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Liebesbrand

Liebesbrand

Titel: Liebesbrand Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Feridun Zaimoglu
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solchen angesehen, und obwohl
     er vom König einen Freibrief bekommen hatte, wurde er auf dem Scheiterhaufen verbrannt, und sie erwähnte Tycho Brahe, einen
     Sternwart, den ein Rudolf der Zweite nach Prag eingeladen hätte, und nach der Legende wäre er gestorben, weil ihm die Blase
     geplatzt wäre, der Mann mußte dringend austreten, wollte aber nicht gegen die Hofetikette verstoßen. So wären sie, die Tschechen,
     ich fragte nicht: Was heißt das? Was sagen ein verbrannter Ketzer und ein blasenschwacher höflicher Astronom über die Tschechen
     aus?
    Ich schaute sie immer wieder von der Seite an, sah aber schnell wieder weg, ich durfte nicht auffällig werden |247| , und ich ärgerte mich darüber, andererseits war sie gekommen und bereit, mit mir einen Abend zu verbringen, sie hatte mir
     den Namen des Restaurants verraten, ein balkanisches Restaurant in der breiten Gasse zwischen dem Schönbornpalast und der
     Karmeliterstraße, und als wir eintraten, bekam ich sofort gute Laune. Die Tischtücher und Stuhlüberzüge waren aus bunten Flicken
     zusammengenäht, an den Wänden hingen derbe naive Bilder von Hirten und Schafen und kirschlikörtrinkenden Bauern mit großen
     Zwirbelbärten, auf einem Bild saß eine Frau auf dem Schoß eines Mannes, der ihr die Hand auf die Brust gelegt hatte, hinten
     entlaubte Bäume und das Winterdunkel des Waldes, und doch trugen der Mann und die Frau keine Schuhe.
    Sie hatte einen Tisch am Fenster reserviert, es machte ihr also nichts aus, mit mir gesehen zu werden. Wir bestellten eine
     Grillplatte für zwei Personen, sie erzählte, daß die kroatischen Besitzer eigentlich sehr nette Menschen waren, sie sprachen
     wohl auch ein recht passables Tschechisch, das hatte ihr ein netter Student verraten, mit dem sie erst letzte Woche hier gesessen
     hatte, sie kam oft hierher und konnte sich also zu den Stammgästen zählen, deshalb wurde ihr das Mineralwasser nicht berechnet,
     ich sollte soviel Wasser trinken, wie ich vertragen konnte. Sie sprach und ich hörte zu, die Zeit verrann, und mich beschlich
     ein ungutes Gefühl – das Grillfleisch und das Wasser und das schöne Restaurant waren mir egal, es ging nur um sie, sie wußte
     es, ich mußte meine Ungeduld zügeln, ich mußte aufpassen, ich mußte …
    Schmeckt dir das Essen? sagte sie.
    Ja, vielen Dank, sagte ich.
    Willst du nichts von dem Reis?
    Nein, ich bin eigentlich schon sehr satt. Würdest du einen Freund herbringen?
    |248| Unbedingt, sagte ich, ich habe auch gleich eine Visitenkarte eingesteckt.
    Sie stand auf, ging zur Toilette, ich legte Messer und Gabel auf den Teller, trank mein Glas leer und füllte es mit Wasser
     nach, und als sie zurückkam, entdeckte ich Wassertropfen an ihrer Schläfe, sie bestellte Wein.
    Du fühlst dich schlecht, stellte sie fest.
    Entschuldige, sagte ich.
    Nein, nein. Du hast dich tapfer gehalten … Es ist spät geworden, ich muß morgen früh aufstehen.
    Klar, natürlich, sagte ich, so war das ja abgemacht.
    Wir haben nichts abgemacht, sagte sie, du hast mir in deinem Brief einen Vorschlag gemacht. Was würdest du am liebsten tun?
    Ehrlich?
    Ja.
    Dir die Kleider vom Leib reißen, sagte ich leise.
    Liebst du mich? sagte sie.
    Ich begehre dich und liebe dich.
    Ich weiß, daß du mich begehrst, sagte sie, aber liebst du mich wirklich?
    Ich weiß es nicht.
    Sie starrte mich an, trank einen Schluck Wein und lehnte sich zurück.
    Du bist wegen mir hierhergereist? sagte sie.
    Einzig und allein wegen dir, sagte ich.
    Keine Geschäfte, die du nebenbei abwickelst?
    Nein, nichts.
    Was arbeitest du?
    Ich war früher an der Börse, sagte ich, ich habe mich freigestellt.
    Bist du reich?
    Ich könnte noch vierzehn Jahre unbesorgt weiterleben, dann müßte ich anfangen, wieder Geld zu verdienen.
    |249| Sie starrte mich an und spielte mit einem Haarkringel.
    Ein Erfolgsmensch, sagte sie.
    Ich glaube nicht, sagte ich.
    Weil du keinen Erfolg bei mir hast?
    Das ist der entscheidende Punkt.
    Im Augenblick, stellte sie fest. Es gefällt mir, daß du mich nicht liebst.
    Das habe ich nicht gesagt.
    Doch, das hast du, sagte sie, Liebe macht die Sache komplizierter. Ich kann es nicht gebrauchen, nicht jetzt und nicht in
     Zukunft … Ich bezahle. Mir ist danach.
    Sie ließ sich die Rechnung kommen, und ich schaute ihr dabei zu, wie sie aus ihrer Börse die Geldscheine herausholte und auf
     den Zinkteller legte, sie gab der Kellnerin zu verstehen, daß sie das Rückgeld behalten könne, ich starrte auf den zur

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