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Liebesbrand

Liebesbrand

Titel: Liebesbrand Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Feridun Zaimoglu
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Brötchen, strich mir die Krümel vom Mund, und mir fiel ein abgeschmackter
     kitschiger dramatischer und einfältiger Satz ein.
    Sie brach mir das Herz.
    Ich konnte nichts dagegen machen.
    Wir hatten nur eine einzige Nacht zusammen verbracht.
     
    Am nächsten Abend, um Punkt acht Uhr, stieg ein Mann um die Fünfzig von seinem Holländerfahrrad ab, zog die Hosenbeinklammern
     von seinen Waden und steuerte die Parkbank an, auf der ich seit knapp einer |239| Stunde saß, ich war natürlich vor der Zeit gekommen, um jegliches Mißverständnis auszuschließen, der Mann war offenkundig
     auf seinen Auftrag konzentriert, ich wußte, er hatte nicht lange mit sich ringen müssen, als Tyra ihn bat, einem lästigen
     Bekannten die Nachricht zu überbringen, ich wußte, was kommen würde, er streckte sich im Gehen, und als er vor mir stand,
     schaute er mir endlich ins Gesicht.
    Ich soll Ihnen mitteilen, daß sie verhindert ist. Halten Sie sich bitte von ihr fern. Sie fühlt sich von Ihnen in höchstem
     Grade behelligt. Sie würde ungern die Polizei einschalten.
    Ich weiß nicht, was sie Ihnen erzählt hat über mich, sagte ich, ich bin aus besonderem Anlaß in Prag. Seien Sie kein Störenfried,
     sagte der Mann.
    Sind Sie ihr Doktorvater?
    Das sehen Sie richtig.
    Schauen Sie mich an! Sehe ich aus wie ein Psychopath?
    Ich verfüge nicht über genügend Menschenkenntnis, sagte er.
    Ich langte schnell in meine Jackeninnentasche, er sprang zurück und war im Begriff, wieder auf sein Fahrrad zu steigen.
    Nein, warten Sie, rief ich, ich habe hier nur einen Umschlag. Könnten Sie ihn Tyra geben?
    Ich kann ihn nicht annehmen, sagte er und blinzelte mich an.
    Hören Sie, ich bin ein zivilisierter Mensch. Wirklich. Ich halte mich an die Regeln. Erfüllen Sie mir diesen Wunsch. Sie liest
     diesen Brief und trifft eine Entscheidung. Und ich verspreche Ihnen, ich werde mich fügen.
    Sie wußten, daß sie Sie versetzt, stellte er fest.
    Ja, sagte ich.
    |240| Dann haben Sie sich hingesetzt und ihr einen Brief geschrieben.
    So ist es, sagte ich.
    Ich bin kein Kurier, sagte er, ich tue ihr einen Gefallen, und jetzt soll ich auch Ihnen einen Gefallen tun.
    Ich bitte Sie darum.
    Er tat etwas Seltsames, er hatte plötzlich ein Tuch in der Hand, mit dem er den Sattel seines Fahrrads abwischte, vielleicht
     war es ja nur eine nervöse Handlung, ich hatte ihm mit meiner jähen Bewegung Angst eingejagt, und er rieb sich die Angst weg.
    Macht es Ihnen etwas aus, wenn ich mich kurz zu Ihnen setze?
    Nein, bitte, sagte ich verblüfft und rutschte zur Seite, der Briefumschlag lag auf meinen Oberschenkeln, ich hielt ihn mit
     beiden Händen fest.
    Sie ist gut in ihrer Arbeit, setzte er an, sie möchte in ihrer Arbeit nicht gestört werden … Ich vermute, daß bei dieser Angelegenheit,
     nun ja, Liebe im Spiel ist. Es gibt keine Kraft, die sie veranlassen könnte, übermäßig zu empfinden. Können Sie mir folgen?
    Nicht ganz, sagte ich.
    Sie ist eine empfindsame Frau, das ja. Aber im Moment hat sie ganz andere Sorgen … Übrigens finde ich es etwas seltsam, was
     wir gerade machen.
    Ja, sagte ich, werden Sie ihr den Brief überbringen?
    Werde ich das? … Was haben Sie ihr geschrieben? Ich will nicht indiskret sein, ich möchte nur ein bißchen Klarheit.
    Ich habe sie gebeten, meine Einladung zum Abendessen anzunehmen, sagte ich.
    Mehr nicht?
    Keine Liebesschwüre. Schon gar keine Drohungen. Ach ja, meine Mobilnummer habe ich auch aufgeschrieben, und meine Hoteladresse.
    |241| Ich werde Ihnen glauben müssen, sagte er und stand auf, auch Sie werden mir vertrauen müssen. Ich könnte unterwegs meine Meinung
     ändern und den Brief zerreißen.
    Tun Sie es bitte nicht, sagte ich.
    Nein, sagte er und schwang sich auf sein Fahrrad, er wünschte mir noch eine gute Nacht, dieser feine Herr, er war ein anständiger
     Mann, und ich hatte ihn im Verdacht, in seine Studentin verliebt zu sein, seine Gefühle behielt er aber bestimmt für sich.
     Ich aber wollte nicht wahrhaben, daß es nicht ausreichte, über lange Zeit das Feuer im Herzen zu schüren, ich hielt mich in
     Prag auf, weil es keinen Grund gab, zu meiner Nüchternheit zurückzufinden, ich war beschädigt genug, ich war aufmerksam genug,
     ich riß die Augen auf und entdeckte die schönen Details, die unwichtigen Sachen, die abgelegten und vergessenen Gegenstände.
     
    Auf dem Weg zum Hotel sah ich auf den Fensterbrettern eines Restaurants am Wasser die Korken teurer Weine, und eine Amerikanerin
    

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