglassen, einen von jedem. Aber welchen? Wenn unsere Tochter Pauline, Pauline Coulier-Redon, einen Jungen namens Louis Autant-Lara heiratet, einen guten, netten und vornehmen Jungen, humorvoll und hilfsbereit – na, wie wollen sie das dann regeln? Entweder Pauline nimmt den Namen ihres Mannes an, oder sie entscheidet sich, wie ich, ihre Mutter, ihren zu behalten. Und was wird aus den Kindern? Coulier-Lara? Autant-Redon? Autant-Coulier? Ach, das ist ja grauenhaft! Woher kommt dein Name?, frage ich.
    »Aus Zentralfrankreich.«
    »Dachte ich mir doch gleich.«
     
    Er schlägt vor zurückzugehen, zu tanzen und etwas zu knabbern. Darauf habe ich keine große Lust, sage ich. Ein Buffet ist fatal, man isst im Unverstand. Na und?, fragt er. Na, dann wird man dick!
    Ich nehme seine Hand. Verlegen nimmt er die meine und ist froh, das er eine Tür öffnen muss und die Hand wieder loslassen kann. Er ist schüchtern. Ich bringe ihm einen Teller mit Häppchen, er lehnt ab, bedankt sich aber höflich. Ich sehe, dass er nicht nur eine schlechte Haut hat, sondern auch noch Nägel kaut; das ist widerlich.
    »Was hast du da an den Fingerspitzen? Die sind ganz rot. Hast du das gesehen? Kaust du Nägel?«
    »Ein wenig, ja.«
    »Ein wenig? Das ist ja schrecklich! Seltsam – in deinem Alter. Hat man dich nicht gestillt? Du sagst ja gar nichts. Ist dir das peinlich? Hat man immer dein Kuscheltier gewaschen? Sollen wir über etwas anderes reden? Ich gebe dir eine Creme. Deine Nägel sind dann über Nacht wieder wie neu, du wirst schon sehen. Komm, wollen wir tanzen?«
    »Gleich.«
    »Gut, ich warte.«
    Er geht weg und schwoft mit der jüngeren Schwester der Gastgeberin. So geschmacklos, wie sie angezogen ist, wäre es nicht nett, sie den ganzen Abend über sitzen zu lassen wie ein Mauerblümchen. Da kommt er schon wieder, ich gehe auf ihn zu.
    »Nett von dir, sie aufzufordern! Die Arme ist ja so hässlich. Tanzen wir jetzt? Das gefällt mir, das ist mein Lied.«
    Er nimmt mich in den Arm. Ich sehe ihn an. Selbst durch eine Behandlung würde der Komedo nicht verschwinden. Bei Erwachsenenakne findet man schwerlich die richtige Therapie. Ich würde gern seine eingewachsenen Härchen befreien. Mit Nadel und Pinzette werde ich versuchen, ihm zu helfen. Er fühlt sich heiß an, schade, aber es sind so viele Leute auf engem Raum. Also gut, ich sage es ihm dennoch:
    »Sag mal, du schwitzt ja … Hast du getrunken? Schwemmst du aus?«
    »Mir ist heiß.«
    »Wie das?«
    Ich nähere mich seinem Hals, singe ihm ins Ohr, ich warte, dass er mich küsst, doch plötzlich sagt er, er müsse gehen. Ich willige ein, wir machen es so, wie er will, ich sage: »Gehen wir!«
    Aber Boris hat es eilig.
    »Ich bin mit dem Motorrad gekommen und habe keinen zweiten Helm«, bringt er als einzige Entschuldigung vor.
    Und ist schon draußen.
    »Verabschiedest du dich denn nicht von der Gastgeberin?«
    »Bis bald«, sagt er.
    »Und wie soll das gehen? Ich stehe nicht im Telefonbuch! Willst du wissen, wie du mich erreichen kannst?«, frage ich ganz beiläufig.
    »Nein, ist schon gut, ich werde jemanden
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