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Liebesbrand

Liebesbrand

Titel: Liebesbrand Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Feridun Zaimoglu
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klatschte am Fuße des Treppenaufstiegs vor Freude in die Hände, sie stieß ihren Mann an, der grinsend ausrief, er freute sich
     auf ›the wonderful Charles bridge‹; ich sah auf der Karlsbrücke die verwitterten Sakralskulpturen, ich sah die lizenzierten
     Aquarellbildverkäufer, von denen es hieß, sie würden jedem Neuen mit einer Lizenz erst einmal das Leben zur Hölle machen.
     Ein Tscheche mit einer violetten Schmetterlingsschleife um den Hals sang ein Blueslied in einen Grammophontrichter, und weil
     sich das alles unter einem bewölkten Himmel zutrug, blieb ich stehen, lehnte mich an die Mauer und lauschte dem Mann, der
     unbekümmert sang und dessen Gesicht immer dann kurz aufleuchtete, wenn ein Tourist Münzen in seine Holzschatulle warf.
    |242| Wir müssen sprechen, sagte der Verdammte, er kam hinter dem Stand mit den nostalgischen Pragfotos hervor, er merkte mir meinen
     Schreck an und machte eine beruhigende Geste, er würde mir schon nichts tun, sagte er, ich hätte zwar eine weitere Tracht
     Prügel verdient, aber er wäre hier, um mit Worten zu fechten, ich machte einen Schritt auf ihn zu.
    Ich würde dich liebend gerne töten, sagte ich, ich würde deinen kranken Kopf zerdrücken.
    Du vergreifst dich an meiner Frau, zischte er.
    Ich bin in der Stimmung, dich zu töten, du Schwein, wiederholte ich und packte ihn an seinen Jackettaufschlägen, die Wut machte
     mich stark, es war egal, was mit mir geschah, es war egal, ob ich im Fluß landete, ich wollte nur nicht wieder Schläge einstecken
     müssen. Ich sah in seinen Augen seltsamerweise Angst aufblitzen, dann hatte er sich wieder unter Kontrolle, er versuchte,
     sich mir zu entwinden, ich ließ ihn nicht los, ich zog ihn an mich, und wir standen Nase an Nase.
    Du krankes Schwein, flüsterte ich, du hast mich hinterrücks angefallen, du verdammter Feigling, tut das ein richtiger Mann?
    Ein richtiger Mann begehrt nicht eines anderen Weib! zischte er.
    Sie pfeift auf dich, sie hat ein Problem mit dir, du hast überhaupt ein großes Problem. Komm’ mir nicht mit der Bibel.
    Ein Tourist sprach uns an und fragte, was denn los wäre, und da er von uns keine Antwort bekam, hielt er es für das beste,
     sich nicht weiter einzumischen, meine Finger schmerzten von dem Griff, und ich ließ endlich los.
    Wenn du mir weiter auflauerst, sagte ich, werde ich dein Geschäft kaputtmachen.
    Was für Geschäfte?
    |243| Ich kenne dich und deine Tricks, sagte ich, ich habe Beziehungen zu ganz bestimmten Menschen, die sich nicht an Recht und
     Gesetz halten.
    Jetzt schaute er mich an. Es war gelogen, ich war in dieser Stadt auf mich allein gestellt, und niemand würde sich meine Klagen
     anhören und handeln.
    Ich lasse dich in Ruhe, und du läßt mich in Ruhe, sagte er.
    Richtig, sagte ich.
    Du kannst die Nutte haben, sagte er und ging in eiligen Schritten in Richtung des Altstädter Brückenturms davon.
    Was war das jetzt gewesen? Meine Hände und Knie zitterten, und ich schämte mich meiner Worte, ich schämte mich doch nicht,
     der Blues des Tschechen klang wie eine Hohnhymne auf Männer im Zweikampf.
    Ich wollte nicht kämpfen.
     
    In meinem Brief an Tyra, übermittelt vom Kurier, ihrem Göttinger Doktorvater, hatte ich folgendes geschrieben:
    Wir wollen uns nicht streiten. Also, wenn’s recht ist, kommen wir zusammen, in einem Restaurant deiner Wahl, ich kenne mich
     in Prag nicht gut aus. Du bestellst für dich und für mich. Ich esse alles, bis auf Kohlrabi, gekochte Rosinen und extravagantes
     Fleisch aus Fernost. Ich liebe Fisch, das Fleisch aus den Backentaschen schmeckt besonders gut. Ein Dreigängemenü, ist es
     in deinem Sinne? Suppe, Hauptgericht und Nachspeise. Ein Korb voll mit dicken Weißbrotscheiben. Das Tischtuch, am besten bunt,
     am liebsten einfach weiß, frisch gewaschen und gestärkt. Der Kellner trägt natürlich eine Schürze, vielleicht war er gerade
     beim Friseur, und sein Nacken riecht nach Lavendelgel. Er läßt dich den Wein probieren, ich hasse die Weinprobezeremonie der
     Männer |244| . Sie riechen am Korken, sie halten das zur Probe gefüllte Glas unter die Nase und gegen die Kerzenflamme, sie schwenken das
     Glas und grinsen beim Anblick des schwappenden Weins. Du wirst beim Weinschmecken sehr graziös sein, und der Kellner wird
     denken: Dieser Kerl sitzt ihr gegenüber mit schiefem Hemdkragen, und er weiß nicht, was sich gehört. Wir werden dann essen,
     und du wirst nicht befürchten müssen, daß ich das Thema anschneide,

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